# taz.de -- Ursula von der Leyen bei der CDU: Ein Musikantenstadl für Europa
       
       > Die Kommissionspräsidentin soll auf dem CDU-Parteitag die heiße Phase des
       > EU-Wahlkampfs einleiten. Doch der Saal kommt nur langsam in Wallung.
       
 (IMG) Bild: Versucht, den Saal in Schwung zu bringen: Ursula von der Leyen auf dem 36. CDU-Parteitag in Berlin
       
       Berlin taz | Katerstimmung zum Wahlkampfauftakt: Die CDU ist sichtlich
       bemüht, doch besonders viel Elan kommt nicht auf bei der Rede von
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch auf dem
       Parteitag. Am Vorabend feierten die Delegierten im Berliner Estrel Hotel
       bis spät in die Nacht. Ein Video zeigt [1][Berlins CDU-Kultursenator Joe
       Chialo als DJ und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther als
       MC], die Bild schreibt: „Das Bier floss in Strömen.“ Doch die Party ist
       nicht der einzige Grund, warum das Publikum der Kommissionspräsidentin
       einigermaßen müde gegenübersitzt.
       
       Von der Leyen muss auf dem Parteitag einen schwierigen Spagat vollbringen:
       Sie muss sich ihren Leuten anpreisen, darf es sich aber gleichzeitig nicht
       mit der hier im Saal verschrienen Ampel-Regierung zu sehr verscherzen. Denn
       ohne die Zustimmung des SPD-Kanzlers Olaf Scholz wird sie nicht wieder
       Kommissionspräsidentin. Es sind die Staats- und die Regierungschefs, die
       nach der EU-Wahl am 9. Juni die Kommissionschefin aussuchen müssen.
       
       Bei den Prognosen steht die konservative Parteienfamilie EVP [2][mit ihrer
       Spitzenkandidatin von der Leyen] auf dem ersten Platz. Die Politikerin aus
       Niedersachsen strebt eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin an,
       [3][hatte zuletzt aber wegen als unsachgemäß kritisierter Berufungen in
       ihrer Behörde einen schwierigen Stand.]
       
       Die Band Noble Composition, von der CDU zur musikalischen Begleitung an
       diesem Tag gebucht, versucht, den Saal vor der Rede der
       Kommissionspräsidentin noch einmal in Schwung zu bringen. „Sie dürfen sich
       gerne rhythmisch beteiligen“, sagt die Sängerin in den Saal, der sich dann
       zum Song „We are Family“ von Sister Sledge zum klatschenden
       CDU-Musikantenstadl verwandelt.
       
       ## Von der Leyens Charmetour
       
       Von der Leyen hat es da deutlich schwerer, den Menschen im Saal noch mal
       ein paar Emotionen abzuringen. Sie bemüht eine Aufzählung der
       Naturdenkmäler in Deutschland, die, wie sie sagt, auch von der Arbeit von
       Landwirtinnen und Landwirte profitierten; vom Wattenmeer (Applaus) über den
       Schwarzwald (vereinzeltes Klatschen) bis zum Hochmoor des Hohen Venn
       (Stille).
       
       Sie probiert es mit einer Charmetour, indem sie den Delegierten die Vorzüge
       ihres europäischen Green Deals für ihre jeweiligen Regionen präsentiert:
       Von der sächsischen Halbeiterproduktion bis zur Forschung an der
       Fusionskraft in Bayern, ohne die großzügigen Zuwendungen aus Brüssel seien
       diese nicht denkbar, so die Kommissionspräsidentin. „Der European Green
       Deal und seine innovativen Ideen sind nicht nur gut fürs Klima, sondern
       auch für unsere Wirtschaft.“
       
       Immer wieder gibt es Applaus für „die mächtigste Frau der Welt“, wie
       Friedrich Merz von der Leyen in dem riesigen Saal in Berlin-Neukölln nennt.
       Am dritten Tag des Parteitags, nach der Bestätigung von Merz im Amt des
       CDU-Chefs, [4][der Verabschiedung eines deutlich konservativeren
       Grundsatzprogramms] und nach einer durchzechten Nacht leeren sich die
       Stuhlreihen der 1.001 Delegierten jedoch immer deutlicher.
       
       Der Elan der Union für von der Leyen fällt vielleicht auch deshalb etwas
       verhaltener aus, weil diese längst gesetzt ist: Die Kandidatin muss sich
       für das Amt an keiner Stelle mehr den Wähler*innen in der EU stellen.
       Sie entschied sich gegen eine Bewerbung um einen EU-Parlamentssitz, der EVP
       dient sie im Wahlkampf vor allem als altes und bekanntes Gesicht.
       
       ## Abgrenzung zur AfD
       
       Merz lobt am Ende noch die „großartige Rede“ der Kommissionspräsidentin und
       sagt: „Wir gehen voller Zuversicht und voller Gewissheit in diesen
       Wahlkampf.“ Zustimmung des Parteichefs gibt es auch für von der Leyens
       Abgrenzung von der AfD, die er „so offen“ noch nie von ihr gehört habe.
       
       Die Politikerin hatte zuvor gesagt, die AfD strebe einen Austritt
       Deutschlands aus der EU an und würde so für einen massiven
       Wohlstandsverlust im Land sorgen. „Den Agenten der Angst gilt es mit
       Lösungen entgegenzutreten“, rief die Kommissionspräsidentin unter Jubel in
       den Saal.
       
       Am Ende gibt es dann auch für von der Leyen stehenden Applaus im Saal, wie
       für [5][alle anderen Politiker*innen, die vor ihr gesprochen haben]. Auch
       wenn die Stimmung müde sein mag: Die Machtinstinkte der CDU bleiben einen
       Monat vor den Wahlen ungetrübt.
       
       8 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bild.de/politik/inland/berliner-senator-legte-auf-merz-und-seine-cdu-feiern-irre-party-in-berlin-663b0769f3c6125377c4bcc4
 (DIR) [2] /Ursula-Von-der-Leyen-bei-der-Europawahl/!5996956
 (DIR) [3] /Wahlkampfstart-in-Europa/!6000438
 (DIR) [4] /CDU-Bundesparteitag/!6008674
 (DIR) [5] /CDU-Parteitag-in-Berlin/!6009312
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cem-Odos Güler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Europawahl
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) CDU
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) Parteitag
 (DIR) GNS
 (DIR) Markus Söder
 (DIR) CDU
 (DIR) CDU
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) CDU-Parteitag in Berlin: Das wäre doch gelacht
       
       Mit Klamauk mischt der CSU-Chef den Parteitag der CDU auf und bringt das
       Publikum so auf seine Seite. Merz kontert mit Raubtiervergleich.
       
 (DIR) CDU-Bundesparteitag: Zurück zur Wehrpflicht
       
       Beim Parteitag will die CDU ihr Grundsatzprogramm verabschieden. Auch
       dabei: mehr Distanz zum Islam und die Option für Atomkraft.
       
 (DIR) Grundsatzprogramm der CDU: Ruck nach rechts
       
       Das neue CDU-Grundsatzprogramm riecht streng nach gestern. Das ist gut so,
       denn eine Zukunft haben die Volksparteien nur, wenn sie voneinander zu
       unterscheiden sind.