# taz.de -- Chronische Erkrankungen in Berlin: „Ich will keine Kämpferin sein“
       
       > Im She Said suchen Menschen mit chronischen Erkrankungen Unterstützung in
       > der Gemeinschaft. Viele leiden unter Long Covid-Symptomen.
       
 (IMG) Bild: „Für die anderen ist Corona vorbei, für uns nicht.“
       
       Berlin taz | Sie sei Workaholic und Partyholic gewesen, erzählt Daphne. Bis
       vor zwei Jahren, als sie an Corona erkrankte. Seitdem leidet sie unter
       [1][Chronischem Fatigue Syndrom]. „Mein Leben hat sich um 180 Grad
       gewendet“, sagt sie. Das verbindet alle, die sich am Sonntagmittag zum
       Treffen für chronisch kranke Menschen in der queerfeministischen
       Buchhandlung She Said am Kottbusser Damm versammelt haben.
       
       Masken, Abstand, Hygienemaßnahmen: Es fühlt sich an wie eine Zeitreise
       zurück in die Pandemie. „Für alle ist Corona vorbei“, sagt Daphne. „[2][Für
       uns nicht].“ Nicht alle sind erst seit der Pandemie erkrankt, andere leiden
       unter Lupus, Rheuma, Migräne, Fibromyalgie, ADHS, Autismus und nicht
       diagnostizierten chronischen Schmerzen.
       
       „Ich bin seit 20 Jahren krank, ich weiß nicht mehr, wie es ist, gesund zu
       sein“, sagt Minnie. Immer wieder würden Freunde sie dazu drängen
       „Normale-Leute-Dinge“ zu machen, „aber ich probiere gar nicht mehr, ein
       normales Leben zu führen, weil es mir Schmerzen bereitet“, sagt sie. Die
       Finnin ist, wie viele der Anwesenden, erst vor einigen Jahren nach Berlin
       gezogen. Die Stadt konnte sie aufgrund ihrer Krankheit kaum erkunden,
       Anschluss hat sie nicht gefunden. Die wenigen Bekannten, die sie in Berlin
       hat, [3][hätten kein Verständnis für ihren Zustand].
       
       Sie sind frustriert, wütend und erschöpft, wenn sie über ihre Erkrankung
       sprechen, resigniert sind sie nicht. „Vor Kurzem wurde diagnostiziert, dass
       ich nie gesund werde“, sagt Sarah. Die Diagnose habe sie anfangs geschockt,
       mittlerweile helfe sie ihr, ihre Krankheit als Teil ihrer Identität zu
       akzeptieren. Für andere bedeutete die Diagnose vielmehr ein Ende der
       Bemühungen. Ärzt*innen würden keine Untersuchungen mehr durchführen.
       
       ## Ärzte schenken den Patient*innen keine Aufmerksamkeit
       
       Das nicht Ernstgenommenwerden von Ärzt*innen ist eine Erfahrung, die alle
       teilen. „Ich bereite mich mental auf Arzttermine vor, um möglichst wenig
       Emotionen zu zeigen“, erzählt Minnie. Beim Verlassen der Praxis breche sie
       immer in Tränen aus. Immer wieder versagen die Stimmen der Betroffenen,
       immer wieder müssen welche gehen, weil ihre Kräfte sie im Stich lassen.
       
       Auch Amtsärzte müsse man ständig überreden, dass das Leben, das sie
       führten, kein normales sei. „Die entscheiden anhand deiner Krankenakte, wie
       viel du arbeiten kannst“, erzählt Daphne. Ihr seien drei Stunden täglich
       attestiert worden, sie fühlt sich jedoch nicht arbeitsfähig. „Es ist hart,
       keine Aufgabe mehr zu haben, aber jeder Gedanke an Arbeit macht mir
       momentan furchtbare Angst“, sagt sie. Wie die meisten Anwesenden kann sie
       nicht studieren oder arbeiten.
       
       Was tun, wenn die Kraft weder für Arbeit noch Sport oder Freunde reicht?
       „Mich machen schon Dinge glücklich, die für andere nichts sind“, sagt
       Minnie. Zum Beispiel eine Katze zu streicheln. „Die Leute wollen, dass ich
       eine Kämpferin bin, aber ich will keine Kämpferin sein.“
       
       6 May 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Diagnose-Chronisches-Fatigue-Syndrom/!5938615
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lilly Schröder
       
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