# taz.de -- Einstürzende Neubauten in Berlin: Interessantes Gerümpel
       
       > Vor 44 Jahren haben die Einstürzenden Neubauten zum ersten Mal in
       > Westberlin gespielt. Ein fulminantes Konzert am Ostersonntag erinnerte
       > daran.
       
 (IMG) Bild: Kurz vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums spielten die Einstürzenden Neubauten in Berlin
       
       Zur Aufführung einer potenziellen Hymne für den Berliner Ortsteil Wedding
       kam es am Ostersonntag ebendort. Die Berliner Band Einstürzende Neubauten
       hatte in die Betonhalle des Kulturquartiers Silent Green eingeladen und das
       Konzert mit einem Stück ihrer 2020 erschienen LP „Alles in Allem“ eröffnet:
       „Wedding“ heißt es, ein ruhiger Konzertauftakt mit einer prägnanten
       Bassfigur von Alexander Hacke und akzentuierter Metallperkussion von Andrew
       Unruh und Rudolf Moser.
       
       Dass es nicht bei diesem Flüsterton bleiben würde, ahnte man, das blitzende
       Trumm von Mosers selbstkonstruiertem Schlagwerk, darunter eine ausladende
       Stahlfeder und ein Hybrid aus Snaredrum und Kesselpauke, vor Augen; man sah
       sich nicht getäuscht und wurde dennoch überrascht.
       
       Der international besuchte Lokaltermin – das Neubauten-Publikum erwies sich
       als mehrsprachig, vielstimmig und textsicher – hatte mehrere miteinander
       verschränkte Anlässe: Vor 44 Jahren, am 1. April 1980, hatten im damaligen
       Westberlin die Einstürzenden Neubauten ihr erstes Konzert gespielt; vor 22
       Jahren hat die Band mit dem [1][Supporters Project ein Subskriptionsmodell]
       begonnen, das ihr seitdem die Arbeit an und die Veröffentlichung von Musik
       wesentlich ermöglicht hat.
       
       Neues Album erscheint diese Woche 
       
       „Rampen (apm: alien pop music)“ heißt das diese Woche erscheinende neue
       Album etwas sperrig, klingt aber bemerkenswert frisch. Die Doppel-LP ist
       aus Live-Improvisationen der vorangegangenen Tournee entstanden und ohne
       viel Umschweife im Studio eingespielt worden.
       
       Bei Neubautens heißen diese Improvisationen Rampen, und solche sollte der
       Unterstützerkreis der Band auf dem Konzert hören dürfen, eingebettet in ein
       Dankeschön-Wochenende, zu dem ein Stadtrundgang mit Alexander Hacke, eine
       Stadtrundfahrt mit Blixa Bargeld und eine Ausstellung legendärer
       Eigenbau-Instrumente gehörten: Bevor man also Jochen Arbeit mit einer
       reduzierten Gitarre, deren Saiten auf einen flachen Korpus und den Hals
       gespannt waren, hörte, ließ sich die Glockenmaschine bestaunen: Es handelt
       sich dabei um ein dem Straßenverkehr entwendetes Verbotsschild, auf dessen
       roten Rand 11 Metallformen montiert sind, die durch eine Art rotierenden
       Jazzbesen gespielt werden. Oder aber der „Air Cake“, eine Konstruktion aus
       dem DDR-Plattenspieler „Ziphona Türkis“ als Antrieb eines Gebindes und
       Gebläses aus Plastikflaschen.
       
       „Interesting Gerümpel“ also, wie Blixa Bargeld den Traum kommentierte, auf
       dem das zweite Stück des Abends basierte: „Come up and break something“.
       Der Titel wurde zum Motto für das Passionsspiel einer Holzkiste, den Unruh
       und Bargeld vor laufenden Mikrofonen verformten und zerlegten. Liest sich
       fies, klang auch so und dabei ziemlich gut.
       
       „Felixsynth“, einer der nächsten Titel auf der Setlist, bezog sich auf
       Tour-Keyboarder Felix Gebhard und eine Neubauten-Inspiration, die bei der
       physisch agierenden Band lange ausgeblendet werden konnte, nämlich
       elektronische Musik. Zu diesem Stück gehörte ein ausgedehnt flächiger
       Keyboard-Teil, der in etwa an eine aufgeraute Version von Tangerine Dream
       denken ließ, bevor die Musikeinen plötzlichen Schwenk ins
       Motorisch-Perkussive nahm.
       
       Ein einmaliger Abend 
       
       Ein sehr nachdenklicher Ton kam mit „Alex – Ballade (A Moll)“ in das
       Konzert, ein ausgelassener durch „50!“, eine Geburtstagsgratulation mit
       Publikumschor für Bargelds Frau Erin Zhu. Ein einmaliger Abend, die hier
       genannten Stücke sind nicht auf dem Album, wohl aber „Everything Will Be
       Fine“.
       
       Den Text des Songs, „Der Rabe hat sein Lied verloren“ heißt es da, beendete
       Blixa Bargeld am 7. Oktober 2023. Damit klang das Bandkonzert aus. Den
       Schlusspunkt setzte Rudolf Moser mit verfremdetem Glockenspiel: Er hatte
       die Neubauten-Supporter um Smartphone-Mitschnitte aus Kirchen ihrer
       Umgebung gebeten, die er auf der Bühne zu Loops türmte.
       
       1 Apr 2024
       
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