# taz.de -- Korruptionsverdacht in Oldenburg: Geldbündel vom Baggerfahrer
       
       > Bei der Sanierung eines Militärgeländes soll Bargeld von einer Baufirma
       > an einen Stadtamtsrat geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
       
 (IMG) Bild: 20 Millionen hat die Stadt Oldenburg am Fliegerhorst schon verbuddelt – profitierte auch einer ihrer Mitarbeiter?
       
       Oldenburg taz | „Schöne Aussichten“ verspricht die Stadt Oldenburg in einer
       blumigen Pressemitteilung. Anlass war seinerzeit, vor knapp zwei Jahren,
       die Aufstellung von drei übereinander gestapelten Seecontainern am Rand
       eines ehemaligen Militärflugplatzes im nördlichen Stadtgebiet. Von der
       „Informations- und Aussichtsplattform“ in neun Metern Höhe sollten die
       Oldenburgerinnen und Oldenburger das [1][„Projekt Fliegerhorst“] in den
       Blick nehmen. Ein bisschen vermessen, immerhin ist das gesamte Areal mehr
       als 300 Hektar groß.
       
       Jahrzehntelang waren hier Kampfjets stationiert. Seit die Luftwaffe den
       Flugplatz im Jahr 2006 aufgab, soll die Alexanderheide zu einem neuen
       Stadtteil werden – ein Beispiel für gelungene Konversion, den Wandel von
       militärischer zu ziviler Nutzung. 3.000 Menschen sollen sich [2][in der
       geplanten „Smart City“] mal zu Hause fühlen. Auf und neben der früheren
       Startbahn grasen jetzt friedlich Schafe unter Tausenden Solarpanelen, die
       ein Unternehmen schon vor Jahren dort aufgestellt hat.
       
       Nun droht sich ein dunkler Schatten auf das ehrgeizige Projekt zu legen.
       Der Verdacht der Korruption steht im Raum. Ein Mitarbeiter vom „Fachdienst
       Projekt Fliegerhorst“ der Oldenburger Stadtverwaltung soll Geld- und
       Sachleistungen angenommen haben. Die zuständige
       Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Osnabrück bestätigt der taz Ermittlungen
       gegen bislang zwei Personen wegen des Verdachts der Bestechung
       beziehungsweise Bestechlichkeit. Auch die Stadt Oldenburg erklärt auf
       Anfrage, es gebe bei ihr einen Verdachtsfall.
       
       Und darum geht es: Auf dem früheren Militärgelände aus den 1930er-Jahren
       lagern Altlasten verschiedenster Art. Munition, Handgranaten und andere
       vergrabene Waffen, Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Dazu mit zum Teil
       gefährlichen Schadstoffen verseuchter Boden.
       
       Weil die Baugrundstücke in der „Smart City“ nur unbelastet verkauft werden
       dürfen, wird seit etwa sieben Jahren die komplette Fläche kontinuierlich
       metertief abgegraben. Das Erdreich wird gesiebt und vom
       Kampfmittelräumdienst sondiert. Danach werden die Gruben wieder verfüllt –
       Kubikmeter um Kubikmeter Erde wird so hin und her bewegt. Dafür müssen
       vorher nahezu alle Gebäude abgerissen werden: Große Hallen,
       Flugzeughangars, Turbinenprüfstände, Werkstätten, das Unteroffizierskasino,
       die Unterkünfte. Alles soll weg, nach und nach. Ein lukrativer Auftrag mit
       langfristiger Perspektive. Bis Ende 2023 hat die Stadt nach eigenen Angaben
       bereits 20 Millionen Euro für die Kampfmittelsondierung ausgegeben.
       
       In den vergangenen viereinhalb Jahren war ein großes Abbruchunternehmen aus
       der Nähe von Soest in Nordrhein-Westfalen mit den Arbeiten beauftragt. Das
       war mit Baggern und Dumpern, also Spezialtransportern, und anderem schweren
       Gerät am Werk. Wie auf großen Baustellen üblich, hat der Generalunternehmer
       einen Subunternehmer engagiert, ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen. Gegen
       einen Bauarbeiter dieser Firma ermittelt jetzt ebenfalls die Osnabrücker
       Staatsanwaltschaft.
       
       Es soll zugegangen sein wie im schlechten Krimi. Die „Story“ handelt von
       weißen Briefumschlägen mit dicken Bündeln von 50-Euro-Scheinen – stramm
       zusammengehalten von einem Gummiband. Die Übergaben sollen konspirativ
       stattgefunden haben, irgendwo auf dem Gelände, weit weg vom Aussichtsturm,
       abseits neugieriger Blicke. Mal hinter Baucontainern, aber auch auf dem
       Flur vor der Herrentoilette eines nahen Gasthofs, der für seine Ammerländer
       Spezialitäten bekannt ist oder gleich direkt in eine schwarze
       Fahrradtasche. Insgesamt 25.000 Euro in fünf Tranchen. Empfänger soll der
       Mitarbeiter vom „Fachdienst Projekt Fliegerhorst“ gewesen sein.
       
       Gegen ihn ermittelt die Osnabrücker Staatsanwaltschaft, sie ist
       [3][spezialisiert auf Korruption]. Außerdem stellt die Stadt Oldenburg
       interne Ermittlungen an. Ob der unter Verdacht stehende Stadtamtsrat
       obendrein noch mit einem Satz Winterreifen für sein Privatauto und einer
       neuen Heizung fürs Eigenheim bedacht wurde, muss ebenfalls geklärt werden.
       Unklar ist auch, ob es Gegenleistungen gab. Der Beschuldigte ist dem Amt
       für Wirtschaftsförderung im Dezernat 1 zugeordnet, das direkt dem
       Oberbürgermeister untersteht.
       
       Der Arbeiter des Subunternehmens soll angegeben haben, er habe die
       Geldbündel im Auftrag des Generalunternehmers übergeben. Das klingt nicht
       ganz unplausibel, nicht nur, weil er bei seinem Einkommen vermutlich keine
       Tausender einfach zur Seite legen kann. Und weshalb sollte ein
       Maschinenführer einen Stadtbediensteten bestechen? Er wollte sich gegenüber
       der taz nicht äußern.
       
       ## Bürgermeister informierte Kommunalpolitik
       
       Von der Stadt Oldenburg heißt es aktuell, weil die internen und
       polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, könne man zu
       konkreten Inhalten und zum Ausmaß keine weiteren Auskünfte geben.
       Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) habe Mitte November 2023 die
       Ratsgremien über den Vorgang unterrichtet. Das Abbruchunternehmen aus der
       Nähe von Soest reagierte bislang nicht auf eine entsprechende taz-Anfrage.
       
       Die „Schönen Aussichten“ währten übrigens nicht lange. Der für 130.000 Euro
       errichtete burgunderrot-weiße Containerturm war nach nicht mal einem Jahr
       schon wieder zu – das schwere Gerät rückte ausgerechnet an jene Stelle vor,
       wo die Aussichtsplattform platziert ist. Seitdem versperrt ein grauer
       Bauzaun den Aufgang und den Blick von oben.
       
       Auch der Verkauf des Baulands stockt. Die hohen Zinsen haben nicht nur die
       private Nachfrage einbrechen lassen. Gerade sind die gelben Abrissbagger
       fast die einzigen Baumaschinen zwischen den haushohen Erd- und Schuttbergen
       auf der tristen Oldenburger Militärbrache. Seit dem vergangenen Herbst ist
       hier eine andere Firma im Einsatz. Aber für den nächsten Bauabschnitt soll
       auch das Abbruchunternehmen aus Nordrhein-Westfalen wieder ein Angebot
       abgegeben haben. Die Entscheidung der Stadtverwaltung, wer den Auftrag
       bekommt, soll demnächst fallen.
       
       3 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Planung-einer-Stadt/!5214961
 (DIR) [2] https://www.oldenburg.de/startseite/leben-umwelt/planen-bauen/fliegerhorst/aktuelles/schoene-aussichten-wie-sich-der-fliegerhorst-veraendert.html
 (DIR) [3] /Vorwuerfe-gegen-Geldwaesche-Einheit/!5797228
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christina Gerlach
       
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