# taz.de -- Antifeministische Gewalt: Bedroht, beleidigt, angegriffen
       
       > Die neue Meldestelle Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung legt
       > erstmals Zahlen vor. Über 372 Fälle wurde berichtet.
       
 (IMG) Bild: Antifeminismus eine Gefahr für die gesamte Demokratie
       
       Berlin taz | Eine Frau wird am Abend in der Innenstadt heftig, plötzlich
       und mit den Worten „Lesbenfotze“ in den Rücken gestoßen. Sie fällt hin und
       zieht sich Rippenprellungen zu. Oder: Einer Journalistin wird gedroht, sie
       „abzustechen“. Oder: Ein kommunales Frauengremium erhält Morddrohungen. All
       das sind Fälle, die der [1][Meldestelle Antifeminismus] der Amadeu Antonio
       Stiftung berichtet wurden.
       
       Ein Jahr nachdem die Meldestelle ihre Arbeit aufgenommen hat,
       [2][veröffentlichte die Stiftung] am Mittwoch erstmals Zahlen und Analysen
       über antifeministische Vorfälle in Deutschland. Demnach gingen 372 Fälle
       bei der Meldestelle ein. Die Vorfälle könnten auch in andere Kategorien
       fallen, geschlechtsspezifische Gewalt zum Beispiel. „Für uns ist aber
       wichtig, das abzugrenzen“, sagte Ans Hartmann bei der Vorstellung des
       Berichts. Hartmann leitet das Projekt. Kriterien dafür seien zum Beispiel
       die Frage nach organisiertem Vorgehen und das Vorliegen von
       antifeministischer Ideologie.
       
       Antifeminismus, das heißt: Eine Person hat eine Weltanschauung, die gegen
       Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit gerichtet ist. Entsprechend
       betreffen die gemeldeten Vorfälle vor allem Frauen und queere Personen, die
       aufgrund ihrer Arbeit oder ihres Einsatzes für Gleichstellung und
       Selbstbestimmung benachteiligt, beleidigt, bedroht oder angegriffen wurden.
       Das kann zum Beispiel im Internet, in Kneipen oder auch in Sitzungen
       politischer Gremien erfolgen. Häufig habe sich gezeigt, dass die
       Angreifer*innen Verbindungen zur extremen Rechten haben, sagte Judith
       Rahner von der Amadeu Antonio Stiftung.
       
       ## Viele Drohungen gegen Politikerinnen
       
       Zwölf der gemeldeten Fälle betrafen physische Gewalt, auch ein
       Tötungsdelikt war darunter. Allein 28 Meldungen machten Bedrohungen gegen
       Politikerinnen aus, darunter gegen die minderjährige Sprecherin einer
       Jugendorganisation, die an Hauswänden ihrer Stadt mit dem Tod bedroht
       wurde.
       
       Mindestens 24 gemeldete Fälle standen im Zusammenhang mit Angriffen auf
       sorge-, umgangs- und unterhaltsrechtliche Auseinandersetzungen. In der
       überwiegenden Mehrheit sind dabei antifeministische Lobbyinitiativen und
       sogenannte Väterrechtsverbände involviert, die organisiert und mit kruden
       Thesen und Methoden gegen Ex-Partnerinnen oder Mütter vorgehen.
       
       ## Gefahr für die Demokratie
       
       „Kaum ein anderes gesellschaftspolitisches Feld wird derart massiv, aber
       gleichzeitig unbemerkt angegriffen wie die Gleichstellungs-, Geschlechter-
       und Familienpolitik“, heißt es im Bericht. Dabei sei Antifeminismus eine
       Gefahr für die gesamte Demokratie. Aufgabe eines zivilgesellschaftlichen
       Monitorings wie der Meldestelle sei es deshalb auch, Licht ins Dunkel des
       Feldes zu bringen, so Rahner.
       
       Und auch Mitarbeitende der Meldestelle selbst wurden in den ersten Monaten
       des Projekts antifeministisch angegriffen. Die Vorfälle wurden zwar nicht
       in die Statistik der Meldestelle mit aufgenommen. Aber Rahner betonte: „Es
       hat uns nicht überrascht, aber es war heftig.“ Ans Hartmann berichtete von
       E-Mails und Anrufen bei Mitarbeitenden bis hin zu Morddrohungen. Auch die
       Union und AfD hatten die Meldestelle zu Beginn hart kritisiert und ihr
       „Diffamierung“ vorgeworfen.
       
       Bis Ende des Jahres wird die Meldestelle durch das Bundesprogramm
       „Demokratie leben!“ finanziert. Aufgrund der derzeit wackligen
       Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes sei die Frage, wie das Projekt
       fortgeführt werden könne, noch unklar, so Rahner. Gesetzt den Fall, das
       Projekt werde fortgeführt und bekannter, „gehen wir davon aus, dass auch
       die Anzahl der gemeldeten Fälle zunimmt“, sagte Hartmann.
       
       6 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://antifeminismus-melden.de/
 (DIR) [2] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/zivilgesellschaftliches-lagebild-antifeminismus-2023/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patricia Hecht
       
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