# taz.de -- Streik am Flughafen: Am Boden geblieben
       
       > Wegen des Streiks bei der Luftsicherheit am BER wurden am Donnerstag alle
       > Flüge gestrichen. Die Angestellten erhöhen so den Druck in den
       > Tarifverhandlungen.
       
 (IMG) Bild: Streikende Mitarbeiter der Sicherheitsunternehmen am Flughafen BER in Berlin
       
       Berlin taz | Um neun Uhr morgens haben sich am Donnerstag auf dem
       Willy-Brandt-Platz vor dem Abflugterminal des Flughafens 200 bis 300
       Protestierende versammelt, gut zu erkennen an ihren knallgelben Security-
       oder Verdi-Warnwesten. Sie versorgen sich mit heißem Tee und plaudern, die
       Stimmung ist eher entspannt als kämpferisch, sogar die Sonne lässt sich
       blicken.
       
       Die Gewerkschaft Verdi hat die Belegschaften der privaten
       Sicherheitsunternehmen am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) sowie zehn
       weiteren deutschen Flughäfen zu einem ganztägigen Streik aufgerufen. Am BER
       begann der Arbeitskampf um 3.30 Uhr und sollte bis 23.59 Uhr andauern.
       
       Aus Sicht der Gewerkschaft ist der Warnstreik ein voller Erfolg: Sämtliche
       für Donnerstag vorgesehenen 170 Abflüge sind gestrichen, auch etwa ein
       Viertel der Ankünfte entfällt. Nur einige wenige Reisende irren im BER
       umher und staunen, als 150 der Streikenden einen gemütlichen Rundgang durch
       das ansonsten fast menschenleere Terminal machen.
       
       Am BER arbeiten etwa 2.200 Menschen für die Luftsicherheit, 600 pro
       Schicht. Die Kolleg*innen seien „massiv verärgert“, sagt
       Gewerkschaftssekretär Enrico Rümker zur taz. Seit Jahren gebe es zu wenig
       Personal in der Luftsicherheit, daher müssten die Angestellten mehr
       arbeiten. „Und die sagen: Wenn ich mehr arbeite, will ich das auch vergütet
       bekommen.“
       
       ## Tarifverhandlungen bisher ohne Erfolg
       
       Der Streik findet im Rahmen der bundesweiten Tarifverhandlungen für
       Sicherheitskräfte an den Verkehrsflughäfen statt, die Verdi derzeit mit dem
       Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) führt. In den
       bisherigen drei Tarifverhandlungsrunden konnte jedoch keine Einigung
       erzielt werden.
       
       Für die etwa 25.000 Flughafenbeschäftigten, die in der Fluggast-, der
       Personen- und Waren- und der Frachtkontrolle oder in Servicebereichen tätig
       sind, fordert die Gewerkschaft 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere
       Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge von 30 Prozent ab der ersten
       Überstunde bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten.
       
       Laut Rümker handelt es sich bei der Mehrarbeit um insgesamt 384 Stunden im
       Jahr, die bislang ohne Zuschlag bezahlt werden. „Und da sagen die Kollegen:
       Das machen wir nicht mehr länger mit.“
       
       Laut Verdi liegt der Stundenlohn bei der Sicherheit in der niedrigsten
       Entgeltgruppe derzeit bei 13,83 Euro und in der höchsten bei 20,60. Mit der
       geforderten Erhöhung soll der Kaufkraftverlust der Beschäftigten durch die
       Inflation ausgeglichen werden. Die starken Preissteigerungen bei
       Lebensmitteln und der Energie belasten die Finanzen insbesondere der
       unteren Lohngruppen.
       
       Zwar hat der Arbeitgeber ein Angebot in Aussicht gestellt, fordert aber
       Vorbedingungen für Verhandlungen – was Verdi ablehnt. Der BDLS bietet ein
       Plus von sieben Prozent auf zwei Jahre, das wären knapp ein Euro in der
       niedrigsten Entgeltgruppe und 1,50 Euro in der höchsten. „Völlig
       unzureichend“, findet Rümker. „Das führt zu Reallohnverlusten bei den
       Kollegen; und der Problematik, dass die Kollegen viel länger arbeiten, als
       eigentlich vertraglich vereinbart ist, ist vom Arbeitgeber gar nicht
       Rechnung getragen worden.“
       
       ## Branche erzielt Rekordgewinne
       
       Angesichts der Bauernblockaden, dem jüngsten Lokführerstreik, dem
       anschließenden Streik an den Flughäfen und direkt danach bei der BVG sieht
       Rümker das Risiko, dass die Anliegen der Arbeitnehmer*innen in der
       Bevölkerung an Rückhalt verlieren. „Aber ich nehme eher die Stimmung wahr,
       dass die Leute nicht mehr bereit sind, die Zeche für den ganzen Wahnsinn
       der letzten Jahre zu zahlen.“
       
       Damit meint er die Auswirkungen der Coronapandemie und des Ukrainekrieges
       sowie die gestiegenen Preise. „Gleichzeitig macht diese Branche
       Rekordgewinne, etwa die Lufthansa als größte Airline in Deutschland.“ Die
       Mitarbeiter*innen, die diese Gewinne erwirtschaften, würden hingegen „in
       die Röhre gucken“.
       
       Rümker glaubt daher, dass der Druck und die Unterstützung eher größer
       werden. „Hoffentlich schließen sich viel mehr Menschen aus verschiedenen
       Bereichen an und sagen: Wir sind auch nicht mehr bereit, dass nur der
       kleine Mann die Zeche zahlt.“
       
       Mit der Beteiligung an der Kundgebung und dem Umstand, dass am Donnerstag
       kein einziger Flieger vom BER abheben konnte, zeigt sich Rümker „sehr
       zufrieden“. Denn damit sei das Ziel erreicht worden: wirtschaftlichen
       Schaden beim Arbeitgeber zu erzeugen, damit er den Forderungen der
       Angestellten nachgibt.
       
       Ab Freitag soll der Luftverkehr wieder wie gewohnt laufen. Für die
       anstehenden Verhandlungen sind zwei weitere Runden für den 6. und 7. sowie
       den 21. und 22. Februar vereinbart.
       
       1 Feb 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Darius Ossami
       
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