# taz.de -- Klimaprotest der Letzten Generation: Blockade könnte teuer werden
       
       > Aktivist:innen der Letzten Generation hatten im Sommer auch den
       > Hamburger Flughafen blockiert. Nun fordern Fluggesellschaften
       > Schadensersatz.
       
 (IMG) Bild: Hat für die Aktivist:innen wohl ein teures Nachspiel: Blockade des Hamburger Flughafens im Juli
       
       Hamburg taz | Insgesamt 740.000 Euro fordern die Unternehmen Eurowings –
       stellvertretend für alle weiteren Lufthansa-Tochterunternehmen – sowie die
       Fluggesellschaft Condor von Klima-Aktivist*innen, die [1][am 13. Juli
       dieses Jahres die Flughäfen Düsseldorf, Berlin und Hamburg blockiert haben
       sollen.] In Hamburg soll den Fluggesellschaften dabei der größte Schaden
       entstanden sein. Allein 400.000 Euro der Forderungen beziehen sich auf
       diese Blockade. Einige der Aktivist*innen haben bereits
       Zahlungsaufforderungen per Post erhalten.
       
       „Vergangene Woche lagen die Schreiben im Briefkasten“, sagt die Aktivistin
       Judith Beadle (43), die an der Blockade in Hamburg teilgenommen hat. Die
       Forderungen seien in zwei Briefen nacheinander bei ihnen angekommen,
       erzählt der Aktivist Julian Huber (19), der auch an der Blockade
       teilgenommen hat. Von allen betroffenen Menschen werde darin die gesamte
       Summe von 400.000 Euro gefordert. „Das war schon ein Schock, aber wir haben
       auch damit gerechnet, dass so was kommt“, sagt Huber.
       
       In Hamburg hatten sich acht Aktivist*innen der Letzten Generation am
       ersten Tag der Sommerferien frühmorgens Zugang zum Gelände des Hamburger
       Flughafens verschafft und das Rollfeld blockiert. Der Flugverkehr war
       mehrere Stunden lang eingeschränkt. Nach Angaben des Flughafens waren durch
       die Blockade 68 Flüge ausgefallen, mehr als 200 verspäteten sich.
       
       Die Fluggesellschaften argumentieren nun, dass ihnen durch die Blockade
       Gewinn entgangen ist und berufen sich auf die Schadensersatzpflicht der
       Aktivist*innen. Diese ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben und
       kann zunächst außergerichtlich eingefordert werden. Kommen die
       Aktivist*innen den Forderungen nicht nach, dann gibt es für die
       Fluggesellschaften die Möglichkeit zu klagen.
       
       ## Notfalls lebenslang abstottern
       
       Ob die Fluggesellschaften in diesem Fall tatsächlich Anspruch auf
       Schadensersatz haben, ist noch unklar und wäre am Ende Entscheidung eines
       zuständigen Gerichts. Die rechtliche Lage ist in diesem Fall nämlich nicht
       eindeutig, da bei der Flughafenblockade [2][kein unmittelbar Schaden, zum
       Beispiel an einem Flugzeug, entstanden ist], sondern durch die Blockade nur
       indirekt der Gebrauch des Eigentums der Klägerin eingeschränkt war.
       
       Wie genau die Höhe der Schadensersatzforderung berechnet wurde, will
       Eurowings nicht sagen. Gegenüber der taz beruft sich das Unternehmen
       darauf, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.
       
       Gesetzt den Fall, dass die Forderung vor Gericht Bestand hat, müssten die
       Aktivist*innen zahlen, ob sie können oder nicht. Bei einer Blockade
       handelt es sich um eine vorsätzliche Handlung. Haftpflichtversicherungen
       übernehmen demnach nichts, eine Privatinsolvenz kann auch nicht geltend
       gemacht werden. Betroffene Aktivist*innen müssen die Beträge also
       abstottern, notfalls lebenslang.
       
       „Ich habe in meinem Leben noch nie so viel Geld gesehen und werde das
       wahrscheinlich auch nie“, sagt Judith Beadle. Als Mutter von zwei Kindern
       sei bei ihr am Monatsende meist nicht viel übrig. Ähnlich geht es dem
       Aktivisten Julian Huber. Trotzdem will er sich von den Forderungen nicht
       unterkriegen lassen. „Es war zwar ein Schock, aber irgendwo auch ein gutes
       Gefühl, schwarz auf weiß zu sehen, dass wir den Fluggesellschaften, die dem
       Klima so sehr schaden, materiellen Schaden zugefügt haben“, sagt Huber.
       
       ## Ähnliche Fälle enden oft mit Vergleichen
       
       Oft enden ähnliche Fälle vor Gericht mit einem Vergleich. Zuletzt hatte
       eine Klage des Logistikkonzerns DHL Aufmerksamkeit erregt. Nachdem 2021
       Klimaaktivist*innen eine Zufahrtsstraße des Flughafens Leipzig/Halle
       blockiert hatten, forderte DHL Zehntausende Euros von einigen der
       Beteiligten. Das Unternehmen zeigte sich aber nach großem öffentlichen
       Druck bereit, die Forderungen gegen die Aktivist*innen fallenzulassen –
       gegen deren Verpflichtung, 80 Arbeitsstunden in einem Aufforstungsprojekt
       zu leisten.
       
       Ob eine hohe Schadenersatzforderung Klimaaktivist*innen künftig von
       Blockaden abhält, bleibt offen. In der Vergangenheit gab es immer wieder
       Kritik an solchen Forderungen von Unternehmen: Die Rechtsanwältin Ulrike
       Donat aus Hamburg hatte Aktivist*innen vertreten, die nach der Blockade
       eines Tönnieshofs in Schleswig-Holstein 2019 vom Konzern auf Schadensersatz
       verklagt worden waren. Damals sagte sie der taz, Schadensersatzforderungen
       seien schon vor einer Klage vor allem „ein Versuch der Einschüchterung“.
       
       Unabhängig von Schadensersatzforderungen ermittelt die Staatsanwaltschaft
       Hamburg im Zusammenhang mit der Flughafen-Blockade gegen insgesamt 10
       Beschuldigte, unter anderem wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.
       Gegen einige Aktivist*innen werde zudem wegen Widerstandes gegen
       Vollstreckungsbeamte ermittelt, sagt eine Sprecherin der
       Staatsanwaltschaft. Ein Anfangsverdacht des gefährlichen Eingriffs in den
       Luftverkehr habe sich aber nicht erhärten können.
       
       Schon kurz nach der Blockadeaktion hatte [3][auch der Flughafen Hamburg
       angekündigt, eigene Schadensersatzansprüche prüfen zu wollen.] Diese
       Prüfung sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, „aber wir
       gehen von einem sechsstelligen Betrag aus“ sagt ein Sprecher des Flughafens
       der taz.
       
       Bis zum 29. Dezember wollen die Fluggesellschaften 400.000 Euro von den
       Klimaaktivist*innen überwiesen haben. „Wir haben unsere
       Anwält*innen eingeschaltet und lassen es auf eine Klage ankommen“, sagt
       Julian Huber von der Letzten Generation.
       
       18 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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