# taz.de -- Pläne für digitales Gesundheitssystem: Digitale Patientenakte mit Hürden
       
       > Der Gesundheitsminister treibt die Digitalisierung voran. Bei einer
       > Anhörung gibt es Lob – aber auch viel Kritik an Details.
       
 (IMG) Bild: Gesundheitskarte mit Mikrochip (detailaufnahme)
       
       Berlin taz | Expert:innen haben im Gesundheitsausschuss des Bundestags
       die [1][Digitalisierungspläne der Bundesregierung] überwiegend positiv
       bewertet – haben aber Kritik an zahlreichen Details.
       
       So sagte etwa Kristina Spöhrer vom Verband der Hausärztinnen und Hausärzte,
       sie gehe davon aus, dass sich durch die Digitalisierungspläne die
       Versorgung der Patient:innen verbessern werde. Grundsätzlich positive
       Reaktionen kamen unter anderem auch von den Vertreter:innen der
       Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Bundesärztekammer
       und vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
       
       Die Bundesregierung plant, mit zwei Gesetzespaketen die Digitalisierung des
       Gesundheitssystems maßgeblich voranzutreiben. Zunächst [2][das
       Digitalgesetz, dessen Kern die elektronische Patientenakte (ePA) ist]. Dort
       sollen, jeweils bezogen auf den:die einzelne Patient:in, sämtliche
       Behandlungs-, Diagnose- und Medikationsdaten gespeichert werden.
       
       Anders als bislang soll sie [3][den Plänen zufolge ab 2025 für alle
       gesetzlich Versicherten zum Standard werden] – wer sie nicht will, muss
       widersprechen. Das zweite Vorhaben ist das
       Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Es regelt, dass Wissenschaft und
       Industrie die Daten aus den Akten für die Forschung verwenden können. Auch
       hier sollen Widersprüche möglich sein.
       
       Die großen Linien sind also klar, doch bei der Anhörung im
       Gesundheitsausschuss geht es vor allem um die Details. Zum Beispiel um die
       Frage, auf welchen Wegen die Widersprüche formuliert werden können und wie
       detailliert die Betroffenen entscheiden dürfen, welche Daten sie für welche
       Praxis, Klinik, Apotheke oder Forschungsinstitution freigeben.
       
       ## Widerspruch für Menschen ohne Laptop oder Smartphone
       
       „Die Erklärung eines Widerspruchs und die fein granularen
       Einstellungsmöglichkeiten müssen so einfach wie möglich gehalten werden und
       auch ohne digitales Endgerät“, sagte der vzbv-Experte Thomas Moormann im
       Ausschuss. Der Verband warnt außerdem vor umfangreichen Auswertungsrechten
       der Krankenkassen.
       
       Die sollen laut den aktuellen Plänen die Gesundheitsdaten aus der ePA
       auswerten können, um Patient:innen über potenzielle Krankheitsrisiken
       zu informieren. Moormann befürchtet, dass Patient:innen dadurch
       verunsichert werden und unnötige Untersuchungen entstehen.
       
       Auch die Bundespsychotherapeutenkammer sieht die geplanten
       Leistungsempfehlungen durch die Krankenkassen kritisch. Es gebe ökonomische
       Interessenkonflikte; außerdem fehle jegliche Evidenz, dass solche
       Empfehlungen den Patient:innen dienten, heißt es in der Stellungnahme.
       Die Kammer fordert außerdem, dass eine Weitergabe von Daten an die
       Forschung nur mit ausdrücklicher Einwilligung erfolgen darf. Aktuell ist
       vorgesehen, dass die Datenweitergabe standardmäßig erlaubt ist. Wer das
       nicht will, muss aktiv widersprechen.
       
       ## EU treibt eigene Pläne voran
       
       Bei der Anhörung zeichnete sich auch ab, dass sich der Startpunkt der ePA
       für alle auf Mitte 2025 verschieben könnte. Die Vertreterin des
       GKV-Spitzenverbands rechnet damit, dass die Kassen ab Verabschiedung
       mindestens ein Jahr für die Umsetzung brauchen.
       
       Parallel zu den Plänen in Deutschland treibt die EU ihr Vorhaben eines
       digitalen Gesundheitsdatenraumes (EHDS) voran. Dem Vorschlag der
       EU-Kommission zufolge, soll es damit eine elektronische Patientenakte für
       alle EU-Bürger:innen geben – ohne die Möglichkeit zum Widerspruch. Die
       Beschränkung von Zugriffsrechten wäre dann vermutlich noch möglich, nicht
       aber ein Widerspruch zu der Datensammlung an sich.
       
       „Die von der EU geplante Zwangs-elektronische Patientenakte mit
       europaweiter Zugriffsmöglichkeit zieht unverantwortliche Risiken eines
       Diebstahls oder Verlustes persönlichster Behandlungsdaten nach sich und
       droht Patienten jeder Kontrolle über die Digitalisierung ihrer
       Gesundheitsdaten zu berauben“, kritisiert Patrick Breyer,
       Europaabgeordneter der Piratenpartei und Verhandlungsführer der Fraktion
       Grüne/Europäische Freie Allianz im Innenausschuss des EU-Parlaments.
       
       Breyer fürchtet, dass gerade bei besonders sensiblen Kontexten wie
       Psychotherapie oder einer Suchterkrankung Patient:innen davon
       abgehalten würden, sich in Behandlung zu begeben. Im Gesetzgebungsprozess
       auf EU-Ebene ist aktuell das Parlament am Zug – dessen Positionierung wird
       in den kommenden Wochen erwartet.
       
       16 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Elektronische-Patientenakte/!5918459
 (DIR) [2] /Lauterbachs-Gesetzesvorhaben/!5953379
 (DIR) [3] /Lauterbachs-Gesetzesvorhaben/!5953379
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Patientendaten
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Digitalisierung
 (DIR) Gesundheitsdaten
 (DIR) Digitale Patientenakte
 (DIR) Karl Lauterbach
 (DIR) Digitale Patientenakte
 (DIR) Gesundheit
 (DIR) EPA
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Gesundheitsdaten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Mediziner zur E-Patientenakte: Forschung beginnt mit Fragen
       
       Mehr Daten, bessere Forschung? Die elektronische Patientenakte soll beides
       bringen. Wie realistisch das ist, weiß Medizinexperte Jürgen Windeler.
       
 (DIR) Krankenkassen-Infos zur E-Patientenakte: Vorteile? Ja. Nachteile? Schweigen…
       
       Wer nicht widerspricht, bekommt bald die elektronische Patientenakte.
       Verbraucherschützer:innen kritisieren die Infos der Krankenkassen als
       einseitig.
       
 (DIR) Elektronische Patientenakte: Wer schweigt, stimmt zu
       
       Die digitale Patientenakte ist beschlossen. Sie bringt einige Vorteile,
       aber auch viele Probleme beim Schutz der Gesundheitsdaten.
       
 (DIR) Gesetz zu Gesundheitsdaten verabschiedet: Digitale Akte für alle
       
       Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze zur Digitalisierung von
       Gesundheitsdaten. Das wirkt sich auf alle gesetzlich Versicherten aus.
       
 (DIR) Launch der ePatientenakte: Für Forschung und Industrie
       
       Die Bundesregierung treibt die Digitalisierung des Gesundheitssystems
       voran. Patient:innen dürften allenfalls in zweiter Linie profitieren.
       
 (DIR) Lauterbachs Gesetzesvorhaben: Digitale Patientenakte für alle
       
       Das Bundeskabinett bringt Digitalisierungsgesetze auf den Weg.
       Elektronische Patientenakte und elektronisches Rezept sollen damit Standard
       werden.
       
 (DIR) Digitalisierung des Gesundheitswesens: Protest gegen digitale Akte
       
       Ab dem kommenden Jahr soll die elektronische Patientenakte in Deutschland
       für alle Standard werden. Aus der Ärzteschaft gibt es Widerstand.
       
 (DIR) Elektronische Patientenakte: „Keine Zeit, Vertrauen aufzubauen“
       
       Gesundheitsminister Lauterbach will die digitale Patientenakte für alle,
       die nicht widersprechen. Progammiererin Bianca Kastl sagt, wie es besser
       ginge.