# taz.de -- Immoblienmogul Benko gefeuert: Eigentümer gegen „Wunderwuzzi“
       
       > Ein wankendes Imperium, Baustellen, auf denen nicht gearbeitet wird: Nun
       > haben Investoren Immobilienmogul Benko entmachtet. Signa liegt in
       > Trümmern.
       
 (IMG) Bild: Rene Benko, Unternehmer
       
       München taz | Der junge René Benko schmiss in Innsbruck die Schule und
       machte keine Matura, wie das Abitur in Österreich heißt. Stattdessen war er
       begeistert von einem Freund, der in der Immobilienbranche tätig war. Benko
       begann damit, verfallende Dachböden in Luxuswohnungen umzubauen und zu
       verkaufen. Mit 20 Jahren soll er seine erste Million verdient haben – in
       österreichischen Schilling, aber immerhin.
       
       Aus René Benko wurde einer der größten Immobilienentwickler, wie man das
       nennt. Der heute 46-Jährige baute sich mit seiner Firma Signa ein riesiges,
       weit verzweigtes Reich auf. Mal wird er als zweitreichster Österreicher
       benannt, mal auf Platz fünf gelistet, sein Vermögen wird auf mehr als fünf
       Milliarden Euro geschätzt.
       
       Seit diesem Freitag nun scheint das alles aus zu sein, wie [1][verschiedene
       Medien berichteten]. Nachdem Signa finanziell mehr und mehr ins Schwanken
       geriet und auf den Baustellen nicht mehr gearbeitet wurde, haben ihn die
       Investoren offenbar entmachtet, also rausgeworfen. Und Signa liegt nun
       vorerst in Trümmern.
       
       Wann immer es in guten städtischen Lagen Grund oder Immobilien zu kaufen
       gab, war René Benko da. Er begann in Innsbruck, weitete das Geschäft auf
       Österreich aus, dann kamen der ungleich größere deutsche Markt sowie
       Italien. Und er übernahm den dauer-krisengeplagten [2][Kaufhauskonzern]
       Galeria-Karstadt-Kaufhof.
       
       ## Kräne im Hamburg stehen still
       
       In den letzten Wochen waren Benkos Finanznöte nicht zu übersehen. Am
       [3][Hamburger Elbtower, ein riesiges Vorzeigeprojekt in der Hafencity,
       wurde nicht mehr gebaut]. 65 Stockwerke soll der Wolkenkratzer, entworfen
       vom britischen Architektenstar David Chipperfield, haben und 240 Meter hoch
       sein. Bisher sind rund 20 Stockwerke gebaut, doch die Kräne stehen still.
       Der nächste Fall wurde in der Stuttgarter Flaniermeile Königstraße bekannt.
       Dort plante Signa ein Millionenprojekt für Handel und Büros. Das alte Haus
       wurde abgerissen, doch von Arbeiten am neuen ist nichts zu sehen.
       Stattdessen wurde dem planenden Münchner Büro Steidle Architekten die
       Unterbrechung mitgeteilt.
       
       „Dieses Imperium erscheint wie ein Kartenhaus“, sagt Wirtschaftsprofessor
       Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein im Gespräch mit der taz.
       „Vieles an Signa wirkt nicht seriös.“ Er vermisst „Sicherungsmechanismen“
       und meint, Benko habe gegenüber den Geldgebern „potenter gewirkt, als er es
       war“.
       
       In Österreich und anderswo wurde Benko entweder als vorbildlicher
       Selfmade-Mann gesehen, oder man hielt ihn für einen windigen Geschäftsmann.
       Also eine Art von Hochstapler. Professor Heinemann sagt: „Die jetzige Lage
       überrascht mich nicht.“ Man nannte Benko auch den „Wunderwuzzi“.
       
       Benko konnte boomen, weil die Zinsen sehr lange niedrig waren und er
       billiges Geld bekam für seine Kaufprojekte. Zugleich stiegen die Werte von
       Immobilien stetig, das war fast ein Naturgesetz. Heute ist das alles nicht
       mehr so: Darlehen sind teuer, der Immobilienmarkt stagniert und die
       Baukosten sind wegen Materialmangels und Inflation in die Höhe geschossen.
       
       ## Undurchsichtige Signa-Gruppe
       
       Einst hatte man etwa den Eindruck, dass Benko etwa die halbe Münchner
       Innenstadt gehört – Sportartikelhäuser, teure Bekleidungsgeschäfte oder die
       Alte Akademie – ein Filetstück, das früher ein Jesuitenkloster war. Doch
       vieles davon hat er auch wieder verkauft. Überall wird das Konstrukt der
       Sigma-Gruppe als undurchsichtig beschrieben. 12 Büros hat das Unternehmen
       laut eigener Darstellung – in Deutschland, Österreich, aber auch in
       Italien, der Schweiz und Luxemburg.
       
       Einerseits ist Benko ein Mann, der öffentlich fast nie auftritt.
       Andererseits steckt er tief im österreichischen „Freunderlsumpf“, wie man
       im Nachbarland sagt. Er war bestens bekannt vor allem mit Politikern aus
       der Regierungszeit des einstigen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz.
       
       Viele dort meinen zu wissen, wo sich etwa der frühere FPÖ-Vizekanzler
       Heinz-Christian Strache an dem Vormittag aufhielt, als er direkt im
       Anschluss in die Falle des Ibiza-Videos getappt war: auf der Yacht von René
       Benko.
       
       „Es gibt in Österreich eine wahnsinnige Nähe von Wirtschaft und Politik“,
       sagt der sozialdemokratisch Parlamentsabgeordnete Jan Krainer zur taz.
       Benko sei in den Ministerien „ein- und ausgegangen, als sei er der Minister
       selbst“. Ein Mal ist er in einem Korruptionsprozess zu einer
       Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden.
       
       ## Benkos „Hideaway“ in den Alpen
       
       Wie der gefallene Mogul als Mensch ist, wie er tickt, lässt sich kaum
       sagen. Denn dazu hat er immer geschwiegen. Eine Ahnung bekommt man
       vielleicht, wenn man sich das von ihm gebaute Luxusanwesen „Chalet N“ im
       Promi-Skiort Lech am Arlberg vor Ort anschaut. 38 Millionen Euro soll das
       „Hideaway“ in den Alpen gekostet haben. Der mit dunklem Holz verkleidete
       Klotz ist seiner zweiten Ehefrau Nathalie „gewidmet“. Einmieten kann man
       sich ins „Chalet N“ zumindest gemäß der Homepage auch – laut einem
       Internetvermittler liegt der Mietpreis allerdings etwa um Weihnachten bei
       510.000 Euro – pro Woche.
       
       Die Galeria-Kaufhäuser sind erst einmal nicht von dem Beben betroffen.
       Einst hatte Benko dort weit höhere Gewinnerwartungen gehabt, doch der
       Einzelhandel stagniert oder geht zurück. Weshalb es für Ökonom Heinemann
       nicht undenkbar ist, dass Galeria erneut in einer Insolvenz landen könnte.
       Wie konnte es zu all dem kommen? Heinemann sagt: „Vielleicht erinnert sich
       noch jemand an Jürgen Schneider. Der besaß auch einst ein Imperium.“ 1994
       legte der Immobilienunternehmer eine riesige Pleite hin und wurde wegen
       Betrugs und Urkundenfälschung zu fast sieben Jahren Haft verurteilt.
       Inzwischen ist er 89 Jahre alt.
       
       Benko hatte Signa völlig auf sich ausgerichtet. Um ihm zu glauben, gehörten
       laut Heinemann „eine gehörige Portion Hoffnung und eine rosarote Brille“.
       Zu Stuttgart, wo Signa mitgeteilt hatte, dass es keinen Baustopp, sondern
       nur wegen hohen Interesses eine „Umplanung“ gebe, meint er: „Da ist man
       womöglich in einem Hoffnungsdelirium.“
       
       Wie die Lage jetzt ist und was aus dem Imperium wird, ist derzeit völlig
       unklar. Als gesichert gilt, dass Benko sich auf Druck der Investoren
       zurückzieht – das hat der österreichische Bauunternehmer Hans Peter
       Haselsteiger dem ORF-Radio bestätigt. Als wichtiger Mann im Hintergrund
       wird der bekannte Insolvenzverwalter und Unternehmenssanierer Arndt Geiwitz
       aus Neu-Ulm gesehen, der noch von Benko selbst geholt worden war, um bei
       Signa Ordnung zu schaffen. Berichte, dass Benko sein Stimmrecht an Geiwitz
       übertragen habe, bestätigt der Sanierer auf Anfrage nicht.
       
       3 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://orf.at/stories/3338615/
 (DIR) [2] /Spekulation-mit-Immobilien/!5925353
 (DIR) [3] /Super-Hochhausprojekt-in-Hamburg/!5969181
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patrick Guyton
       
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