# taz.de -- OB-Wahl in Nordhausen: Wie es anders geht
       
       > Nordhausen zeigt: Wenn der Teufel nicht an die Wand gemalt und auf
       > Wählerbeschimpfung verzichtet wird, kann die AfD gestoppt werden.
       
 (IMG) Bild: Klarer Sieger in Nordhausen: Amtsinhaber Kai Buchmann
       
       Die knapp zehn Stimmenprozente, die Amtsinhaber Kai Buchmann bei der
       Nordhäuser Oberbürgermeister-Stichwahl [1][vor dem AfD-Konkurrenten Jörg
       Prophet lag], sind ein wichtiges Zeichen. Denn in diesem Jahr scheinen die
       Republik und die sie beobachtenden Medien alle ein bisschen verliebt in die
       Apokalypse, nur auf den nächsten Erfolg [2][der Partei der falschen
       Propheten] zu warten.
       
       Es ist aber gerade kein Naturgesetz, dass die Partei, deren einziges
       Alternativangebot im Gestern besteht, einen „Marsch durch die
       Institutionen“ antritt. Einen Schlüsselposten nach dem anderen schienen
       jetzt die Blaubraunen zu erobern, zuletzt Robert Sesselmann den des
       Landrats im südthüringischen Sonneberg. Der Bürgermeister im
       sachsen-anhaltischen Raguhn-Jeßnitz folgte. Bis man sich dereinst an die
       Normalität von AfD-Amtsinhabern gewöhnt haben würde?
       
       Es geht auch anders, [3][zeigt Nordhausen]. Selbst dann, wenn der AfD-Mann
       nach dem ersten OB-Wahlgang mit 42,1 Prozent als uneinholbarer Favorit
       galt. Überdies hatte der SPD-Landrat Amtsinhaber Buchmann zuvor wegen
       Mobbingvorwürfen suspendiert; erst im August wurde er gerichtlich
       rehabilitiert.
       
       In Nordhausen haben die Nichtrechten etwas besser gemacht als die
       Sonneberger. Es hat sich ausgezahlt, nicht zu einer Wähler-Einheitsfront
       „Alle gegen die AfD“ aufzurufen, nicht den Teufel an die Wand zu malen.
       Schlimme Prophezeiungen, deren Erfüllung man indirekt und insgeheim
       voraussetzt, nutzen einem „Prophet“ nur. Es gab mit Ausnahme der Grünen nur
       Aufrufe zu möglichst breiter Wahlbeteiligung, denen immerhin 59,3 Prozent
       folgten. Ein guter Wert für eine Kommunalwahl.
       
       ## Emotionen bremsen
       
       Man habe an die Mündigkeit und Reife der Nordhäuser appelliert, sagt der
       bis 2017 für die CDU amtierende Oberbürgermeister Klaus Zeh. „Mobilisiere
       nicht deine Gegner und beschimpfe nicht die Wähler“, habe stets für seine
       Wahlkämpfe gegolten. Das könnte als Rezept für anstehende weitere
       Kommunalwahlen bedacht werden. Wofür freilich Emotionen gebremst werden
       müssten, die speziell gegenüber der in Thüringen als [4][rechtsextrem
       eingestuften Höcke-AfD] verständlicherweise hochkochen.
       
       Das hieße auch, auf die Urteilsfähigkeit der Wählerinnen und Wähler in
       Sachfragen zu vertrauen. Es sind die globalen Ängste und der Frust
       gegenüber der „großen Politik“, die der AfD Stimmen zutreiben. In
       Kommunalvertretungen haben AfD-Leute in der Regel nichts zu bieten, glänzen
       durch Inkompetenz, gar Abwesenheit, halten dann aber populistische
       Fensterreden.
       
       In Nordhausen überwiegt nun Erleichterung. Speziell in der KZ-Gedenkstätte
       Mittelbau-Dora, wo man die Erinnerungskultur schon bedroht sah. Eine
       vorübergehende Erleichterung, denn Nordhausen bietet auch ein weiteres
       Indiz dafür, dass die Gesellschaft ungefähr hälftig gespalten bleibt. Und
       im sachsen-anhaltischen Bitterfeld-Wolfen geht am 8. Oktober ebenfalls der
       AfD-Kandidat als Favorit in die Oberbürgermeister-Stichwahl.
       
       25 Sep 2023
       
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