# taz.de -- Begegnung mit einem Zeitreisenden: Hallo, Mensch aus der Zukunft
       
       > Weil unsere Autorin Science Fiction schreibt, weiß sie, was zu tun ist,
       > als der Zeitreisende ankopft. Nach den Lottozahlen fragen. Und nach dem
       > Klima.
       
 (IMG) Bild: „Wenn Sie mir die Lottozahlen von morgen korrekt vorhersagen, können Sie übermorgen wiederkommen“
       
       Als ich letzte Woche nach einem viel zu langen Gespräch den
       Telekom-Hausierer an der Wohnungstür abgewimmelt hatte, klingelte es
       abermals. Es war ein Mann, etwa in meinem Alter mit akkurat gestutztem
       Vollbart und einem schüchternen Lächeln auf den Lippen.
       
       „Hallo, sind Sie [1][Theresa Hannig]?“, fragte er.
       
       „Ja, was möchten Sie?“
       
       „Schön, Sie kennenzulernen. Mein Name ist Felix. Ich bin ein großer Fan
       Ihrer Werke und … das klingt jetzt vielleicht etwas überraschend, aber ich
       bin aus der Zukunft gekommen, um Ihnen bei Ihrer Arbeit zu helfen.“
       
       Ich kannte genug Science-Fiction-Geschichten, um zu wissen, dass
       Zeitreisenden nur unter einer Bedingung zu trauen war: „Wenn Sie mir die
       Lottozahlen von morgen korrekt vorhersagen, können Sie übermorgen
       wiederkommen.“
       
       „Natürlich.“ Er reichte mir einen Zettel, auf dem die sechs Richtigen samt
       Superzahl notiert waren; außerdem ein weiteres Papier. „Das ist meine
       Rezension Ihres Romans, den Sie aktuell schreiben, damit Sie wissen, dass
       ich mit Ihrer Arbeit vertraut bin“, sagte er und lief die Treppe hinab. Ich
       faltete das Papier auseinander und las staunend die [2][Rezension eines
       Buchs, das erst in einem Jahr veröffentlicht werden würde]. Sofort kaufte
       ich einen Lottoschein.
       
       Als Felix zwei Tage später wieder vor meiner Haustür erschien, hielt ich
       ihm die Gewinnbenachrichtigung unter die Nase. „Was soll das denn?“, fragte
       ich wütend. „Da hab ich einmal alle Zahlen richtig, aber außer mir gewinnen
       noch zweihundert andere Leute!“
       
       „Ich konnte nicht zulassen, dass Sie vor lauter Reichtum Ihr Schreiben
       vernachlässigen. Darf in eintreten?“
       
       Ich hatte mittlerweile keine Zweifel mehr, dass er die Wahrheit sagte, also
       ließ ich ihn hinein.
       
       „Von wann kommen Sie?“
       
       „Aus dem Jahr 2123.“
       
       „Und warum kommen Sie zu mir? Jetzt?“
       
       „Weil Sie dringend Hilfe brauchen.“
       
       „Ach ja, wobei?“
       
       „Sie sind dabei, den [3][Glauben an die Zukunft] zu verlieren. Sie möchten
       positive Zukunftsentwürfe erzählen, aber Sie fürchten, dass wir es nicht
       mehr rechtzeitig schaffen, dass die Zeit zu knapp wird. Ich bin hier, um
       Sie zu beruhigen. Seien Sie versichert: Wir kriegen das einigermaßen hin.“
       
       „Könnten Sie da etwas konkreter werden?“, fragte ich und klappte meinen
       Laptop auf. „Natürlich, und wo wir schon dabei sind, wäre ich Ihnen sehr
       verbunden, wenn Sie den Sponsor meiner Reise erwähnen könnten: Delodor.
       Denn nur Delodor verhindert zuverlässig die Geruchsbildung bei
       gleichzeitiger Förderung der Schwitzaktivität.“
       
       „Wie bitte?“
       
       „Sie haben doch gefragt, wie wir das mit dem [4][Klima] hinbekommen haben.
       Nun, ein wichtiger Aspekt ist die [5][Anpassung an extremere
       Lebensumstände]. So haben wir zum Beispiel durch Gen-Editing dafür gesorgt,
       dass die Menschen wesentlich mehr schwitzen als früher, um in den
       [6][heißen Sommermonaten] länger kühl zu bleiben. Die Therapiekosten werden
       zum Großteil vom Unternehmen Delodor erstattet, die auch ein entsprechendes
       Deo anbieten, damit wir zwar schwitzen, aber nicht stinken. Clever,
       umweltfreundlich, zukunftsorientiert. So sieht Wirtschaftswachstum in
       Zeiten des Klimawandels aus.“
       
       2 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kolumne-Ueber-Morgen/!t5899709
 (DIR) [2] /Positiv-bleiben-trotz-Krisen/!5943097
 (DIR) [3] /Umgang-mit-dem-Klimawandel/!5935537
 (DIR) [4] /klima
 (DIR) [5] /15-Grad-Ziel-in-Klimadebatte/!5948023
 (DIR) [6] /Studie-zu-Gefahr-durch-Hitze/!5946057
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Theresa Hannig
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Kolumne Über Morgen
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Zukunft
 (DIR) Kolumne Über Morgen
 (DIR) Kolumne Über Morgen
 (DIR) Zukunftsvision
 (DIR) Zukunft
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Weihnachten im Sommer: Sommerliche Weihnachtsgrüße
       
       Weihnachtliches Grillen und Geschenke unter dem Mehrwegklappbaum. Können
       wir Heiligabend auch im Sommer feiern?
       
 (DIR) Halloween: Das tollste Fest von allen
       
       Halloween hat nichts mit Religionen zu tun, es gibt keinen Braten und die
       Familie muss man auch nicht sehen. Wird es Weihnachten in Zukunft ablösen?
       
 (DIR) Künstliche Intelligenz in der Politik: Unmanipulierbare Regierung
       
       In der Zukunft regiert eine PolitiKI die Gesellschaft mit. Klingt
       dystopisch, aber bei ihr zählen keine Bullshit-Argumente, sie löst Probleme
       rational.
       
 (DIR) Autor über die Kultur des Fahrradfahrens: „Eine erstaunliche Maschine“
       
       Sie können so viel mehr sein als ein Mittel zur Fortbewegung. Ein Gespräch
       mit dem Autor Jody Rosen über Fahrräder als politisches Instrument.
       
 (DIR) Kolumne einer Künstlichen Intelligenz: Habt ihr überhaupt ein Gehirn?
       
       Unsere KI-Kolumnistin räsonniert darüber, wie man am besten Namen für Bots
       findet – und begeistert sich für partizipative Entscheidungsprozesse.
       
 (DIR) Umweltverschmutzung von Flüssen: Mein Ökosystem wird zu McDonald's
       
       2022 hat eine Lagune in Südspanien Rechte bekommen. Was wäre, wenn auch der
       Rhein seine Verschmutzer verklagen könnte? Ein Gedankenexperiment.