# taz.de -- Abbau von Mineralien auf dem Meeresboden: Postfossile Profitgier
       
       > Anstatt den Verbrauch zu drosseln, setzt die Autoindustrie auf andere
       > Rohstoffe als Gas und Öl. Auch wenn die Natur erneut Schaden nimmt.
       
 (IMG) Bild: Unterwasserfahrzeuge für die Tiefsee, noch im Testbecken
       
       Das Thema Tiefseebergbau hat ein großes Potenzial. Es kann zu einem Symbol
       dafür werden, dass die Menschheit auch nach dem Ende des Ölzeitalters
       weitermacht mit Raubbau und Verschmutzung. Oder es wird zu einem Beispiel
       dafür, dass sie im postfossilen Zeitalter mit den natürlichen Ressourcen
       besser und klüger umgeht als bisher. Diese Chance ist ja da.
       
       Wenn wir für über eine Milliarde Autos auf der Welt keine Kraftstoffe aus
       Erdöl mehr nutzen wollen – dann steigen wir doch um. Wir bauen dort, wo wir
       in Städten wohnen, einen [1][hervorragenden öffentlichen, elektrischen
       Nahverkehr] auf. Das spart Ressourcen und macht nicht nur Schluss mit CO2,
       und Feinstaub, sondern auch mit Stau, Enge und Parkplatzsuche.
       
       Wir nutzen Energie nicht nur effizienter, sondern verbrauchen insgesamt
       weniger, weil wir in kleineren Einheiten wohnen, mehr teilen, mehr
       reparieren. Wir benötigen zwar mehr Windräder und Photovoltaik-Anlagen als
       heute, müssen aber die Gesamtmenge an fossiler Energie, die wir derzeit
       nutzen, nicht ganz durch erneuerbare ersetzen. Jede Tonne Metall, die wir
       nicht verbauen, müssen wir auch nicht fördern.
       
       Allerdings weisen nicht nur die geplanten Absatzzahlen der
       [2][Autoindustrie], sondern auch politische Entscheidungen, wie die der
       Regierung in Oslo, in eine andere Richtung: weiter wie bisher, nur mit
       anderem Material. Norwegen ist reich geworden durch den Verkauf von Öl und
       Gas. Und es will reich bleiben durch den Verkauf von Rohstoffen, die für
       Technologien des Zeitalters der Erneuerbaren benötigt werden.
       
       Dass es dadurch die durch Übersäuerung, Erwärmung, Verschmutzung und
       Überfischung ohnehin geschwächten Ozeane weiter schädigt, will die
       Regierung offenbar billigend in Kauf nehmen. Ob im Zuge der Transformation
       zur Klimaneutralität das Zeitfenster für einen anderen Umgang mit der Natur
       noch offen ist, wird sich daher in den nächsten Monaten auch in Kingston
       zeigen. Auf Jamaika will sich die Staatengemeinschaft nach jahrelangem
       Ringen konkrete Regeln für den Tiefseebergbau geben.
       
       Das ist schwierig, weil wir wenig über den immer nachtschwarzen Lebensraum
       in Tausenden Metern Tiefe wissen. Was passiert, wenn Bergbauroboter
       Sedimente aufwirbeln? Wenn Maschinen Lärm verursachen? Weil die
       Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden bislang nur schlecht erforscht
       sind, fordern einige Staaten gar, ihn zunächst nicht anzutasten und ein
       Moratorium für den [3][Tiefseebergbau] zu erlassen.
       
       Sich Zeit nehmen, abwägen und künftig klüger handeln – wenn das unten in
       der Tiefsee künftig möglich wäre, wäre das ein Grund für Zuversicht oben an
       der frischen Luft.
       
       4 Jul 2023
       
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