# taz.de -- Irland plant Gesetzesänderung: Maulkorb bei Datenschutz-Verstößen
       
       > Die irische Datenschutz-Aufsichtsbehörde soll Verfahren als „vertraulich“
       > einstufen dürfen. Das würde auch Fälle gegen Big-Tech-Konzerne betreffen.
       
 (IMG) Bild: Die Firmenzentrale von Google in Dublin, Republik Irland
       
       Berlin taz | Informationen über Datenschutzverstöße großer Tech-Unternehmen
       könnten künftig deutlich seltener an die Öffentlichkeit gelangen. Der
       Grund: Die irische Regierung will das Informieren und Berichterstatten über
       Verstöße, die bei der dortigen Datenschutzaufsichtsbehörde geführt werden,
       stark erschweren. Die [1][Änderung eines bestehenden Gesetzes] soll es der
       Behörde ermöglichen, Verfahren als vertraulich zu erklären. Ein Verstoß
       gegen diese Vertraulichkeit, darunter bereits die Weitergabe von
       Informationen, soll künftig strafbar sein.
       
       „Das öffentliche Sprechen über haarsträubende Behauptungen von Big Tech
       oder unfaire Verfahren, die oft Millionen von Nutzer:innen betreffen,
       wäre dann ebenfalls ein Verbrechen“, kritisiert die österreichische
       Bürgerrechtsorganisation noyb die Pläne. Die irische Regierung ließ eine
       Anfrage der taz zu dem Gesetzgebungsverfahren unbeantwortet.
       
       Das Vorhaben ist deshalb relevant, weil Irland für Datenschutzverfahren
       gegen die maßgeblichen Big-Tech-Unternehmen wie Microsoft, Google, Apple
       sowie Meta, zu dem die Plattformen Facebook, Whatsapp und Instagram
       gehören, zuständig ist. Denn die europäische Datenschutz-Grundverordnung
       sieht vor, dass die Verfahren am Sitz der EU-Hauptniederlassung eines
       Unternehmens geführt werden. Und weil die irische Datenschutzaufsicht sich
       in der Vergangenheit als wenig ambitioniert in der Verfolgung von
       Beschwerden und der Festsetzung von Strafen gezeigt hat, ist ein dortiger
       Unternehmenssitz in der Regel klar strategisch gewählt.
       
       [2][Dass die irische Datenschutzaufsicht kürzlich ein Bußgeld von 1,2
       Milliarden Euro gegen den Facebook-Mutterkonzern verhängte], geschah
       dementsprechend nicht freiwillig: Der Europäische Datenschutzausschuss
       hatte die irische Behörde zum Verhängen einer Strafe gezwungen. Irland
       blieb dann auch am unteren Ende des vom Ausschuss vorgegebenen
       Bußgeldrahmens.
       
       Verfahrensbeteiligte berichten, dass Tech-Konzerne schon in der
       Vergangenheit immer wieder versucht hätten, Dokumente selbst als
       vertraulich einzustufen und auf diesem Weg eine Weitergabe oder
       Veröffentlichung zu verhindern. Von einer Verabschiedung des
       Gesetzesvorhabens würden daher sowohl die Konzerne als auch die
       Aufsichtsbehörde profitieren, da der öffentliche Druck stark abnehmen
       dürfte.
       
       „Man kann eine Behörde oder große Technologieunternehmen nur kritisieren,
       wenn man sagen darf, was in einem Verfahren vor sich geht“, kritisiert
       noyb-Gründer Max Schrems die Pläne. Informationen als vertraulich zu
       deklarieren sei ein Versuch, die Berichterstattung und den öffentlichen
       Diskurs zu behindern. „Anstatt auf berechtigte Kritik zu reagieren,
       versucht man nun, sie zu kriminalisieren“, ärgert sich Schrems. Es sei
       „unglaublich, dass so etwas in einem europäischen Land passiert“.
       
       Tatsächlich dürften die Pläne europarechtswidrig sein, weil sie unter
       anderem die Pressefreiheit und auch die Rechte derer, die an einem
       Verfahren beteiligt sind, stark einschränken. Dennoch ließen sich die neuen
       irischen Regeln, wenn sie erst einmal beschlossen sind, nicht ohne Weiteres
       wieder kippen. Eine Möglichkeit wäre, dass ein Akteur gegen die
       Restriktionen verstößt und das Gericht den Fall in dem darauffolgenden
       Strafverfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegt.
       
       Eine andere Möglichkeit wäre ein Vertragsverletzungsverfahren der
       EU-Kommission. Auf Anfrage wollte diese die Dubliner Pläne und deren
       Europarechtskonformität nicht kommentieren. Bislang ließ die EU-Kommission
       Irland bei der kreativen Verfahrensführung seiner
       Datenschutzaufsichtsbehörde allerdings gewähren.
       
       Den Senat, quasi das Oberhaus des irischen Parlaments, haben die Pläne in
       der vergangenen Woche passiert. Auf der Tagesordnung des Unterhauses steht
       das Vorhaben bereits für den Mittwochabend dieser Woche.
       
       26 Jun 2023
       
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 (DIR) [1] https://www.oireachtas.ie/en/debates/debate/seanad/2023-06-21/11/#spk_90
 (DIR) [2] /Nach-Verstoessen-gegen-EU-Datenschutz/!5933272
       
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