# taz.de -- Angriff auf Belgorod in Russland: Auf Klaviatur des Kremls spielen
       
       > Nach dem Angriff auf Belgorod erhitzt sich die Debatte um
       > Waffenlieferungen an die Ukraine. Viele Fragen sind offen, aber wer das
       > Opfer ist, ist klar.
       
 (IMG) Bild: Russische Schüler bei Militärübung in Belgorod (von russischer Staatsagentur verbreitetes Foto)
       
       Mehr vom Gleichen? Mitnichten. In dieser Woche bestimmte Russlands Krieg
       gegen die Ukraine, der seit 15 Monaten andauert, wieder einmal die
       Schlagzeilen. Mit Angriffen zweier dubioser paramilitärischer Gruppen, der
       russischen Freiwilligenlegion „Freiheit für Russland“ und des
       [1][russischen Freiwilligenkorps RDK], auf die südrussische Region Belgorod
       an der Grenze zur Ukraine scheint eine neue Eskalationsstufe erreicht zu
       sein.
       
       Doch anstatt sich mangels nicht zu überprüfender „Fakten“ bei der Bewertung
       in vornehmer Zurückhaltung zu üben, haben einige Spezialisten sofort eine
       Analyse zur Hand: Hinter dieser Aktion könne ja nur die ukrainische Führung
       stecken. Kyjiw wolle nicht nur die Kontrolle über seine von Moskau
       völkerrechtswidrig annektierten und besetzten Gebiete wiedererlangen,
       [2][sondern trage den Krieg jetzt auch noch nach Russland hinein].
       
       An dieser Stelle sei daran erinnert, wer in diesem barbarischen Feldzug,
       der große Teile der Ukraine verheert und Tausende Tote gefordert hat, der
       Angreifer ist und wer der Angegriffene. Und an Artikel 51 der UN-Charta,
       der das Recht auf Selbstverteidigung festschreibt.
       
       Jede*r, der oder die wider besseres Wissen im Fall Belgorods etwas anderes
       behauptet, spielt auf der Klaviatur des Kremls und damit auch all
       denjenigen in die Hände, die den Westen spalten wollen, [3][jegliche
       Waffenlieferungen] am liebsten schon gestern eingestellt hätten und bereit
       wären, die Ukraine zu opfern. Genau dies aber ist keine Option, ja es darf
       keine sein.
       
       ## Putin wird reagieren müssen
       
       Die Gefechte in Belgorod, vielleicht der Auftakt zu weiteren Vorstößen in
       Richtung anderer russischer Grenzregionen, werfen viele Fragen auf, die
       derzeit unbeantwortet sind. Jedoch könnten diese Kampfhandlungen das
       weitere Kriegsgeschehen erheblich beeinflussen. Ein partieller Rückzug der
       Streitkräfte aus der Ukraine, um die eigenen Grenzen schützen zu können?
       
       Klar ist: Wladimir Putin und seine Entourage werden reagieren müssen, die
       Erklärungsnot gegenüber der eigenen Bevölkerung wächst. Dass die Nerven
       blank liegen, zeigt auch das Hysterischwerden des offiziellen Diskurses,
       nur ein Indiz unter vielen.
       
       Aber auch die ukrainische Führung steht unter Druck. Sie muss liefern,
       nicht nur im Hinblick auf die immer kriegsmüder werdenden Ukrainer*innen,
       sondern auch auf ihre westlichen Verbündeten. Doch selbst wenn die
       Gegenoffensive, wie viele Expert*innen annehmen, für die Ukraine nicht
       die erhoffte Wende bringt – zu der Ankündigung von Nato-Generalsekretär
       Jens Stoltenberg und anderen westlichen Politiker*innen: „For as long
       as it takes“, gibt es keine Alternative. Das bedeutet jedoch keine Carte
       blanche für die Führung in Kyjiw. Denn das wäre falsch verstandene
       Solidarität.
       
       27 May 2023
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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