# taz.de -- Razzien gegen Letzte Generation: Klimaproteste gehen weiter
       
       > Berlins Linkspartei kritisiert die Durchsuchungen scharf. Aktuelle Zahlen
       > zeigen: Selbstjustiz gegen Blockierende wird kaum geahndet.
       
 (IMG) Bild: Aimee van Baalen, Sprecherin der Letzten Generation, auf der Pressekonferenz am Mittwoch
       
       Berlin taz | Sichtlich geschockt und wütend haben Klimaaktivist*innen
       der Letzten Generation auf [1][die Hausdurchsuchungen auch in Berlin
       reagiert]. „Die Razzia bedeutet nicht, dass der Widerstand endet“, erklärte
       Sprecherin Aimée van Baalen am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in
       Moabit. Sie rief alle Unterstützer*innen für den kommenden Mittwoch zu
       Protestmärschen in großen deutschen Städten auf. Bereits an diesem
       Mittwochabend sollte in Berlin eine Demonstration stattfinden.
       
       Mit einer großangelegten Razzia waren Polizei und Staatsanwaltschaft am
       Mittwochmorgen gegen die Klimaschutzgruppe vorgegangen, die in den letzten
       Wochen vor allem in Berlin Straßen blockiert hatten. Rund 170 Beamte
       durchsuchten ab dem frühen Morgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben
       Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische
       Landeskriminalamt mitteilten. [2][Der Tatvorwurf lautet auf Bildung
       beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.] Festnahmen
       gab es nicht.
       
       In Berlin wurde die Wohnung von Sprecherin Carla Hinrichs durchsucht. „Mit
       gezogener Waffe stürmten die Beamt*innen in Carlas Zimmer, in dem sie
       noch im Bett lag“, beklagte die Gruppe. Das Bayerische Landeskriminalamt
       bestätigte lediglich, dass eine Einheit der Berliner Polizei die Wohnung
       betreten habe.
       
       In Berlin stieß das Vorgehen der bayerischen Behörden auf harsche Kritik.
       Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nannte den
       Einsatz „krass“ und sprach von „verschobenen Maßstäben“. Der Paragraf 129,
       auf dessen Grundlage die Razzien stattfanden, sei für schwere Bedrohungen
       der Sicherheit vorgesehen.
       
       Laut Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion,
       haben Grüne und Linke im am Mittwochnachmittag tagenden Rechtsausschuss
       versucht, die Vorfälle auf die Tagesordnung zu setzen, um eine
       Stellungnahme von Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) zu
       erhalten. Die Regierungsparteien CDU und SPD hätten das jedoch abgelehnt,
       so Schlüsselburg auf Twitter.
       
       Dabei gäbe auch das Verhalten der Berliner Sicherheitsbehörden Anlass für
       Nachfragen, etwa was das Vorgehen gegen jene Personen angeht, die
       Blockierer*innen tätlich angreifen oder beleidigen. Zuletzt wurden
       vermehrt Vorfälle vor allem in sozialen Medien publik, wobei offenbar von
       den Protesten genervte Autofahrer die Protestierenden schlugen, traten und
       versuchten, sie ruppig von der Straße zu ziehen.
       
       ## Selbstjustiz: Viele Verfahren eingestellt
       
       In der Folge wurden zwischen Januar 2022 und April 2023 insgesamt 33
       Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung eingeleitet,
       wie die Innenverwaltung in der noch unveröffentlichten Antwort auf eine
       kleine Anfrage von Schrader und Ferat Kocak mitteilt. Wegen anderer
       Vorwürfe gab es in der gleichen Zeit etwa noch einmal so viele
       Ermittlungsverfahren. Abgeschlossen wurden von allen bisher allerdings erst
       17 – wobei die Hälfte ohne Strafe eingestellt wurde.
       
       „Die Zahlen zeigen eine deutliche Schieflage beim Verfolgungseifer der
       Sicherheitsbehörden“, kritisiert Schrader. Überraschend käme das jedoch
       nicht. Der Linkenpolitiker macht dafür auch Äußerungen von
       SPD-Innensenatorin Iris Spranger verantwortlich. Sie hatte im April in der
       RBB-„Abendschau“ erklärt, dass Selbstjustiz gegen die
       Klimaaktivist*innen „leider dann eben auch zur Rechenschaft gezogen
       werden“ müsse. Das Wort „leider“ hatte für viel Aufsehen gesorgt. In der
       Antwort auf die Linken-Anfrage teilt die Innenverwaltung nun mit, Spranger
       verurteile „jede Art von Gewalt“.
       
       Die Gruppe will ihre Aktionen ungeachtet der Razzien fortsetzen. „Wir haben
       Berlin zum Innehalten gebracht, den Tod bringenden Alltag unterbrochen“,
       erklärte Marion Fabian, ebenfalls Sprecherin der Letzten Generation, auf
       der Pressekonferenz am Mittwoch. Lediglich in der Mitte des Sommers will
       die Gruppe vom 15. Juli bis 6. August ihre Blockaden unterbrechen. Zuvor
       soll es ab dem 5. Juni eine „Kampagne Superreiche“ geben.
       
       24 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Razzia-gegen-Letzte-Generation/!5936687
 (DIR) [2] /Strafverteidiger-ueber-Letzte-Generation/!5936702
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Letzte Generation
 (DIR) Paragraf 129
 (DIR) Razzia
 (DIR) Schwerpunkt Fridays For Future
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Letzte Generation
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Letzte Generation
 (DIR) IG
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Olaf Scholz
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Klimastreik von Fridays for Future: Schnellerer Ausstieg gefordert
       
       In ganz Deutschland protestierten am Freitag tausende Menschen für
       Klimaschutz. Sie forderten ein früheres Kohleende und den Stopp fossiler
       Investitionen.
       
 (DIR) Klimacamp Oldenburg erwägt Absage: Streit um den passenden Ort
       
       Zehn Tage lang will die Gruppe vom Klimacamp Oldenburg Bildungsarbeit
       leisten. Doch noch sie streitet mit der Stadt um einen Ort, der sicher ist.
       
 (DIR) Berliner Justiz gegen Letzte Generation: Im Schnellverfahren
       
       Klimaaktivisten sollen nun im beschleunigten Verfahren abgeurteilt werden.
       Dabei ist die Sachlage kompliziert. Kritiker befürchten „Sonderjustiz“.
       
 (DIR) Klimaprotest von Letzte Generation: Tanz um die goldene Radkappe
       
       43 Millionen Privat-PKW sind in Deutschland zugelassen, der
       Individualverkehr hat Fetischcharakter angenommen. Das Auto ist der Elefant
       im Raum der Klimawende.
       
 (DIR) Razzien bei Klimaaktivisten: Bayern wirbt Letzte Generation ab
       
       Nach den Durchsuchungen bei der Letzten Generation ist es mit dem Fokus auf
       Berlin erst mal vorbei. Schwerpunkt wird jetzt Bayern.
       
 (DIR) Strafverteidiger über Letzte Generation: „Geht um Stigma des ‚Kriminellen‘“
       
       Rechtsanwalt Lukas Theune hält die Razzien für politisch motiviert. Die
       Organisation stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
       
 (DIR) Echo auf Razzia gegen Letzte Generation: „Wann kommt Razzia bei Lindner?“
       
       Im Netz sind die Reaktionen auf die Durchsuchungen bei der Letzten
       Generationen geteilt. Viele solidarisieren sich mit der Gruppe, aber es
       gibt auch befürwortende Kommentare zu den Maßnahmen.
       
 (DIR) Scholz kritisiert Letzte Generation: Klimakanzler am Kipppunkt
       
       Der Kanzler findet die Aktionen der Letzten Generation „völlig bekloppt“.
       Die antwortet in klassischer Klimaaktivistinnenmanier: How dare you?
       
 (DIR) Letzte Generation in Berlin: Senat bringt Justiz in Stellung
       
       Schwarz-Rot will prüfen, ob die Letzte Generation eine "kriminelle
       Vereinigung" ist. Die Staatsanwaltschaft weist den Vorwurf zurück.