# taz.de -- Brandstiftungen in Neukölln: Rechter Hintergrund vermutet
       
       > Der Linke Ferat Kocak sieht bei neun Brandstiftungen im Bezirk seit 2019
       > Anhaltspunkte für eine rechte Tatmotivation. Der Polizei macht er
       > Vorwürfe.
       
 (IMG) Bild: Löscharbeiten nach einer Brandstiftung im Keller eines Hauses in der Hermannstraße im Februar 2020
       
       Berlin taz | Geht die rechte [1][Serie von vermeintlich rechtsextrem
       motivierten Brandstiftungen in Neukölln] weiter? Das zumindest vermutet der
       Linken-Abgeordnete [2][Ferat Kocak. Er war 2018 selbst Opfer einer
       Brandstiftung an dem vor seinem Haus abgestellten Auto geworden]. In drei
       schriftlichen Anfragen hat Kocak nun nach den Ermittlungsverfahren und
       -ergebnissen zu 19 Fällen von vermeintlichen Brandstiftungen an Häusern und
       Autos sowie zwei Fällen aufgesprühter Hakenkreuze im Bezirk zwischen
       Dezember 2019 und November 2022 gefragt.
       
       Nur in einem Fall, einem Angriff auf einen Wohnungslosen im Februar 2021 in
       Britz, dessen Zelt von drei unbekannten Jugendlichen angezündet wurde,
       hatten die Behörden ein Nebenverfahren zu Hasskriminalität aufgenommen.
       Inzwischen ist das Verfahren eingestellt, es konnten keine Tatverdächtigen
       ermittelt werden. In zwei weiteren Brandfällen im vergangenen Jahr schließt
       die Polizei ein politisches Tatmotiv zumindest nicht aus: beim Brand an
       einem Tiny Haus im November in der Nähe des S-Bahnhofs Neukölln und bei dem
       Brand im Innenhof einer Moschee in Nord-Neukölln im März. In beiden Fällen
       dauern die Ermittlungen an.
       
       Kocak hingegen spricht von neun Fällen, bei denen sich „ein rechter
       Hintergrund vermuten“ lasse. Dazu zählt er etwa der Brand in einem
       Mietshaus für Geflüchtete in Rudow im April 2021, bei dem das Feuer von vor
       dem Gebäude stehendem Sperrmüll auf das Haus übergriff. Ein rechtes
       Tatmotiv vermutet Kocak darüber hinaus etwa bei einer Brandstiftung an vier
       Autos im Mai 2022, in deren unmittelbarer Nähe SS-Runen an Wänden
       angebracht waren sowie beim Brand eines Kinderwagens in einem Mietshaus, an
       dessen verrußten Wänden bei den Renovierungsarbeiten eine
       Hakenkreuz-Schmierei entdeckt wurde. Ermittlungen aufgrund eines
       vermeintlichen politischen Hintergrundes führt die Polizei in all diesen
       Fällen nicht.
       
       „Ich habe viele der Orte der Brandstiftungen selbst besucht, dabei mit
       Betroffenen geredet und mir die Umgebung angeschaut, etwa nach
       Nazi-Stickern geguckt“, sagt Kocak zur taz. Dies tue er seitdem er selbst
       zum Opfer wurde. Kocak spricht von einem „mulmigen Gefühl“, die diese
       Bandstiftungen bei ihm auslösten, auch wenn es „keine ganz konkreten
       Anhaltspunkte“ für eine rechte Tatmotivation gebe. Er nennt es jedoch
       „fatal“ dass die Behörden in vielen der Fälle „nicht nach rechts ermitteln“
       und wirft der Polizei vor „sich nicht die Mühe zu machen“.
       
       ## Kontinuität rechter Taten
       
       „Vollkommen unverständlich“ sei es, dass selbst der Brand im Innenhof einer
       Moschee „nicht ausreiche, um offensiv in eine rechte Richtung zu
       ermitteln“, sagt Kocak. Es stelle sich erneut „die Frage, wie ernst die
       sogenannten Sicherheitsbehörden den Neukölln-Komplex und den anhaltenden
       Rechtsterror in Berlin nehmen.“ Vor allem zwischen 2012 und 2018 war es zu
       einer geballten Serie rechter Straftaten im Bezirk gekommen, allein
       zwischen 2016 und 2018 wurden 70 Straftaten, davon 23 Brandstiftungen
       verzeichnet. Zwei mutmaßliche Haupttäter wurden zuletzt jedoch von den
       Vorwürfen zweier Autobrandstiftungen freigesprochen – darunter jene bei
       Kocak, Verurteilt wurden sie nur wegen Propagandadelikten.
       
       Die rechten Straftaten im Bezirk gehen dagegen weiter: Allein im März
       wurden drei [3][Schulen in Südneukölln mit Hakenkreuzen und rassistischen
       Schimpfwörtern beschmiert], bereits zum vierten Mal wurde das Denkmal für
       den 2012 auf offener Straße erschossenen Burak Bektaş geschändet. Bei dem
       Mord an Bektaş steht ebenfalls ein rechtes Tatmotiv im Raum. Auch im Jahr
       zuvor war es [4][wiederholt zu Brandstiftungen gekommen], die der rechten
       Anschlagsserie entsprechen.
       
       18 Apr 2023
       
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