# taz.de -- Aktivist über Bettelverbote in Hamburg: „Durch die Stadt gescheucht“
       
       > Mit einer Demo will eine Initiative will auf die Situation obdachloser
       > Menschen hinweisen. Die Ignoranz in Politik und Gesellschaft sei groß.
       
 (IMG) Bild: In Hamburg nun nicht mehr gern gesehen: Bettler:innen in der Innenstadt
       
       taz: Samuel, die Initiative „Solidarische Straße“, die zur Solidarität mit
       Obdachlosen zu einer Demonstration am Samstag in Hamburg aufruft, hat sich
       vor zwei Wochen erst gegründet, warum? 
       
       Samuel: Die Polizei scheucht momentan die Obdachlosen durch die Stadt und
       hindert sie am betteln. Betroffene Personen haben uns angesprochen: „Die
       Polizei war gerade bei mir und hat gesagt ich darf nicht mehr betteln!“
       Unter den Betroffenen ist eine große Verunsicherung. Dadurch wird auch die
       Arbeit der Straßensozialarbeit verhindert.
       Straßensozialarbeiter*innen sind häufig die einzigen Menschen, die
       den Leuten Unterstützung anbieten. Das wird dadurch abgebrochen. Die
       Polizei [1][torpediert die Arbeit des Hilfesystems.] Das hat eine Wut in
       uns erzeugt.
       
       Wer ist „wir“? 
       
       Wir sind eine bunt besetzte Initiative. Einige von uns arbeiten auch
       beruflich mit Menschen, die von Obdach- und Wohnungslosigkeit betroffen
       sind. Wir sind viel im Austausch mit den betroffenen Personen. Andere haben
       aber auch ganz andere Berufe. Wir haben auch Kontakte zu diversen anderen
       Hamburger Einrichtungen: GoBanyo, Ragazza und Straßensozialarbeiter.
       
       Was fordern Sie von der Politik? 
       
       Unsere Forderungen sind zweigeteilt. Zum einen haben wir ganz konkrete
       Forderungen an den Senat und die Polizei: Wir möchten, dass die
       [2][Vertreibung und Ausgrenzung], die gerade stattfindet, gestoppt wird.
       Wir fordern, dass die Betroffenen betteln dürfen und Zugang zu
       Sozialleistungen bekommen. Außerdem ist mehr Wohnraum eine ganz zentrale
       Forderung. Die Stadt hat sich zum Ziel gemacht, Obdachlosigkeit bis 2030 zu
       beenden. Unserer Wahrnehmung nach geschieht da zu wenig.
       
       Was ist der zweite Pfad Ihrer Forderungen? 
       
       Uns ist es wichtig, dass wir uns nicht nur an die Politik richten. Wir
       fordern die Menschen auf, die hier in der Stadt leben, sich mit
       Obdachlosigkeit auseinanderzusetzen. Wir erleben es oft genug, dass
       Menschen nicht mit Armut in Kontakt treten möchten und einfach wegschauen.
       Es gibt eine große Ignoranz diesem Thema gegenüber. Das Betteln ist für das
       Shopping-Erlebnis einfach nicht so gut.
       
       Der Senat spricht in seiner Antwort an eine Anfrage der Linken von
       „negativen Auswirkungen der Obdachlosigkeit“. Können Sie das
       nachvollziehen? 
       
       Nein, können wir nicht. Die negativen Auswirkungen haben ja wohl vor allem
       die von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen zu tragen. Es werden die
       Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen gegeneinander ausgespielt.
       Das ganz große Problem bei der Argumentation des Senats ist, dass
       „obdachlos“ einfach als Label für Menschen mit ganz vielen
       unterschiedlichen Bedürfnissen verwendet wird. Dabei ist das Thema sehr
       vielschichtig: Obdachlosigkeit, eine verfehlte und [3][auf Repression
       ausgelegte Drogenpolitik] oder der unmenschliche Umgang mit obdachlosen
       Menschen aus osteuropäischen Ländern – alles wird hier in einen Hut
       geworfen. Weiterhin wird dabei vernachlässigt, dass es für die obdachlosen
       Personen existentiell ist, sich im innerstädtischen Bereich aufzuhalten und
       sich die Vertreibung auf somit negativ auf ihr Lebenswelt auswirkt.
       
       Die Demonstration ist die erste Veranstaltung von Solidarische Straße. Wie
       geht es weiter? 
       
       Mit der Demonstration wollen wir erst mal Solidarität mit den Betroffenen
       zeigen. Danach schauen wir Mal wie es weiter geht. Bedarf gibt es auf jeden
       Fall.
       
       14 Apr 2023
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mona Rouhandeh
       
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