# taz.de -- Einigung über Elbschlick: Ablass für Flussvertiefung
       
       > Hamburg und Kiel einigen sich bei Schlickverklappung. Sediment aus dem
       > Hamburger Hafen darf weiter bei Helgoland versenkt werden. Hamburg zahlt
       > mehr.
       
 (IMG) Bild: Des einen Freud, des andern Leid: Elbschlick
       
       Hamburg taz | Aufatmen bei der Hamburger Hafenwirtschaft: Sedimente aus dem
       Hamburger Hafen dürfen auch in den kommenden zehn Jahren in der Nordsee
       versenkt werden. Auf ein entsprechendes Eckpunktepapier hat sich der
       Hamburger Senat mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung geeinigt.
       
       Hamburg darf demnach mehr Baggergut verklappen als bisher, muss dafür aber
       auch mehr bezahlen. Auf eine entsprechende Erlaubnis hatten sich die drei
       Anrainerländer der Unterelbe mit dem Bund bereits im Dezember im Grundsatz
       verständigt.
       
       Mit der Einigung endet ein Streit zwischen Nachbarn, der Hamburg zunehmend
       in die Bredouille gebracht hat, weil der Stadtstaat nicht mehr wusste,
       [1][wohin mit dem Schlick und Sand aus seinem Hafen]. Das Sedimentaufkommen
       hat im Zuge der jüngsten Elbvertiefung Rekordwerte erreicht, so dass die
       Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) mit dem Baggern nicht
       hinterherkommt.
       
       Sie sieht sich deshalb außerstande, die mit der Elbanpassung versprochenen
       Fahrtiefen zu gewährleisten. Die Lotsenbrüderschaft kritisierte,
       400-Meter-Schiffe müssten „Slalom“ um die Untiefen fahren.
       
       ## Keine Verklappung vorm Nationalpark
       
       Vom Tisch ist mit dem Eckpunktepapier die Hamburger Ankündigung, den
       Schlick zur Not [2][vor der Vogelinsel Scharhörn an der Elbmündung zu
       verklappen], also auf hamburgischem Gebiet. Malte Siegert,
       Landesvorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) findet es „gut, dass
       Hamburg eingelenkt hat, trotz der höheren Kosten“. Denn die angedachte
       Stelle liegt direkt am Rande des Nationalparks Wattenmeer, eines Naturraums
       von Weltrang.
       
       Darüber, wie stark der Nationalpark unter der Verklappung vor der Türe
       leiden würde, scheiden sich die Geister Hamburgs und seiner Nachbarländer.
       Der Bund und das betroffene Niedersachsen lehnten sie jedenfalls strikt ab.
       Jetzt sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne):
       „Die Vereinbarung atmet den Geist der gemeinsamen Verantwortung: für das
       Weltnaturerbe Wattenmeer, die Elbe sowie den Hamburger Hafen als
       wirtschaftliche Drehscheibe Nordeuropas.“
       
       Der Hamburger Nabu-Vorsitzende Siegert regt an, hierbei nicht
       stehenzubleiben, sondern zu überlegen: „Wie kann man dauerhaft dieses
       Mengen vermeiden?“ Für ihn bestünde die Lösung darin, allenfalls die neu
       geschaffene Breite der Fahrrinne zu behalten aber nicht deren Tiefe, um so
       die Sedimentation zu dämpfen.
       
       Schon heute liefen die großen Containerfrachter Hamburg nicht voll beladen
       an, sagt Siegert. [3][Kooperierte Hamburg mit Bremerhaven und
       Wilhelmshaven], so das mantrahaft vorgetragene Argument der Umweltverbände,
       könnte Hamburg auf die Tiefe verzichten.
       
       ## Geld für Ausgleichsprojekte
       
       Die jetzt getroffene Vereinbarung geht jedenfalls von höheren
       Baggergutmengen als bisher aus, die Hamburg zur Tonne E3 bei Helgoland
       bringen darf. Das Nachbarbundesland musste zustimmen, weil der von dem
       Seezeichen markierte Ort im schleswig-holsteinischen Teil der Nordsee
       liegt. Seit 2019 hat Hamburg dort insgesamt fünf Millionen Tonnen –
       gerechnet in Trockensubstanz – ins Meer geschüttet. Weil die vereinbarte
       Menge ausgeschöpft war, musste neu verhandelt werden.
       
       In Zukunft darf die Stadt bis zu zwei Millionen Tonnen Sediment statt
       bisher 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr bei Helgoland versenken. Derzeit
       fallen auf Hamburger Gebiet nach Auskunft der Wirtschaftsbehörde zwei bis
       drei Millionen Tonnen pro Jahr an „mit großen Schwankungen“. Dazu kommt der
       Schlick aus der Bundeswasserstraße bis zur Elbmündung und den wichtigsten
       Landeshäfen.
       
       Dafür, dass sie künftig bis zu zwei Millionen Tonnen verklappen darf, muss
       die Stadt sieben statt bisher fünf Euro pro Tonne bezahlen. Ein Euro davon
       soll Forschungen unterstützen, wie der Elbschlick [4][für den Küstenschutz
       verwendet werden könnte, etwa beim Deichbau]. Ein weiterer Euro davon soll
       helfen, der zunehmenden Verschlickung der kleinen Häfen am Rande des Stroms
       und der Nebenflüsse entgegen zu wirken. Die beiden Extra-Euros entfallen
       für den Anteil der Baggermenge, der über 1,5 Millionen Tonnen liegt.
       
       Mit fünf Euro soll der [5][Nationalpark Schleswig-Holsteinisches
       Wattenmeer] gefördert werden und die „grün-blaue Infrastruktur“ –
       insbesondere mit Blick auf die biologische Vielfalt. Damit ist das System
       aus Vegetationszonen und Gewässern im Land gemeint, das Tieren und Pflanzen
       Lebensraum bietet und das Klima dämpft. Ein Euro von den Fünfen könnte auch
       in einen Elbe-Solidarfonds fließen, den sich die beiden Länder vom Bund
       wünschen.
       
       ## Giftige Altlasten
       
       Der Fonds sollte sich aus Sicht der Länder um die Altlasten im Elbsediment
       kümmern. Denn über viele Jahrzehnte hat die Industrie mit ihren Abwässern
       Gift in den Strom geleitet, die sich in den Sedimentschichten abgesetzt
       haben. Durch den Strom selbst und durch die Baggerei werden sie
       freigesetzt. Das Baggergut kann deshalb nicht einfach unbesehen verklappt
       werden. Der vergiftete Teil wird separiert und aufwändig an Land entsorgt.
       
       Mit der Verklappung bei Tonne E3 verbindet der Senat die Hoffnung, dass er
       die heutige Kreislaufbaggerei unterbinden kann. Denn ein großer Teil des
       Baggerguts wird heute flussabwärts vom Hafen in die Elbe gekippt und von
       der Flut wieder zurück geschwemmt.
       
       Sollte der Platz bei E3 nicht ausreichen, käme noch eine Stelle in der
       sogenannten Tiefwasserreede am Rande des niedersächsischen Wattenmeers in
       Frage, das territorial auch zu Niedersachsen gehört. Nach Auskunft der
       Hamburger Wirtschaftsbehörde wird dieses Verfahren von Wasserstraßen- und
       Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bearbeitet.
       
       Bereits im Juni 2022 hat Hamburgs Hafenbehörde (HPA) beantragt, Baggergut
       in Deutschlands Ausschließlicher Wirtschaftszone 25 Kilometer westlich von
       Helgoland abladen zu dürfen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und
       Hydrographie (BSH) prüft diesen Antrag gerade. Dieses Genehmigungsverfahren
       ist für beide Beteiligte das erste seiner Art. „Mit einer Genehmigung wird
       derzeit nicht vor 2025 gerechnet“, teilte die Wirtschaftsbehörde auf
       Anfrage mit.
       
       6 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Folgeprobleme-der-Elbvertiefung/!5765250
 (DIR) [2] /Baggergut-aus-dem-Hamburger-Hafen/!5831848
 (DIR) [3] /Kooperation-norddeutscher-Haefen/!5664666
 (DIR) [4] /Guter-Deal-fuer-den-Kuestenschutz/!5854865
 (DIR) [5] https://www.nationalpark-wattenmeer.de/sh/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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