# taz.de -- Krieg in Sudan: Kein Schutz, keine Hilfe für Opfer
       
       > Diplomaten bemühen sich um eine „humanitäre Feuerpause“, werden aber
       > selbst angegriffen. Die UN stellen ihre Arbeit in Sudan faktisch ein.
       
 (IMG) Bild: In einem bombardierten Haus in Khartum am Montag
       
       Berlin taz | Ein Drittel der rund 45 Millionen Menschen in Sudan braucht
       nach UN-Angaben humanitäre Hilfe zum Überleben. Nun fordert der Machtkampf
       zwischen der Armee unter Staatschef Abdelfattah al-Burhan und der RSF-Miliz
       (Rapid Support Forces) unter General Hamdan Daglo Hametti nicht nur
       [1][Tausende Tote und Verletzte], er macht auch jede Bewegung in den
       umkämpften Städten unmöglich.
       
       Die Arbeit von UN-Organisationen in Sudan, an erster Stelle die des
       Welternährungsprogramms WFP und des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, ist
       faktisch eingestellt. Die rund 4.000 UN-Angestellten in Sudan, darunter 800
       Ausländer, könnten ihre Häuser nicht verlassen, gab am Dienstag
       UN-Sprecherin Alessandra Velucchi in Genf bekannt.
       
       Am Montagmorgen [2][überfielen RSF-Kämpfer] in Sudans Hauptstadt Khartum
       mehrere Häuser, in denen internationales Hilfspersonal lebt, um Autos und
       Geld zu stehlen. Am Montagabend wurde der irische EU-Repräsentant Aidan
       O’Hara in seiner Residenz angegriffen und ein Autokonvoi des
       US-Botschafters wurde beschossen, in beiden Fällen ebenfalls mutmaßlich von
       der RSF.
       
       Lokales Hilfspersonal ist nicht minder gefährdet. Farid Aiywar von der
       Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondföderation IFRC [3][schlug von
       Kenias Hauptstadt Nairobi aus Alarm]: „Tausende Freiwillige stehen für
       humanitäre Hilfe bereit, aber sie können sich nicht bewegen. Wir haben
       Krankenwagen und Ersthelfer, aber das geht nur, wenn alle Parteien
       humanitäre Korridore garantieren.“
       
       Gezielte Angriffe von Militärpersonal auf Gesundheitseinrichtungen hat es
       in Sudan in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben – so auch jetzt.
       Ärzte ohne Grenzen (MSF) berichtete am Dienstag: „In Khartum sind die
       meisten Teams aufgrund der anhaltenden schweren Kämpfe eingeschlossen.
       Selbst Krankenwagen werden nicht durchgelassen, um die Toten von den
       Straßen zu bergen oder die Verletzten ins Krankenhaus zu bringen.“
       
       In Al-Faschir, Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur, hätten MSF-Teams
       innerhalb kurzer Zeit 183 Verletzte aufgenommen, „unter ihnen viele Kinder,
       die ins Kreuzfeuer geraten sind“, teilte die Organisation weiter mit. „25
       von ihnen sind an ihren Verletzungen gestorben (…) Alle anderen
       Krankenhäuser in Nord-Darfur mussten schließen“. Es müsse möglich gemacht
       werden, dass Gesundheitsmitarbeiter „ohne Angst um ihr Leben Zugang zu den
       Gesundheitseinrichtungen haben“, forderte MSF.
       
       Internationale Bemühungen um ein Ende des Konflikts fokussieren sich
       angesichts dieser Situation auf eine humanitäre Feuerpause, damit Menschen
       sich versorgen können und Opfer erreicht werden. Diese Zeit könnte für
       politische Gespräche genutzt werden, so die Hoffnung, die sich in
       einmütigen Forderungen der USA, Großbritanniens und der EU nach einer
       „sofortigen Feuerpause“ widerspiegelt.
       
       Am Dienstag blieb unklar, ob diese Bemühungen Erfolg haben. RSF-Chef
       Hametti, dessen Truppen aktuell in der Defensive sind, willigte am
       Vormittag in eine 24-stündige Waffenruhe ab dem Abend ein. Seitens der
       Armee gab es dazu am Nachmittag unterschiedliche Reaktionen.
       
       Ein Armeesprecher prophezeite eine „vernichtende Niederlage“ der RSF noch
       am Abend. Hametti hält allerdings ein Faustpfand: Dutzende Soldaten aus
       Ägypten, die seine Miliz am Samstag am Flughafen Merowe im Norden Sudans
       gefangen nahm. Sollte ihnen etwas zustoßen, könnte Ägypten sich zu einem
       Eingreifen gezwungen sehen und der Krieg würde sich internationalisieren.
       
       Der Twitter-Account „Sudan Uprising“ der sudanesischen Demokratiebewegung
       [4][warnte am Dienstag]: „Der Ruf nach einer Waffenruhe setzt voraus, dass
       beide Seiten ihre Kräfte unter Kontrolle haben, was nicht stimmt.
       Bewaffnete Gruppen, mutmaßlich RSF, marodieren auf den Straßen,
       beschlagnahmen Autos, brechen in Häuser ein und erschießen Zivilisten. Es
       scheint nicht, dass sie Befehle befolgen würden.“
       
       18 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://reliefweb.int/report/sudan/sudan-heavy-fighting-update-dg-echo-un-msf-media-echo-daily-flash-18-april-2023
 (DIR) [2] https://twitter.com/Moh_Gamea/status/1648093444319985665
 (DIR) [3] https://media.un.org/en/asset/k1j/k1juvdhhbc
 (DIR) [4] https://twitter.com/SudanzUprising/status/1648297215008423939
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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