# taz.de -- DEFA-Filmmarathon im Kino Babylon: Mit DDR-Filmlegende im Kino
       
       > Das Kino Babylon in Berlin zeigt die 100 besten DEFA-Filme der 1970er
       > Jahre. Darunter ist der wohl bekannteste: „Die Legende von Paul und
       > Paula“.
       
 (IMG) Bild: Auch Angela Merkel ist Fan: Auf ihren Wunsch zeigte die Deutsche Filmakademie 2013 den DDR-Streifen
       
       Als ich 16 war, bin ich den Puhdys hinterhergereist. Ich war auf Konzerten
       in mehreren Städten, in Leipzig, Berlin und bin sogar extra nach Nürnberg
       gefahren, obwohl ich damals nicht mal wusste, wo sich die Stadt befindet,
       „halt irgendwo in Bayern“.
       
       Warum ich begonnen habe, eine DDR-Ostrock-Band zu fan-girlen, lässt sich
       mit meinem familiären Hintergrund erklären. Meine Leipziger Oma hatte Lust
       auf ein Konzert und so fanden wir uns 2014 in der Arena Leipzig wieder, um
       zusammen zu „Geh zu ihr“ zu tanzen.
       
       Wenn das Lied lief, sagten die Menschen auf meinen Puhdys-Konzerten oft:
       „Das ist doch das von Paul und Paula!“
       
       [1][„Die Legende von Paul und Paula“] ist eine der erfolgreichsten
       Produktionen des DDR-Filmunternehmens [2][DEFA] Die Musik dazu schrieb
       Peter Gotthardt, die Puhdys spielten sie ein. Und da ich den Film noch nie
       gesehen habe, gehe ich ins Kino.
       
       ## Schwelgen in Ostalgie
       
       Im [3][Babylon] liefen vom 1. bis 24. Februar die 100 besten DEFA-Filme der
       1970er Jahre, darunter Juwelen wie „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“ und
       „Anton der Zauberer“. Pro Tag gibt es mehrere Filme bei freiem Eintritt,
       sodass mensch getrost DDR-Film-Marathons absolvieren kann.
       
       Außer durch Plakate in der Stadt wurde die Veranstaltung nicht groß
       beworben. Zudem steht sie etwas im Schatten der Berlinale, wo man
       Cineast:innen momentan eher antrifft. Das Babylon bietet dafür
       Ex-DDRler:innen einen Ort, gemeinsam in Ostalgie zu schwelgen. Es sind
       aber auch Menschen da, die sich einfach über den kostenlosen Eintritt
       freuen.
       
       Auf dem Weg zum Alexanderplatz hilft mir die Rätsel-App „Quizduell“ dabei,
       mich mental auf den Film vorzubereiten. Momentan gibt dort das
       Ostalgie-Quiz mit Fragen wie: „Wonach schmeckte die Süßigkeit ‚Kissen‘ von
       Viba?“ Ich bin zu jung, die richtige Antwort „Minze“ zu wissen und verliere
       8 zu 17 gegen Deutschland.
       
       ## Der seltsame Vorfilm
       
       Vor dem Eingang zu Babylon stehen noch andere junge Menschen, viele in
       ihren 20ern und teilweise englischsprachig. Sie haben nice Frisuren:
       Dauerwellen und Vokuhilas. Es sind aber auch welche da, die die DDR noch
       miterlebt haben könnten.
       
       Weil ich nicht das erste Mal da bin, weiß ich, dass das salzige Popcorn im
       Babylon das beste der Stadt. Es ist explizit als vegan ausgeschildert, was
       ich eine superliebe Geste finde. Darum schalte ich bei der Frage „aber ist
       Popcorn nicht immer vegan?“ auf stumm wie die Filmemacher:innen der
       1920er Jahre. Ich gehe mit meinem Popcorn in den historischen Kinosaal 1,
       der gut belegt ist, ein paar mehr Leute hätten aber noch Platz.
       
       Doch bevor die „Die Legende von Paul und Paula“ startet, sehen wir einen
       Dokumentarfilm darüber, wie in Ostberlin der Palast der Republik
       hochgezogen wird. Die Doku zeigt Erich Honecker und viele Bauarbeiter. Am
       Anfang bin ich noch gespannt dabei, weil ich glaube, dass der „Paul und
       Paula“-Film so losgeht. Auch andere denken so und sind konzentriert, bis
       uns auffällt, dass Honecker wahrscheinlich eher nicht Teil des
       DDR-Kultfilm-Casts war.
       
       Es gefällt mir, filmisch ins Ostberlin der 1970er Jahre einzutauchen. Aber
       nach einer Viertelstunde wird es doch zu viel, den Arbeitern beim Palastbau
       auf dem Marx-Engels-Platz zuzuschauen. Den Leuten um mich herum geht es
       ähnlich, sie fangen an zu tuscheln und zu rascheln. Doch nur drei Minuten
       später, 1976, ist der Palast der Republik fertiggestellt und wird feierlich
       eröffnet.
       
       ## Eigenarten der DDR-Vergangenheit
       
       Dann beginnt der Hauptfilm, das Lied [4][„Wenn ein Mensch lebt“] begleitet
       die erste Szene, ich wippe mit dem Fuß. Ich meine zu hören, wie jemand
       mitsummt.
       
       Den Film finde ich gut. Kameraführung und Story-Telling sind anders, als
       ich es gewohnt bin. Er hat englische Untertitel, die ich mitlese, um Pauls
       Schwiegermutter in spe zu verstehen, die wirklich undeutlich redet.
       Manchmal lachen die Menschen im Publikum über Aussagen, die ich nicht
       verstehe. Sie erkennen wohl DDR-Sprechweisen und Eigenarten aus ihrer
       eigenen Vergangenheit wieder.
       
       Ich erkenne auch Dinge wieder, Bezeichnungen für Lebensmittel,
       Schreibblöcke, die bis heute bei meiner Leipziger Oma liegen. Eine Frau
       erzählt mir im Nachhinein: „So einen Schulranzen wie Paulas Tochter hatte
       ich auch.“
       
       Ohne viel zu verraten, der Film hat ein unerwartetes, trauriges Ende. Das
       gesamte Kinopublikum schweigt und ich werde auch etwas sentimental. Dann
       laufe ich zurück zum Alex, einen Ohrwurm von „Geh zu ihr“ im Kopf.
       
       24 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Legende_von_Paul_und_Paula
 (DIR) [2] https://www.defa-stiftung.de/
 (DIR) [3] https://babylonberlin.eu/programm
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Wenn_ein_Mensch_lebt
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wio Groeger
       
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