# taz.de -- Nancy Faeser kandidiert in Hessen: Sie pokert hoch
       
       > Ohne ihren Posten als Bundesinnenministerin aufzugeben, kandidiert Faeser
       > als Spitzenkandidatin in Hessen. Mit der Zweigleisigkeit geht sie ein
       > doppeltes Risiko ein.
       
 (IMG) Bild: War die Kandidatur zur Spitzenkandidatin der SPD in Hessen ein taktischer Fehler?
       
       Persönlich kann man sie ja verstehen. Dass Nancy Faeser das Amt als
       Bundesinnenministerin nicht aufgeben will, [1][um als Oppositionsführerin
       nach Hessen zu gehen] und damit einen Job zu übernehmen, den sie schon
       jahrelang innehatte, das ist durchaus nachvollziehbar. Politisch aber ist
       der Versuch, die Spitzenkandidatur für die hessische SPD zu übernehmen und
       Ministerin auf Bundesebene zu bleiben, ein schwerer Fehler.
       
       Theoretisch betrachtet ist es vielleicht möglich, beide Aufgaben zu
       vereinen – in ruhigen Zeiten und wenn das Haus einen trägt. Beides ist
       nicht der Fall. Das Innenministerium hat ohnehin einen riesigen
       Zuständigkeitsbereich, in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die
       Ukraine sind die Herausforderungen aber besonders groß: bei der inneren
       Sicherheit wie bei der Aufnahme von Geflüchteten.
       
       Auch hat Faeser zahlreiche Reformvorhaben angekündigt, besonders wichtig
       dabei jene [2][zur Einwanderung]. Die aber sind eben auch besonders
       umstritten – und brauchen das ganze Engagement der Ministerin. Zwischen
       zwei Wahlkampfterminen wird sich das schlecht machen lassen.
       
       Auch wird sich Faeser auf vollständigen Rückhalt aus dem Ministerium nicht
       verlassen können. Das Haus war 16 Jahre lang in der Hand der Union,
       zahlreiche Beamt*innen wird es kaum stören, wenn die Sozialdemokratin an
       der Spitze ins Straucheln gerät.
       
       ## Wenn sie den Posten will, muss sie Vollgas geben
       
       Wegen der Herausforderungen in Berlin aber wird Faeser nicht voll in den
       Wahlkampf einsteigen können – das aber dürfte es brauchen, wenn die SPD in
       Hessen Schwarz-Grün ablösen will. Dass Faeser sich nicht auf Hessen
       festlegen will, werden ihre Kontrahenten zudem genüsslich ausschlachten –
       und ihr mal fehlendes Engagement für das Bundesland vorwerfen, mal
       unterstellen, das Ministerinnenamt als Sprungbrett zu missbrauchen.
       
       Dabei können sie auf Norbert Röttgen verweisen. Der trat 2012 als
       CDU-Spitzenkandidat in NRW an und hielt sich für den Fall einer Niederlage
       den Verbleib als Bundesumweltminister in Berlin offen – was mit zum
       Scheitern führte. Am Ende war Röttgen auch noch das Ministeramt los, Angela
       Merkel schmiss ihn aus dem Kabinett.
       
       Das zumindest droht Faeser nicht. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seiner
       Ministerin [3][offensichtlich grünes Licht] für das gewagte Manöver
       gegeben. Ein Fehler, der zeigt, wie prekär die Personallage der SPD ist –
       Alternativen zu Faeser scheint es weder in Berlin noch in Wiesbaden zu
       geben. Am Ende könnten die Sozialdemokrat*innen in Hessen in der
       Opposition bleiben und Faeser, abgekämpft durch die Doppelbelastung und
       geschwächt durch Niederlage und etwaige Fehler im Ministerium, angeschlagen
       in Scholz’ Kabinett bleiben. Für die SPD sind das keine guten Aussichten.
       
       3 Feb 2023
       
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