# taz.de -- Korruptionsverdacht im EU-Parlament: Forderung nach Transparenz
       
       > Viele befürchten den größten Korruptionsskandal seit Jahren im
       > EU-Parlament. Deutsche Politiker sehen das Ansehen der Institution in
       > Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Grünen-Poltiker Reinhard Bütikofer empfindet „Zorn und Bitterkeit“ angesichts des EU-Korruptionsskandals
       
       Brüssel dpa | Angesichts des [1][Korruptionsskandals im Europaparlament]
       fordern Politiker einschneidende Konsequenzen – und befürchten weitere
       Enthüllungen zu möglichen Schmiergeldzahlungen des steinreichen Golfemirats
       Katar. Zur spektakulären Festnahme der griechischen [2][Vizepräsidentin Eva
       Kaili] sagte der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff der Bild, die
       Vorgänge seien traurig, unglaublich und auch Grund genug für die
       44-Jährige, „ihren Posten sofort zu räumen“. Bisher ist Kaili, die laut
       Medienberichten in U-Haft genommen wurde, von ihren Aufgaben nur
       freigestellt.
       
       Der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer sagte: „Korrupte Personen haben als
       Mitglieder oder Mitarbeiter im Europäischen Parlament keinen Platz.“ Er
       empfinde Zorn und Bitterkeit, „weil schamloses Handeln Einzelner die
       [3][ganze Institution] zu beschädigen droht“.
       
       Der EU-Parlamentarier Dennis Radtke (CDU) sagte Bild: „Die Scheichs aus
       Katar kaufen nicht nur für 200 Milliarden Dollar eine Fußball-WM und deren
       geldgierige Funktionäre und Protagonisten, jetzt machen sie auch vor
       Politikern nicht halt. Wer so vorgeht, will sich die Welt kaufen. Und
       leider ist das jetzt in Europa gelungen, im Europäischen Parlament, in dem
       die gewählten Vertreter von 27 Nationen sitzen.“
       
       Radtke betonte, er befürchte „den größten Korruptionsskandal der
       europäischen Politik, wenn bei den Festgenommenen zu Hause schon Tüten mit
       Geldscheinen von mehreren 100.000 Euro gefunden wurden“. Man müsse davon
       ausgehen, „dass noch viel mehr aufgedeckt wird“. Er forderte die EU-weite
       Überprüfung und Erweiterung der Transparenz- und Lobbyregeln für
       Drittstaaten und von ihnen gegründeten Lobbyfirmen sowie einen
       Untersuchungsausschuss zur Klärung der Vorwürfe gegen Kaili.
       
       ## Taschen voller Bargeld
       
       Kaili soll Geld aus dem Golfstaat Katar kassiert haben, damit sie für das
       WM-Gastgeberland Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Die
       Sozialdemokratin aus Griechenland wurde zusammen mit fünf anderen
       Verdächtigen festgenommen. Vier davon kamen am Sonntag per Haftbefehl in
       Untersuchungshaft – darunter laut Medien auch Kaili selbst.
       
       Im Raum steht neben [4][Vorwürfen der Bestechung] und Bestechlichkeit auch
       der Verdacht der Geldwäsche. Kaili wurde von Parlamentspräsidentin Roberta
       Metsola am Wochenende von all ihren Aufgaben entbunden. Bislang war sie
       eine von insgesamt 14 Stellvertretern. Formell muss die Entscheidung vom
       Parlament noch bestätigt werden. Die sozialdemokratische Fraktion – zu der
       auch die SPD-Abgeordneten gehören – suspendierte bereits ihre
       Mitgliedschaft. Ihre Partei schloss sie aus.
       
       Festgenommen wurden auch ein ehemaliger sozialdemokratischer
       Europa-Abgeordneter aus Italien, Antonio Panzeri, sowie Kailis
       italienischer Lebensgefährte. Wie die Zeitung Le Soir und das Magazin Knack
       am Sonntag berichteten, kamen beide ebenfalls in U-Haft. „Sie werden der
       Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der
       Korruption beschuldigt“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zwei weitere
       Festgenommene ließ der Untersuchungsrichter frei. Am Samstagabend wurde das
       Haus eines weiteren Europaabgeordneten durchsucht. Medienberichten zufolge
       handelt es sich um den belgischen Sozialdemokraten Marc Tarabella. Seine
       Partei teilte am Sonntagabend mit, Tarabella vor ein parteiinternes Gremium
       zitiert zu haben.
       
       Bei den Durchsuchungen in Brüssel wurden am Freitag insgesamt 600.000 Euro
       Bargeld und Handys beschlagnahmt. In Kailis Wohnung fanden die Ermittler
       belgischen Medienberichten zufolge Taschen voller Bargeld.
       
       Der WM-Gastgeber Katar steht seit Jahren wegen der Menschenrechtslage und
       der Bedingungen für ausländische Arbeiter in der Kritik. Zahlreiche
       Mitglieder des damaligen Fifa-Exekutivkomitees, das 2010 die WM nach Katar
       vergeben hatte, sind inzwischen der Korruption überführt. Katar selbst hat
       den Vorwurf der Bestechung jedoch stets bestritten.
       
       12 Dec 2022
       
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