# taz.de -- Palästinaflaggen bei WM in Katar: Solidarität ist legitim
       
       > Es ist falsch, Marokkos Nationalelf für das Zeigen der Flagge
       > Antisemitismus anzudichten: Die Palästinenser:innen haben
       > Solidarität verdient.
       
 (IMG) Bild: Freudetrunken ins Halbfinale: Marokkos Achraf Daria mit Palästinafahne
       
       Es ist ja richtig: Das Thema Israel und Palästina wird instrumentalisiert.
       Etliche Regime in der Region zwischen Marokko und Iran nutzen den
       Nahostkonflikt, um von Missständen im eigenen Land abzulenken. Das reicht
       vom Antisemitismus des iranischen Regimes bis hin zu subtileren Arten der
       Parteinahme für Palästina.
       
       Doch [1][Marokkos Nationalelf Antisemitismus anzuhängen, weil sie bei der
       WM eine Palästinaflagge zeigte], geht fehl. Die Flagge ist unproblematisch.
       Die Zweistaatenlösung, so unrealistisch sie derzeit sein mag, ist seit
       Jahrzehnten der zentrale Konfliktlösungsvorschlag auf internationaler
       Ebene. Und dass die Marokkaner ein arabisches Zusammengehörigkeitsgefühl
       empfinden und ein Zeichen der Solidarität mit Palästina setzen, muss man
       nicht gut finden, ist aber legitim.
       
       Als wäre der Antisemitismusvorwurf nicht genug, setzte Springers TV-Sender
       Welt am Dienstag noch eins drauf und [2][dichtete marokkanischen
       Nationalspielern mit haarsträubenden Argumenten Verbindungen zur
       IS-Terrormiliz an]. Das ist perfide und rassistisch, verfolgt aber dasselbe
       Ziel wie der Antisemitismusvorwurf: Palästinasolidarität zu
       kriminalisieren.
       
       Dabei haben die Menschen in Palästina Solidarität verdient. Mittlerweile
       steht zur Debatte, ob sie überhaupt irgendeinen Anspruch auf Land in Nahost
       haben: Israels Siedlerbewegung wird einflussreicher und längst herrscht
       kein Konsens mehr, dass das Westjordanland palästinensisch ist. Wenige
       Jahre ist es her, da stellte Benjamin Netanjahu mit Rückendeckung aus den
       USA eine Annexion des Westjordanlands in Aussicht. Die Pläne trugen offen
       kolonialistische Züge. Nun kommt Netanjahu als Regierungschef zurück. Dass
       der Konflikt von Araber*innen zunehmend als Kolonialkonflikt gelesen
       wird, kommt also nicht von ungefähr.
       
       Vor diesem Hintergrund den Marokkanern Antisemitismus oder Terrorismus zu
       unterstellen, hat System: Es spielt denen in die Hände, die versuchen,
       Palästinenser*innen als solche zu delegitimieren und einen
       israelischen Anspruch auf das gesamte Land zwischen Mittelmeer und Jordan
       salonfähig zu machen.
       
       13 Dec 2022
       
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