# taz.de -- Essen auf Weihnachtsmärkten: Ist das bio? „Keine Ahnung“
       
       > Fleisch aus Massentierhaltung dominiert das Angebot auf vielen
       > Weihnachtsmärkten. Von Öko- oder Tierschutzsiegeln fehlt oft jede Spur.
       
 (IMG) Bild: Vor allem Ungesundes gibt es auf den meisten Weihnachtsmärkten
       
       Berlin taz | Die Frage muss jetzt mal sein: „Ist das [1][bio]?“, frage ich
       den Verkäufer an einem Grillstand des Weihnachtsmarkts auf dem Berliner
       Alexanderplatz, als er mir gerade eine Thüringer Rostbratwurst ins Brötchen
       packt. Nein, antwortet er. Warum nicht? „Wissen wir nicht.“ Aus welcher
       Haltungsform kommt das Fleisch? „Wir sind nur die Verkäufer“, ruft eine
       Kollegin des Mannes von der Seite. „Wir verkaufen, was da ist. Aber gute
       Frage eigentlich.“
       
       Die Wurst schmeckt wie jede x-beliebige, das Brötchen scheint normale
       Backindustrieware zu sein. Kostenpunkt für alles: 4,50 Euro.
       
       Weit und breit sind an den mit vielen Lichtern dekorierten Holzbuden weder
       Biosiegel noch Tierschutzangaben zu entdecken. Auch nicht an der laut
       Betreiber „[2][größten Erzgebirgspyramide Europas]“, in deren Erdgeschoss
       unter anderem Glühwein, Longdrinks und Bier vom Fass ausgeschenkt werden.
       
       Arnold Bergmann, der Inhaber der Eventfirma, die den Markt organisiert,
       sagt auf Anfrage, er wisse nicht, wie die Tiere für das Fleisch gehalten
       wurden. Er verweist auf den Großhändler, der aber auf eine Mail bis
       Redaktionsschluss nicht antwortet.
       
       ## Das Schwein hat nur 0,75 Quadratmeter Platz
       
       Vermutlich kommt das Fleisch also aus den üblichen Ställen: Ein 110
       Kilogramm schweres Schwein hat dort nur 0,75 Quadratmeter Platz. Es gibt
       keinen Auslauf, keinen Zugang zu frischer Luft, keine Stroheinstreu als
       Beschäftigungsmaterial. Damit sich die Tiere in dieser Monotonie und Enge
       nicht aus Langeweile und Frustration die Ringelschwänze gegenseitig
       abfressen, werden sie ihnen abgeschnitten. Auch wenn nur wenige Tiere
       erkranken, bekommt der ganze Stall Antibiotika.
       
       Sollten die Tiere aus besserer Haltung stammen, wäre das ein
       Verkaufsargument, das der Betreiber des Weihnachtsmarkts sicherlich nutzen
       würde.
       
       „Currywurst“, „Nackensteak“, „Hähnchenpfanne“ steht auf brauen
       Holzschildern, die am Vordach einer Bude hängen. Fleisch dominiert das
       Angebot an herzhaften Speisen auf diesem Weihnachtsmarkt bei Weitem. Der
       Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Alexanderplatz ist wie viele andere nichts
       für Veganer, Tier- oder Umweltschützer.
       
       Es gibt aber wenige Ausnahmen: Ein Stand hat Vegetarisches aus Indien im
       Angebot, eine Pizzazunge ohne Fleisch, eine „Tornado-Kartoffel“ –
       Kartoffelscheiben, die auf einen Spieß geschoben und anschließend frittiert
       werden.
       
       In einer Bude packt eine Verkäuferin gerade Maiskolben auf einen Grill. Sie
       kommen direkt aus der Tiefkühltruhe, das weiße Eis klebt noch an der
       Oberseite der Kolben, was nicht so appetitlich aussieht.
       
       ## Die Tornado-Kartoffel-Bude überrascht
       
       Überraschung an der Tornado-Kartoffel-Bude: „Die sind bio“, behauptet der
       Verkäufer felsenfest, als ich für meine elfjährige Tochter einen Spieß
       bestelle. Warum schreiben Sie das nicht auf die Schilder? „Keine Ahnung.
       Interessiert hier niemanden.“ Da dürfte er recht haben. Aber wer
       nachhaltige Lebensmittel essen möchte, kommt wohl auch deshalb nicht zu
       diesem Weihnachtsmarkt, weil das Angebot so mau ist.
       
       „Lecker“, sagt meine Tochter über die Tornado-Kartoffel. „Schmeckt wie
       Kartoffelchips.“ Und: „Gefühlt alles ist in Fett getränkt.“
       
       Fett ist ein Geschmacksträger, macht aber auch „pappsatt“, wie die
       Elfjährige an sich selbst bemerkt, als sie dann auch noch eine Tüte
       gebrannte Mandeln verputzt hat, die schön viel Zucker enthalten. An dem
       Stand hat der Verkäufer für die Biofrage nur ein Lachen übrig.
       
       Mein achtjähriger Sohn verschlingt derweil eine Portion klebriger
       Zuckerwatte mit rosa Farbstoff und Erdbeergeschmack, die größer ist als
       sein Kopf. Im Crêpes-Stand nebenan türmen sich die Nutella-Gläser auf drei
       Etagen.
       
       „Wenn man das jeden Tag isst, wird man bestimmt total dick“, sagt die
       Tochter. Womit sie recht haben dürfte – aber wir gehen ja nicht jeden Tag
       auf den Weihnachtsmarkt.
       
       30 Nov 2022
       
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