# taz.de -- Verkehrswende in Berlin: Die Autos kommen zurück
       
       > Im Streit um die autofreie Friedrichstraße gibt Verkehrssenatorin Jarasch
       > (Grüne) nach. Die Sperrung für Autos wird aufgehoben – vorerst.
       
 (IMG) Bild: Hier fahren bald wieder Autos: Der Radweg verschwindet aus der Friedrichstraße
       
       Berlin taz | Die Friedrichstraße in Berlin-Mitte wird wieder Autostraße.
       Wie Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Montagmorgen mitteilte,
       will ihre Verwaltung keine Beschwerde gegen eine Entscheidung des
       Verwaltungsgerichts einlegen. Ab 22. November werde der Abschnitt zwischen
       Französischer und Leipziger Straße wieder für den motorisierten Verkehr
       freigegeben. Allerdings nur „zwischenzeitlich“: Bis Jahresende bereits soll
       die [1][Umwidmung in eine dauerhafte Fußgängerzone] erfolgen.
       
       Was auf den ersten Blick nach einer lokalpolitischen Posse aussieht, hat in
       Wirklichkeit [2][berlinweite politische Relevanz]. Vor knapp zwei Wochen
       hatte das Verwaltungsgericht einen Eilbeschluss veröffentlicht, wonach die
       Sperrung der schmalen, aber überwiegend hochpreisigen Einkaufsstraße für
       Autos nicht mehr erlaubt sei. Begründung: Der dortige so genannte
       Verkehrsversuch war im Mai zu Ende gegangen. Geklagt hatte ein Anliegerin
       aus einer Nebenstraße.
       
       Jaraschs Vorgängerin als Verkehrssenatorin Regine Günther hatte im August
       2020 den 500 Meter langen Abschnitt für den Autoverkehr gesperrt und
       versucht, daraus eine Flaniermeile zu machen – ein prestigeträchtiger,
       lange vorbereiteter Modellversuch, wie nach Ansicht der Berliner Grünen
       Innenstädte umgebaut werden könnten. Die Cafés stellten Stühle vor die Tür,
       einige Schauvitrinen und Sitzbänke fanden Platz. In der Mitte der Straße
       hatten Radfahrer*innen weitgehend freie Fahrt.
       
       Nach knapp zwei Jahren ist inzwischen aber auch klar: Das Sperren allein
       einer Straße führt zu Folgeproblemen in benachbarten Straßen. Doch das
       Gesamtkonzept für die Gegend rund um den Gendarmenmarkt blieben Günther und
       später Jarasch bisher schuldig.
       
       Zudem hatte die Entscheidung des Verwaltungsgericht zu einem harschen
       Streit zwischen der Verkehrssenatorin und der Regierenden Bürgermeisterin
       geführt. Letztere forderte publikumswirksam eine rasche Rückkehr der Autos;
       Jarasch attestierte Franziska Giffey (SPD) öffentlich, die Entscheidung des
       Gerichts wohl nicht verstanden zu haben. Allgemein wurde [3][beiden
       bescheinigt, bereits mit vollem Schwung in den Wahlkampf eingestiegen zu
       sein] – voraussichtlich am 12. Februar 2023 muss in Berlin die Wahl von
       2021 wiederholt werden.
       
       ## Klein beigeben oder den Rechtsstreit suchen?
       
       Jarasch stand nun vor der Frage, ob sie gegen die Entscheidung juristisch
       vorgehen sollte: Sie hätte nur bis Dienstag dafür Zeit gehabt und ein
       erneutes Scheitern wäre klar im Bereich des Möglichen gewesen. Die
       Senatorin entschied sich am Montag für das wohl kleinere Übel: Kurzzeitige
       Rückkehr der Autos, danach schneller Umbau in eine echte Fußgängerzone.
       
       „Wir arbeiten weiterhin, unabhängig von dem Eilbeschluss, an der autofreien
       Flaniermeile“, erklärte Jarasch laut der Mitteilung. Diese soll eingebunden
       sein in eine Verkehrslösung auch für die Umgebung. „Sobald dies umgesetzt
       ist, können wir uns an die dauerhafte Ausgestaltung der Fußgängerzone als
       Teil eines Gesamtkonzepts für die historische Mitte machen.“
       
       ## Der Radweg wird eine Straße verschoben
       
       Als ersten Schritt für den Umbau kündigte Jarasch an, aus der parallel
       verlaufenden Charlottenstraße eine Fahrradstraße zu machen. Dort haben dann
       Radfahrer*innen Vorrang vor Autos. „Radfahrenden bieten wir damit eine
       attraktive Nord-Süd-Route an, um den Wegfall des Radstreifens in der
       Friedrichstraße zu kompensieren“, erklärte Mittes Stadträtin für Verkehr,
       Almut Neumann (Grüne).
       
       Parallel arbeite der zuständige Bezirk Mitte an der dauerhaften Umwidmung
       des Teils der Friedrichstraße. Auch Einbahnstraßenregelungen seien künftig
       möglich, so Jarasch. Vorerst werden aber bis zum 22. November alle
       Sitzgelegenheiten, Bepflanzungen und Stadtmöbel, sofern diese den
       Autoverkehr behindern, entfernt, genauso wie der Fahrradstreifen in der
       Straßenmitte.
       
       7 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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