# taz.de -- Rückkehr des Wolfs in den Niederlanden: Schafe und Kühe in Gefahr
       
       > Vor wenigen Jahren wurde die Rückkehr des Wolfs in den Niederlanden
       > enthusiastisch begrüßt. Jetzt wollen viele, dass er wieder gejagt wird.
       
 (IMG) Bild: Hinter dem elektrischen Wolfszaun gut geschützt: Schafe im niederländischen Drenthe
       
       Amsterdam taz | Die Bilder sind eindringlich: sichtlich verstört drängt
       sich eine vierköpfige Familie an einige am Wegrand gestapelte Baumstämme.
       Das kleinere der beiden Kinder springt auf den Arm des Vaters, dann blicken
       alle gebannt vor sich: Wenige Meter entfernt überquert ein grauer Wolf
       langsam den Sandweg im Nationalpark Hoge Veluwe, ohne von den Ausflüglern
       Notiz zu nehmen. Ein beinahe einzigartiger Vorfall bestätigt der
       Wolfexperte Hugh Jansman der [1][Website nu.nl]. Die Tierschutzorganisation
       Faunabescherming hat die Leitung des Nationalparks nun wegen
       Vernachlässigung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem Raubtier angeklagt:
       Ohne Fütterung durch Menschen würden Wölfe nicht so zahm.
       
       Letzten Endes [2][ging der Wolf seiner Wege, niemand kam zu Schaden]. Das
       Aufsehen aber, das dieser Fall in der vergangenen Woche in den Niederlanden
       auslöste, zeigt, wie das dicht besiedelte Land mit der Rückkehr der Wölfe
       ringt. 25 bis 30 Tiere sind es inzwischen, so der Ökologe Glenn Lelieveld
       zur taz. Angesiedelt haben sie sich in der Landesmitte im Naturgebiet
       Veluwe, im Südosten der Provinz Noord-Brabant sowie in Drenthe im
       Nordosten. Bei der Tierschutzorganisation „Säugetier-Vereinigung“
       koordiniert Lelieveld die Meldestelle, bei der Bürger*innen anzeigen
       können, dass sie einen Wolf gesehen haben. Diese Informationen würden an
       die Behörden weitergeleitet, wobei es an der Politik liege, Maßnahmen zu
       ergreifen, sagt Lelieveld. Weiter stehe es allen frei, ihre eigene Meinung
       über den Wolf zu haben.
       
       Diese Meinungen sind, nur wenige Jahre nach der bejubelten Rückkehr des
       Wolfs seit 2015, ziemlich eindeutig. 546 Fälle von getötetem Nutzvieh sind
       bislang registriert. Vor allem in Drenthe, einer ans Emsland grenzenden
       Provinz, die für ihre – für niederländischen Verhältnisse – weiten Wälder
       bekannt ist, häuften sich zuletzt Meldungen über von Wölfen gerissene
       Schafe, Ziegen und Kühe. Mitte Oktober zeigte das Bauernpaar Anique van de
       Zwaag und Albert ten Heuvel, deren Hof mehrfach betroffen war, live auf
       sozialen Medien, wie sie eine tote Ziege in der Schubkarre zum Sitz der
       Provinzregierung in Assen brachten. Die Bäuerin sagte, der Wolf komme immer
       näher an den Hof, sodass sie ihre Kinder nicht mehr draußen spielen lassen
       wolle.
       
       Die besorgten Stimmen aus der Landwirtschaft finden zunehmend Gehör in der
       Politik. „Es ist deutlich, dass wir hier wirklich ein Problem haben“, so
       Henk Jumelet, in der Provinz-Regierung zuständig für Landwirtschaft, zum
       TV-Sender RTV Drenthe. „Die Gesetzgebung richtet sich auf das Interesse des
       Wolfs. Es wird Zeit, dass wir nach Interessen von Tierhaltern schauen.“
       Jumelet, Mitglied der traditionell agrarfreundlichen Christdemokrat*innen,
       spielt damit auf den Status des Wolfs als beschützte Tierart an. Dieser
       Status ergibt sich aus dem Washingtoner Artenschutzabkommen, der Berner
       Konvention für die Erhaltung von Lebensräumen europäischer Tiere und
       Pflanzen sowie der Fauna- Flora-Habitat-Richtlinie der EU.
       
       ## Antrag für Abschuss
       
       Jumelets Forderung findet auch jenseits der Provinzgrenze in Friesland
       Anklang. Ende Oktober verabschiedete das dortige Parlament einen Antrag, um
       [3][Wölfe in Gebieten mit viel Nutzvieh abschießen] zu können. Ein in der
       Region ansässiges Wolfspaar mit drei Jungen soll in diesem Jahr schon 200
       Kühe, Kälber, Schafe und Ponys getötet haben. Die Situation sei
       „unhaltbar“, weshalb sich die niederländische Regierung innerhalb Europas
       für einen niedrigeren Schutzstatus des Wolfs einsetzen solle. Die
       christdemokratische Initiatorin Attje Meekma sagte in der
       Parlamentssitzung, man müsse sich entscheiden, ob man auf den Weiden Vieh
       oder den Wolf wolle.
       
       Wie sehr das Thema die Gemüter erhitzt, zeigte sich am vergangenen
       Wochenende: Im beliebten Naturpark Dwingelderveld in Drenthe blieb am
       Sonntag das Besucher*innenzentrum geschlossen, nachdem dieses über
       soziale Medien bedroht worden war. Geplant war ein Informationstag zum
       Thema Wolf, bei dem auch ein aktueller Dokumentarfilm über dessen Rückkehr
       gezeigt werden sollte. Jan Gorter, der regionale Manager der Organisation
       Natuurmonumenten, sagte zum Sender RTV Drenthe, es ginge „nicht darum,
       Märchen zu erzählen oder dass der Wolf ausschließlich positiv sei, sondern
       ungerechtfertigte Sorgen zu entkräften“.
       
       1 Nov 2022
       
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 (DIR) [1] https://www.nu.nl/
 (DIR) [2] /Raubtiere-in-Niedersachsen/!5762123
 (DIR) [3] /Debatte-ueber-Wolfabschuss/!5828706
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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