# taz.de -- Treffen von Macron und Scholz: Tête-à-tête nach Streit
       
       > Macron und Scholz haben sich in Paris getroffen. Sie versuchen Einigkeit
       > zu demonstrieren, nachdem es zuletzt zwischen ihnen gekriselt hat.
       
 (IMG) Bild: Wollen lieber nur unter „vier Augen“ sprechen: Scholz und Macron
       
       Paris taz | In der deutsch-französischen Beziehung sind seit 60 Jahren die
       Gesten und symbolischen Bilder mindestens genauso wichtig wie die
       ausgetauschten Worte. Das zeigt sich auch in der aktuellen
       Regierungsbesetzung von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel
       Macron: Bei einem Essen im Élysée-Palast am Mittwoch blieben sie unter sich
       und die Medien vor der Tür.
       
       Entgegen einer ersten Ankündigung des Kanzleramts gab es keinen gemeinsamen
       Auftritt vor der Presse, bei dem die Medien Fragen zum Verlauf und zur
       Stimmung des Gesprächs hätten stellen können. Das gemeinsame Essen „unter
       vier Augen“ in Paris hatte den Zweck, der europäischen Öffentlichkeit zu
       zeigen: Macron und Scholz reden miteinander.
       
       Ob sie dabei [1][über die Streitpunkte der vergangenen Wochen] gesprochen
       haben, bleibt deshalb ungewiss. Laut der französischen Regierung ging es um
       Rüstungsbeschaffung, Wirtschaft und Energieversorgung.
       
       Doch was da bereits beschlossene Sache ist, lässt sich kaum rückgängig
       machen. So beispielsweise der deutsche Kauf von amerikanischem
       Kriegsmaterial oder das aus Pariser Sicht unsolidarische Vorgehen mit dem
       200-Milliarden-Plan. Damit muss die deutsch-französische Freundschaft
       leben.
       
       ## Eintracht wieder herstellen
       
       Anders sieht es bei Themen aus, die noch in Planung sind; bei der
       Energieversorgung herrscht da wegen einer [2][Gaspipeline von der
       Iberischen Halbinsel durch Frankreich] in den Norden ein
       Interessenskonflikt. Genauso wie es noch keine Einigung auf eine gemeinsame
       europäische Kontrolle der Preise gibt. Da konnten sie noch diskutieren.
       
       Letztlich war aber wohl die erste Aufgabe des Treffens, diese Differenzen
       ohne diplomatische Floskeln zu benennen. So ließe sich ein gemeinsamer
       Nenner in Form von gemeinsamen Projekten definieren und die Eintracht
       wieder herstellen. Dass der für den 26. Oktober angesetzte gemeinsame
       Ministerrat abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, hatte
       zuletzt schockiert. Mit dem kurzen Tête-à-tête an Macrons Tisch konnte
       zumindest der Eindruck halbwegs wiederherstellen.
       
       In französischen Medien wurde das gemeinsame Arbeitsessen ebenfalls als
       versuchte Wiederannäherung beschrieben – angesichts der kriselnden Stimmung
       in der vergangenen Zeit. Die Zeitung Le Figaro stellte in den Raum, dass
       die deutsch-französische Beziehung eine „Vernunftehe“ sei. Wie bei jeder
       Beziehung gebe es auch da Tiefs. Insofern sei eine Aussprache vor der
       „drohenden Trennung“ nötig.
       
       Grundsätzlich widersprach dem auch niemand. Aber in Berlin und Paris werden
       unterschiedliche Gründe für die Verstimmung angegeben. „Wenn das
       deutsch-französische Paar auseinanderdriftet, ist es wie gelähmt“, warnte
       Dominique de Villepin gegenüber Le Figaro. Als ehemaliger französischer
       Außen- und Premierminister gilt er als Experte der deutsch-französischen
       Beziehung und er sieht in der aktuellen Krise eine historische
       Herausforderung: „In diesem Moment der Geschichte können wir uns ein
       Europa, das nicht geeint und nicht stark ist, nicht leisten. Und das
       beginnt mit einem erfolgreichen deutsch-französischen Dialog.“
       
       Emmanuel [3][Macron hatte in Prag ebenfalls dramatisiert], als er beim
       EU-Gipfel sagte: „Es ist weder für Europa noch für Deutschland gut, wenn
       sich Deutschland isoliert.“ Scholz war da seinem französischen Partner, der
       auf eine verstärkte industrielle Unabhängigkeit pocht, bereits etwas
       entgegengekommen, indem er sich für die „strategische Autonomie“ und für
       eine „europäische Souveränität“ aussprach, was in Paris als positives
       Signal für eine Annäherung gewertet wurde.
       
       26 Oct 2022
       
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