# taz.de -- Deutsch-französisches Verhältnis: Es knirscht
       
       > Die politische Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland steckt in
       > einer Krise. Es muss darum gehen, inhaltliche Unterschiede offen
       > auszusprechen.
       
 (IMG) Bild: Nach außen hin nicht abgekühlt: Emmanuel Macron und Olaf Scholz am 20. Oktober 2022
       
       Abkühlung, Verstimmung, Entfremdung, schreiben Medien zum
       deutsch-französischen Verhältnis, das anscheinend wie ein in die Jahre
       gekommenes Paar in eine Beziehungskrise schlittert. Ist das so schlimm? War
       die Herzlichkeit vielleicht nicht doch bloß viel Routine und der Eindruck
       eines beschönigenden Rückblicks auf die Versöhnung und eine längst
       traditionell gewordene Freundschaft? Jetzt wurde auch noch die lange
       geplante deutsch-französische Kabinettssitzung auf Januar verschoben,
       offenbar wegen Unstimmigkeiten in der gemeinsamen Energie- und
       Rüstungspolitik.
       
       Immer hielt man sich an das historische Bild der Paarbeziehung: Adenauer
       und De Gaulle, Kohl und Mitterrand, [1][Merkel und Macron]. Die
       deutsch-französische Zusammenarbeit, die in vielen Bereichen wie
       Städtepartnerschaften und Jugendaustausch sehr konkret funktioniert, ist so
       zum Klischee geworden.
       
       Denn gerade in einer von Krieg, Energiekrise und Klimakatastrophen
       heimgesuchten Gegenwart wäre es sinnvoll, über die gemeinsame Werte, Ziele,
       aber auch unterschiedliche Interessen offen zu diskutieren, [2][ohne sich
       in eine vermeintliche Idylle hinwegzutrösten], die dann dem realpolitischen
       Alltag bei der erstbesten Belastungsprobe – wie zum Beispiel einer banalen
       Beschaffung von Rüstungsgütern oder der Regulierung des Energiemarktes –
       nicht Stand hält.
       
       Seien wir ehrlich, die Meinungsunterschiede wurden seit längerem
       diplomatisch unter den Tisch gewischt. Es gab sie aber schon zur Zeit von
       Angela Merkel, die unter anderem sehr wohl wusste, wie sehr es Macron
       wurmte, dass seine hochfliegende Vision für Europa in Berlin wie andere
       Initiativen nur lauwarm begrüßt wurde.
       
       ## Vorgegaukelte Eintracht
       
       Dem Publikum der EU-Bürger*innen wurde aber weiter vorgegaukelt, dass
       nichts diese einträchtige Nachbarschaft trüben könnte. Macron wiederum nahm
       bei seinen außenpolitischen Sololäufen oder bei seiner Ankündigung
       gigantischer Atomenergiepläne, die eine definitive Absage an den in
       Deutschland programmierten Ausstieg waren, keinerlei Rücksicht auf deutsche
       Empfindlichkeiten.
       
       Es knirscht an diversen Reibungsflächen. Diese müssen benannt und
       besprochen werden, damit in diesem in der EU einzigartigen Duo die
       Abstimmung auf wirklich gemeinsame Aktionen besser funktioniert. Ohne eine
       glaubwürdige Basis der Zusammenarbeit von Paris und Berlin drohen die
       zentrifugalen Tendenzen in der EU unter der Belastung des Kriegs und der
       Energiekrise weiter zu verschärfen. Ein Auseinanderdriften ist nicht
       akzeptabel.
       
       Was es jetzt braucht, sind keine Sonntagsreden im Stil der Erklärung von
       Macron, der jüngst erklärte: „Mein Wunsch ist es, die Einheit Europas und
       die Allianz zwischen Deutschland und Frankreich zu bewahren.“ Das
       deutsch-französische Paar kommt im Interesse der ganzen EU nicht darum
       herum, die Divergenzen beim Namen zu nennen und auf der Grundlage der
       echten Gemeinsamkeiten die Partnerschaft neu zu erfinden.
       
       20 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
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