# taz.de -- Machtwort von Olaf Scholz: Niedersachsens AKW-Gegner wütend
       
       > Nach der Kanzler-Entscheidung zur Atomkraft herrscht Wut: Die Gorlebener
       > Anti-Atom-Initiative steigt aus Protest aus der Endlagersache aus.
       
 (IMG) Bild: Darf jetzt erstmal weiterlaufen, sagt Kanzler Olaf Scholz: AKW Emsland
       
       Göttingen taz | Aus Protest gegen die [1][von Bundeskanzler Olaf Scholz
       (SPD) dekretierte Laufzeitverlängerung] auch für das Atomkraftwerk Emsland
       bei Lingen stoppt die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
       ihre Beteiligung bei der Endlagersuche. „Für uns ist damit der Zeitpunkt
       gekommen, unsere konstruktive Mitarbeit bei der Suche nach einem Endlager
       für hochradioaktive Abfälle auf Eis zu legen“, sagte am Dienstag
       BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
       
       Der Rahmen und die Bedingung für diese gesellschaftlich wichtige Arbeit sei
       der Atomausstieg. Mit einer angeblichen Stromlücke oder der vermeintlich
       gefährdeten Netzstabilität habe die Ankündigung von Scholz nichts mehr zu
       tun, so Ehmke. Es gehe dabei „einzig um die Profilierung der FDP und deren
       Chef Christian Lindner“.
       
       Scholz hatte am Montag entschieden, dass die drei noch laufenden deutschen
       AKW bis Mitte April in „Einsatzreserve“ gehalten werden sollen. Der Kanzler
       will damit den Streit zwischen Grünen und FDP beenden – die Grünen hatten
       auf ihrem Parteitag in Bonn einer Laufzeitverlängerung nur für die beiden
       süddeutschen Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 zugestimmt, die
       Liberalen wollen, dass die Meiler bis mindestens 2024 Strom und Atommüll
       produzieren.
       
       Linder hatte nach dem Machtwort von Scholz bereits weiter gehende
       Forderungen in Aussicht gestellt. Die Lüchow-Dannenberger BI interpretiert
       dies als „die unverhohlene Ankündigung der FDP, weiterhin den Atomausstieg
       zu sabotieren“.
       
       ## Gebrochenes Wahlversprechen
       
       „SPD und Grüne in Berlin brechen für Niedersachsen ihr erstes
       Wahlversprechen, bevor die neue rot-grüne Landesregierung überhaupt steht“,
       sagt Alexander Vent für das Bündnis „Agiel“ von Atomkraftgegnern im Emsland
       nun. „Und grüne Parteitagsbeschlüsse halten heutzutage offensichtlich keine
       72 Stunden mehr.“
       
       Für Lingen sei das Kanzler-Machtwort ein Desaster. Die Laufzeitverlängerung
       sei „ein gefährlicher Poker, der nun auf dem Rücken der Bevölkerung
       ausgespielt wird“. Agiel sowie weitere Initiativen aus Niedersachsen und
       Nordrhein-Westfalen und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
       kündigten weitere Proteste in Lingen an.
       
       Der BUND Niedersachsen erklärte, was auf den ersten Blick als beherzte
       Aktion zur Rettung in der Energiekrise wirke, sei „bei genauerem Hinsehen
       ein unverantwortliches Risikospiel mit offenem Ausgang und verschwindend
       geringem Einfluss auf den Strommarkt“. Die Brennelemente im AKW Emsland
       seien so weit abgebrannt, dass bereits ab November nur noch eine reduzierte
       Leistung möglich sei.
       
       Im besten Fall könne das AKW [2][0,03 Prozent des Jahresenergieverbrauchs
       erzeugen.] Auch habe das Kraftwerk seit drei Jahren keinen TÜV mehr – die
       im Zehn-Jahres-Turnus vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen seien wegen
       der begrenzten Laufzeit ausgesetzt worden.
       
       Die Grünen-Landtagsfraktion in Niedersachsen nannte die
       [3][„Basta-Entscheidung“ von Olaf Scholz] unnötig, falsch und „in hohem
       Maße irritierend“. Sie sei fachlich ohne Grundlage und blockiere den Ausbau
       und die Nutzung der erneuerbaren Energien, erklärten Julia Willie Hamburg
       und Christian Meyer. Der Stresstest der Bundesregierung habe im
       Weiterbetrieb des AKW Emsland ausdrücklich keinen Nutzen gesehen.
       
       Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hatte sich mehrmals
       deutlich gegen eine Laufzeitverlängerung für das AKW ausgesprochen.
       
       18 Oct 2022
       
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