# taz.de -- Was man in Nordfriesland lernen kann: Mähen und Maden
       
       > Haus-und Gartenarbeit wird erst durch technische Hilfsmittel erträglich.
       > Manche aber sollte man sich bitte nicht anschaffen.
       
 (IMG) Bild: Ist er nicht de moderate?
       
       Diesen Sommer waren wir in Nordfriesland, unterwegs auf einer Linie
       zwischen Utersum und Süderlugum. Ich war in diesem Urlaub auch zum ersten
       Mal in Dänemark, einem freundlichen Land, in dessen südlicher Grenzregion
       fast alle Deutsch sprechen, was insofern gut ist, als mein dänischer
       Wortschatz sich auf „De Moderate“ beschränkt. Das bedeutet „Die Gemäßigten“
       und ist der Name der Partei von Brigitte Nyborg [1][in der großartigen
       Politserie „Borgen“.]
       
       Während ich in Nordfriesland einkaufte, kochte, abspülte, wickelte und
       Gummigegenstände aufblies – all das bleibt einem gerade auch im Urlaub
       nicht erspart –, versuchte ich mit meiner Tochter schon mal ganz
       spielerisch Dänisch zu üben; also alles, was kommunikativ anlag,
       ausschließlich mit dem Ausdruck „De Moderate“ zu klären, innerhalb einer
       Spanne von: „Gehst du mit ins Wasser, auch wenn es sehr, sehr weit weg ist,
       weil schon wieder Ebbe“ („De – Moderate?“), bis hin zu: „Dein kleiner
       Bruder hat gekotzt, hol mir bitte schnell eine Spuckwindel“ (De
       Moderate!!).
       
       Wir hatten Spaß, erst mal. Als wir dann allerdings durchs superhübsche
       Städtchen Tondern (dänisch ungefähr „Töner“ ausgesprochen) schlenderten,
       begann meine Tochter mit allen Menschen „Dänisch“ zu reden. Zum Glück
       nahmen unsere freundlichen Nachbarn das nicht weiter übel, oder wir
       verstanden ihr Übelnehmen eben nicht und zahlten als Strafe umgerechnet 7
       Euro für einen Hotdog.
       
       Aber die moderate Moral ist halt doch, dass man keine blöden Witze machen
       soll, auch wenn einen die Hausarbeit vom Erholen abhält, und vor allem
       nicht in einer Intensität, die sich in kindlichen Gemütern festsetzt. Und
       klar: Das haben Sie da draußen immer schon gewusst.
       
       ## Kurz und ordentlich
       
       Reden wir doch zur Abwechslung tatsächlich mal über Sie; ja, Sie, die einen
       Rasenmähroboter verwenden. In Nordfriesland macht das praktisch jeder.
       Überall flitzen die Dinger rum und rasieren 24/7 den in dieser
       privilegierten Gegend noch regelmäßig beregneten Vorgarten kurz und
       ordentlich wie die mal wieder angesagten Wehrmachtsfrisuren.
       
       Aus der sehr guten Wochenendbeilage des Nordfriesland Tageblatts las ich
       meiner Tochter die Geschichte einer Tierrettungsstation vor, die Igel mit
       von den Mähmaschinen gekappten Schnauzen aufnimmt. In die Wunden legen
       Fliegen ihre Eier, die zu Maden werden, welche die Igel bei lebendigem Leib
       auffressen; und natürlich habe ich das meiner Tochter nicht vorgelesen, sie
       liebt Tiere und glaubt noch an die Menschheit.
       
       Aber vielleicht darf ich Sie da draußen, und zwar auch jenseits des satten
       grünen friesischen Rasens, bitten: Lassen Sie das doch mit dem Mähroboter,
       bei allem Verständnis für die notwendige Technisierung der Haus- und
       Gartenarbeit, die es uns dort Malochenden ja erst erlaubt, uns auch zu den
       geistigen Menschen zu zählen. Halten Sie beim händischen Rasenmähen in der
       Abendstunde lieber nach einem kleinen süßen Igel Ausschau – vielleicht ja
       sogar nach dem in Ihnen selbst.
       
       27 Aug 2022
       
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