# taz.de -- Veröffentlichung des UN-Drogenberichts: Kiffen wird beliebter
       
       > Seit 2013 ist der Cannabiskonsum in Deutschland um 50 Prozent gestiegen.
       > Auch durchs Kiffen verursachte Krankenhausaufnahmen haben zugenommen.
       
 (IMG) Bild: Demonstrant für Legalisierung von Cannabis in Deutschland im April 2022
       
       Berlin taz | In der EU sind dreißig Prozent der Drogentherapien auf den
       Konsum von Marihuana zurückzuführen. So heißt es in dem [1][Bericht für das
       Jahr 2021 des UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC)]. Der
       Bericht wurde am Montag veröffentlicht und soll eine Analyse der globalen
       Drogenmärkte und Konsumverhalten liefern. Außerdem werden Zusammenhänge
       zwischen nachhaltiger Entwicklung und ökologischer Nachhaltigkeit und dem
       Drogengeschäft und -konsum dargestellt. Alkohol und Tabak werden in dem
       Bericht nicht als Drogen definiert und spielen in den Analysen des UNODC
       keine Rolle.
       
       Neben Amphetaminen, Kokain und Opiaten liegt ein Teilfokus des Berichts auf
       dem Cannabiskonsum und seinen Folgen. Deutschland wird hier als
       besorgniserregendes Negativbeispiel hervorgehoben. Seit 2013 ist der
       Cannabiskonsum in Deutschland um fünfzig Prozent gestiegen, heißt es. Damit
       einher geht ein Anstieg der Krankenhausaufnahmen, die mit dem Missbrauch
       von Cannabis in Zusammenhang stehen. Zwischen den Jahren 2000 und 2018
       haben diese um das Achtfache zugenommen. Eine Grafik verrät, dass 2021 in
       Deutschland knapp 20.000 Menschen aufgrund cannabisbedingter medizinscher
       Notfälle stationär behandelt werden mussten. Die Behandlungen aufgrund von
       cannabisbedingten psychischen Störungen haben sich in den letzten Jahren
       mehr als vervierfacht, so der UN-Bericht.
       
       ## Kiffen wird beliebter, Alkoholkonsum nimmt ab
       
       Kiffen wird beliebter, während der Alkoholkonsum, insbesondere unter
       Jugendlichen, laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
       abnimmt. Trotz des rückläufigen Trends übersteigt die Anzahl der
       Alkoholsüchtigen die der Cannabissüchtigen deutlich. Etwa 1,6 Millionen
       Menschen zwischen 18 und 64 Jahren gelten in Deutschland laut eines
       epidemiologischen Suchtsurvey von 2018 als alkoholabhängig. Im Vergleich
       dazu sind „nur“ rund 300.000 Deutsche cannabisabhängig.
       
       Der UN-Bericht spart sich jedoch den Vergleich mit Alkohol oder Tabak
       weitestgehend. Nur in der Einleitung wird dargestellt, dass 2019 weltweit
       über 10 Millionen Menschen an den Folgen von Tabak- oder Alkoholkonsum
       verstorben sind, während 500.000 Todesfälle durch den Konsum anderer Drogen
       (mit)herbeigeführt wurden. Cannabis wird zu den anderen Drogen gezählt. Im
       Bericht fehlt aber eine genaue Aufschlüsselung, welche Droge innerhalb
       dieser Kategorie für wie viele Todesfälle verantwortlich ist.
       
       Der UN-Bericht macht jedoch auf die Mehrbelastung des Gesundheitssystems
       aufgrund des Anstiegs der cannabisbedingten Drogentherapien aufmerksam.
       Unerwähnt bleibt die Belastung der Gesundheitssysteme aufgrund des Konsums
       von legalen Drogen. Das, obwohl die Folgen von Alkoholkonsum das deutsche
       Gesundheitssystem jährlich rund 40 Milliarden Euro kosten.
       
       ## Legalisierungsdebatte führt zu mehr Konsum
       
       Ein Grund für den Anstieg der cannabisbedingten Behandlungen sieht das
       UNODC in der höheren THC-Konzentration im Cannabis. Seit 2009 ist der
       durchschnittliche THC-Anteil in europäischem Gras um 40 Prozent gestiegen.
       THC ist ein Pflanzenwirkstoff der Hanfpflanze und ist für die psychoaktive
       Wirkung von Marihuana verantwortlich. Neben positiven Effekten, wie der
       Linderung von Angstzuständen und depressiven Störungen, hat THC auch
       negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Der Wirkstoff verschlechtert das
       Verarbeiten und die Bildung von Gedächtnisinhalten und kann Halluzinationen
       und Täuschungen hervorrufen. Eine brasilianische Studie kommt zu dem
       Ergebnis, dass das Risiko einer psychischen Erkrankung viermal höher ist
       bei täglichem Konsum von hoch potenziertem Cannabis (mehr als 10%
       THC-Anteil), als bei Menschen, die kein Cannabis konsumieren.
       
       Einen weiteren Grund für den Anstieg der cannabisbedingten medizinischen
       Behandlungen in Deutschland sieht das UN-Büro in der [2][aktuellen
       Legalisierungsdebatte]. Untersuchungen des UNODC zur Folge, nimmt die
       Wahrnehmung der Schäden von Cannabis ab, wenn die Droge legalisiert wurde.
       Allein dass in Deutschland über eine Legalisierung debattiert wird, sollen
       den Abschreckungseffekt und die Risikowahrnehmung negativ beeinflussen und
       den Graskonsum befeuern. Noch ist der Cannabiskonsum in Deutschland
       verboten. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sieht jedoch [3][eine
       Legalisierung in dieser Legislaturperiode] vor. Schon im Herbst diesen
       Jahres soll es einen Gesetzesvorschlag dazu geben.
       
       Die Möglichkeit der besseren Qualitätskontrolle, aber auch der Regulation
       des THC-Gehalts in Marihuana gehören zu den Gründen, die laut UNODC für
       eine Legalisierung sprechen. Auch dem Kostenproblem könnte die
       Legalisierung etwas entgegensetzen. Auch hier lohnt sich der Vergleich mit
       dem Alkohol. Zahlen der [4][Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen] zufolge
       sind im Jahr 2021 über drei Milliarden Euro durch die Steuern auf
       alkoholische Getränke in den Bundeshaushalt geflossen. Ähnliche Einnahmen
       könnte der Staat durch legales, besteuertes Marihuana generieren.
       
       Korrekturhinweis: in einer früheren Version des Textes hatte gestanden,
       dass im Jahr 2021 rund 3 Millionen Euro Steuer auf alkoholische Getränke
       eingenommen wurden. Tatsächlich waren es 3 Miilliarden Euro. Wir bedauern
       den Fehler.
       
       27 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.unodc.org/unodc/en/data-and-analysis/w
 (DIR) [2] /Moegliche-Legalisierung-von-Cannabis/!5858164
 (DIR) [3] /Legalisierung-von-Cannabis/!5829880
 (DIR) [4] https://www.dhs.de/suechte/alkohol/zahlen-daten-fakten
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marita Fischer
       
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