# taz.de -- Nach der Amokfahrt in Berlin: Waffe mit vier Rädern
       
       > Die tödliche Autofahrt in Berlin zeigt: Fußgänger müssen besser geschützt
       > werden. Nötig sind Tempobegrenzer, mehr Poller und autofreie Zonen.
       
 (IMG) Bild: Berlin, Breitscheidplatz: Eine Lehrerin wurde durch die Amokfahrt getötet, zehn Menschen verletzt
       
       Wieder hat ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug [1][Menschen schwer verletzt,
       einen tödlich]. Ein Mann raste am Mittwoch an der Berliner Gedächtniskirche
       über Gehwege. Egal, ob es eine Amokfahrt, ein Anschlag oder ein Unfall war
       – der Vorfall zeigt, dass Fußgänger besser vor Autos geschützt werden
       müssen.
       
       Das ist besonders dringend, weil in den vergangenen Jahren immer wieder
       Autos als Waffen benutzt wurden. 2016 tötete, ebenfalls nahe der
       Gedächtniskirche, ein islamistischer Attentäter mit einem Lastwagen mehr
       als zehn Menschen. In London überfuhren Terroristen 2017 und 2018 gezielt
       Passanten. Ähnliche Vorfälle gab es in Nizza und Barcelona. Bei einer
       Amokfahrt im Dezember 2020 in der Trierer Fußgängerzone kamen fünf Menschen
       ums Leben.
       
       Dazu kommen zahlreiche Unfälle, bei denen Fußgänger ohne Absicht mit Autos
       getötet worden sind. 2019 etwa raste [2][ein Mann in der Berliner
       Invalidenstraße] nach einem epileptischen Anfall mit einem
       „Sportgeländewagen“, vulgo SUV, über den Gehweg, vier Menschen starben.
       Weil die Gesellschaft altert, könnte es in Zukunft mehr solcher Unfälle
       geben, bei denen Autofahrer aus gesundheitlichen Gründen die Kontrolle über
       ihr Fahrzeug verlieren.
       
       Auch deshalb muss der Staat automatische Tempobegrenzer vorschreiben,
       Vorrichtungen, welche die zugelassene Höchstgeschwindigkeit an einem Ort
       erkennen, etwa mithilfe von Satellitennavigation und digitalen Karten. Wenn
       das Auto zum Beispiel in einer Fußgängerzone fährt, könnte es der
       Tempobegrenzer bremsen.
       
       ## Nur Geschwindigkeitswarner
       
       Leider schreibt die Europäische Union, auch auf deutschen Druck hin, ab
       Juli [3][nur einen Geschwindigkeitswarner] in neuen Fahrzeugtypen vor. Der
       weist den Fahrer auf ein zu hohes Tempo hin – bremst aber das Auto nicht.
       Abgesehen davon müssen diese Geräte nur in Neuwagen eingebaut werden. Es
       werden weiter Millionen Autos ohne die Vorrichtung unterwegs sein.
       
       Deshalb müssen die autofreien Gebiete ausgeweitet und so gebaut werden,
       dass Autos nicht unbefugt hineinfahren können. Das leisten zum Beispiel
       Poller. Sie können etwa per Schlüssel in den Boden gesenkt werden, um
       unverzichtbares Hineinfahren zu ermöglichen – alle anderen Autos bleiben
       draußen.
       
       Im autovernarrten Deutschland ist das schwer durchzusetzen. Was den USA
       ihre Schusswaffen sind, sind uns unsere Autos: Jeder weiß, dass mit ihnen
       immer wieder Menschen getötet werden, aber die Hersteller haben bislang
       noch jede effiziente Gegenmaßnahme verhindert.
       
       9 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Auto-faehrt-in-Menschenmenge/!5860027
 (DIR) [2] /Urteil-nach-SUV-Unfall-in-Berlin/!5836107
 (DIR) [3] https://www.spiegel.de/auto/intelligent-speed-assistance-isa-in-autos-ab-mitte-2022-big-brother-an-bord-a-3bd75833-d83f-4690-a19b-99b7abb1293d
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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