# taz.de -- Klimakiller Narkosegas in Krankenhäusern: Schädlich wie sieben Autostunden
       
       > Narkosegase schädigen das Klima mehr als reines Kohlendioxid. In
       > Baden-Württemberg werden sie jetzt aus der Abluft von Krankenhäusern
       > gefiltert.
       
 (IMG) Bild: Da kommt das Klimagas: Ein Anästhesist gibt einer Patientin eine Vollnarkose vor der Operation
       
       Karlsruhe taz | Was Patienten die Schmerzen nehmen soll, ist fürs
       [1][Klima] extrem schädlich. Desfluran, Isofluran und Lachgas versetzen
       den Patienten in Schlaf und werden danach über die Belüftung ungefiltert in
       die Atmosphäre geblasen – oft über ein dünnes Rohr auf dem Klinikdach.
       Dabei sind Narkosegase für bis zu 35 Prozent der Emissionen an einem
       Krankenhaus verantwortlich.
       
       Zu diesen Ergebnissen kommt das Klimaprojekt im Gesundheitswesen
       „KliK-Green“, das von 2019 bis 2022 Potenziale zum Klimaschutz im
       Gesundheitswesen identifizieren sollte. Ein zentrales Ergebnis: Bei den
       Narkosegasen ist das Einsparungspotenzial von Kohlendioxidäquivalenten
       (CO2) besonders groß.
       
       17 Millionen Narkosen werden im Jahr in Deutschland durchgeführt, viele
       davon immer noch mit Narkosegasen, die längst nicht immer aufgefangen
       werden. Denn Narkosegase werden zum größten Teil vom Patienten wieder
       ausgeatmet, abgesaugt und dann in die Luft abgegeben. So entspricht eine
       siebenstündige Operation mit dem klimaschädlichsten Narkotikum Desfluran
       dem CO2-Ausstoß einer siebenstündigen Autofahrt.
       
       Um diese Emissionen künftig zu vermeiden, wurden in Kliniken wie in
       Heidelberg-Salem oder der Charité Berlin Maßnahmen erprobt, die den Ausstoß
       minimieren. So sollten Anästhesisten, wo immer es medizinisch möglich ist,
       auf Narkosegase verzichten und sie durch die sogenannte
       Minimal-Flow-Narkose reduzieren oder intravenöse oder Spinalanästhesie
       nutzen.
       
       ## BUND fordert Filterpflicht
       
       Das Narkosegas Desfluran, das 2.540-mal klimaschädlicher wirkt als CO2,
       kann heute fast immer ersetzt werden. Entweichendes Gas sollte in Filtern
       aufgefangen und recycelt werden, empfiehlt KliK. „Wie bei anderem
       Klinikmüll gilt auch für Narkosegase das Prinzip der primären Vermeidung
       oder Reduzierung, der Wiederverwendung sowie des Recyclings“, sagt Annegret
       Dickhoff, Projektleiterin Klimaschutz im Gesundheitswesen. In den
       praktischen Versuchen konnten damit in den Kliniken große Klimaeffekte
       erzielt werden.
       
       Das erste Bundesland, das aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen zieht, ist
       Baden-Württemberg. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat die fünf
       Unikliniken in Landeshand dazu aufgefordert, Maßnahmen zum Ersatz der
       klimaschädlichen Narkotika oder zum Filtern und Recyceln zu treffen. „Die
       Maßnahmen ermöglichen es, sehr kurzfristig und ohne hohe Kosten einen
       relevanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, sagt die
       Grünen-Politikerin. Filtergeräte sind günstig. Zusammen mit einer separaten
       Füllstandsanzeige kosten sie knapp 400 Euro. Baden-Württemberg rechnet für
       die Umrüstung aller der über 200 Kliniken im Land mit Kosten von etwa
       500.000 Euro. „Am Geld soll es nicht scheitern“, sagt die Ministerin.
       
       Außerdem will sich Bauer auf Bundesebene dafür stark machen, dass die
       Erkenntnisse der Studie auch in anderen Bundesländern schnell umgesetzt
       werden. Ziel soll ein bundesweites Verbot der klimaschädlichen Narkosegase
       sein, ohne dass Filter zum Einsatz kommen. In Berlin führt der Bund für
       Umwelt und Naturschutz (BUND) gerade mit Robert Habecks
       Klimaschutzministerium Gespräche, wie die Kliniken bundesweit
       Narkose-Emissionen einsparen können. „Unser Ziel ist, dass Filter und
       Vermeidung gesetzlich vorgeschrieben werden“, sagt Annegret Dickhoff vom
       BUND Berlin. Im ersten Schritt könnte der Filtereinbau zunächst finanziell
       gefördert und später die Filter in Krankenhäusern mit Operationssaal zur
       Pflicht werden.
       
       16 Jun 2022
       
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