# taz.de -- Zusammenhang mit Nato-Beitritt möglich: Kreml dreht Finnland Gas ab
       
       > Finnland weigert sich, Lieferungen in Rubel zu bezahlen. Aber auch ein
       > Zusammenhang mit dem baldigen Nato-Beitritt Finnlands ist naheliegend.
       
 (IMG) Bild: Tank am Manga LNG-Terminal im Hafen von Tornio
       
       Stockholm taz | Ab dem Samstagmorgen um 7 Uhr wird Finnland kein Erdgas
       mehr aus Russland erhalten. Die russische Gazprom teilte diesen Lieferstopp
       am Freitagvormittag der [1][staatlichen finnischen
       Gasdistributionsgesellschaft Gasum] mit und begründete den Schritt mit der
       Weigerung von Gasum, die Lieferungen wie von Gazprom gefordert in Rubel zu
       bezahlen.
       
       „Wir sind nicht überrascht“, erklärte die Gasum-Kommunikationschefin Olga
       Väisänen gegenüber dem finnischen Rundfunk YLE, „wir waren darauf
       vorbereitet, dass der Lieferstopp am Samstag oder Sonntag kommen könnte.“
       
       Hintergrund für den russischen Schritt ist nicht nur die Weigerung der
       Finnen, wie von Gazprom gefordert ab April die Lieferungen in Rubel zu
       zahlen: Seit dem Herbst des vergangenen Jahres sei man laut Gasum zudem
       bereits in Verhandlungen über ein neues Lieferabkommen gewesen – und hätte
       über mehrere Vertragsklauseln keine Einigung erzielen können. Am Dienstag
       habe Gasum deshalb ein Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet, dessen Ausgang
       Gazprom offensichtlich aber nicht abwarten wollte.
       
       Am Mittwoch hatte Finnland vor dem Hintergrund des russischen
       Angriffskriegs in der Ukraine gemeinsam mit Schweden einen [2][Antrag auf
       Nato-Mitgliedschaft] eingereicht. Russland hatte bereits eine Antwort
       darauf angekündigt. Ob es einen Zusammenhang mit dem Energiestopp gibt, ist
       nicht klar, aber naheliegend. Auch nach Polen und Bulgarien liefert
       Russland kein Gas mehr.
       
       ## Finnland bereits ohne russischen Strom
       
       Am vergangenen Freitag hatte das in Helsinki ansässige russische
       Unternehmen Rao Nordic bereits kurzfristig einen Strom-Lieferstopp nach
       Finnland angekündigt. Grund dafür sei eine ausgebliebene Zahlung. Rao
       Nordic ist nach eigenen Angaben einer der führenden Importeure russischer
       Elektrizität in die nordischen Länder und gehört zu Inter Rao, Russlands
       größtem Energiekonzern im Import-Export-Geschäft.
       
       Der Gaskonzern Gasum teilte am Freitag seinen finnischen Gaskunden mit, man
       hoffe, seinen Lieferverpflichtungen auch ohne das russische Gas nachkommen
       zu können.
       
       Mit 6 Prozent am Gesamtenergieverbrauch ist der Erdgasanteil im finnischen
       Energiemix relativ gering. Die Lieferungen aus Russland machten davon aber
       zuletzt 92 Prozent aus. Vor allem in Südfinnland sind viele Industrie- und
       Energieversorgungsunternehmen vom Erdgas abhängig.
       
       Das Leitungsnetz ist dort 1.300 km lang. Für die nun begonnene Sommersaison
       bräuchten sich Privatkunden angesichts gut gefüllter Gaslager aber keine
       Sorgen zu machen, teilte Väisänen mit. Anders könne es bei der Versorgung
       einzelner Industrien vor allem aus der Chemiebranche sein. Kunden müssten
       sich auch auf Preiserhöhungen einstellen.
       
       ## Lieferungen aus Estland
       
       Abgesehen von der Verbindung mit dem russischen Erdgasnetz, das beim
       ostfinnischen Imatra ins Land kommt, verfügt das finnische Netz seit 2020
       auch über eine Verbindung über eine Leitung durch die Ostsee nach Estland
       und weiter zum grossen lettischen Erdgasspeicher Inčukalns, die
       „Balticconnector“-Leitung. War diese in der Vergangenheit sowohl zum
       Gasimport- wie export verwendet worden, hofft man nun, dank deren Kapazität
       den Ausfall der russischen Lieferungen kompensieren zu können.
       
       Für den kommenden Winter wird das allerdings nicht reichen. Estland und
       Finnland verhandeln seit einiger Zeit über den Bau gemeinsamer
       LNG-Terminals. Finanzministerin Annika Saarikko teilte am Freitag mit, dass
       man sich mit dem US-Unternehmen Excelerate Energy auf einen Vertrag zur
       Miete des schwimmenden LNG-Terminals „Exemplar“ für die Dauer von 10 Jahren
       ab dem 4. Quartal 2022 geeinigt habe. Kostenpunkt: Knapp eine halbe
       Milliarde Euro. Die Erdgasversorgung Finnlands sei damit gesichert.
       
       20 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.gasum.com/en/About-gasum/for-the-media/News/2022/natural-gas-imports-from-russia-under-gasums-supply-contract-will-be-halted-on-saturday-21-may-at-07.00/
 (DIR) [2] /Nato-Mitgliedschaft-offiziell-beantragt/!5855707
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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