# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: „Kiew wird alles zurückholen“
       
       > Präsident Selenski ist der Ansicht, der Krieg könne nur durch Diplomatie
       > beendet werden. Und Italien erarbeitet einen Friedensplan.
       
 (IMG) Bild: Ein russischer Soldat auf dem Gelände eines Denkmals für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten der Roten Armee in der Region Kherson
       
       ## Selenski: Haben der russischen Armee das Rückgrat gebrochen
       
       Ungeachtet der Niederlage in der Hafenstadt Mariupol hat die ukrainische
       Armee nach Überzeugung von Präsident Wolodimir Selenski Russlands
       Streitkräften großen Schaden zugefügt. Die Ukraine habe der russischen
       Armee „das Rückgrat gebrochen“, sagte Selenski in einem am Samstag
       ausgestrahlten Fernsehinterview. „Sie werden die nächsten Jahre nicht mehr
       auf die Beine kommen“, sagte der 44-Jährige. Kurz zuvor hatten sich die
       letzten mehr als 2.400 ukrainischen Verteidiger der Hafenstadt im Südosten
       des Landes ergeben und in russische Gefangenschaft begeben.
       
       Kiew werde sich alles zurückholen, betonte Selenski. Eine Rückkehr zu den
       Frontlinien von vor dem 24. Februar – der Tag, an dem Russlands
       Angriffskrieg begann – werde bereits als Sieg gelten. „Das wird bedeuten,
       dass sie uns nicht erobert und wir unser Land verteidigt haben“, sagte der
       Staatschef. Der Weg dorthin werde jedoch sehr schwierig. Am Ende stehe dann
       die Diplomatie. (dpa)
       
       ## Donbass-Stadt Sewerodonezk unter schwerem Beschuss
       
       Nach der kompletten Einnahme der Hafenstadt Mariupol versuchen die
       russischen Truppen offenbar, auch die letzten ukrainischen Stellungen in
       der Region zu erobern. „Der Feind hört nicht auf, offensive Operationen in
       der östlichen Kampfzone zu führen“, schrieb am Samstag der ukrainische
       Generalstab auf Facebook. Ziel der Angreifer sei es, „die totale Kontrolle
       der Regionen Donezk und Luhansk zu erringen und einen Landkorridor zur
       besetzten Krim zu haben“.
       
       „Angriffe im Donbass gehen weiter“, hatte zuvor auch schon der ukrainische
       Präsident Wolodimir Selenski in seiner abendlichen Videobotschaft erklärt.
       Mehrere Städte seien bereits so wie Mariupol „komplett zerstört“ worden.
       „Nun versuchen sie das gleiche mit Sewerodonezk und vielen anderen Städten
       zu machen“, sagte der Staatschef am späten Freitagabend.
       
       In der Region Luhansk werden inzwischen nur noch die durch einen Fluss
       getrennten Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk von der Ukraine
       kontrolliert. Der ukrainische Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj, zeigte
       sich dennoch am Samstag optimistisch: „Unsere Truppen bekommen ausländische
       Waffen, bewaffnen sich neu, beziehen neue Stellungen – und ich glaube, dass
       wir im Juni zum Gegenangriff übergehen können“, erklärte er.
       
       Russland hatte die pro-russischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk im
       Donbass kurz vor dem Beginn des Angriffs auf das Nachbarland am 24. Februar
       als eigenständig anerkannt. Teile der Regionen standen bereits seit 2014
       unter der Kontrolle pro-russischer Kräfte. (afp)
       
       ## Russland stoppt Gaslieferung an Finnland – Kämpfe in der Ostukraine
       
       Moskau (dpa) – Russland hat seine Gas-Lieferungen nach Finnland
       eingestellt. Der russische Staatskonzern Gazprom machte damit seine
       Ankündigung vom Vortag wahr. Offiziell war der Grund, dass Finnland sich
       weigerte, die Lieferungen in Rubel zu bezahlen. Allerdings hatte Russlands
       Präsident Wladimir Putin den Beitrittsantrag Finnlands zur Nato – gemeinsam
       mit Schweden – kritisiert und Konsequenzen angedroht. Da Finnland nicht
       sehr stark von russischem Gas abhängig ist, wird die Versorgung nicht
       wesentlich beeinträchtigt. (dpa)
       
       ## Biden setzt Milliarden-Hilfspaket für Ukraine in Kraft
       
       Washington (dpa) – Joe Biden hat das Milliarden-Hilfspaket der USA für die
       Ukraine in Kraft gesetzt. Biden unterzeichnete das entsprechende Gesetz in
       Seoul bei seiner ersten Asien-Reise als US-Präsident. Vorher hatte der
       Kongress das Paket mit einem Volumen von fast 40 Milliarden Dollar mit
       großer Mehrheit beschlossen. Davon sind sechs Milliarden Dollar für direkte
       militärische Hilfe für die Ukraine vorgesehen. Mit weiteren
       Milliardenbeträgen sollen unter anderem US-Lagerbestände wieder mit
       militärischer Ausrüstung aufgefüllt werden, die an die Ukraine geschickt
       wurde. (dpa)
       
       ## Selenski will Dokument über Sicherheitsgarantien
       
       Der Krieg in der Ukraine kann nach Ansicht von Präsident Wolodimir Selenski
       letztlich nur durch Diplomatie beendet werden. Der Krieg werde „blutig
       sein, es wird heftige Kämpfe geben, aber endgültig enden wird er nur durch
       Diplomatie“, sagte der Staatschef am Samstag dem ukrainischen Fernsehsender
       ICTV. „Es gibt Dinge, die wir nur am Verhandlungstisch erreichen können.“
       Die Ergebnisse der Verhandlungen müssten „gerecht“ für die Ukraine sein.
       
       Selenski zufolge sollte es ein Dokument über Sicherheitsgarantien für die
       Ukraine geben, das „von den Freunden und Partnern der Ukraine, ohne
       Russland“ unterzeichnet wird. Parallel solle es „eine bilaterale Diskussion
       mit Russland“ geben.
       
       Ukrainische und russische Unterhändler hatten sich seit dem Beginn des
       russischen Militäreinsatzes in der Ukraine Ende Februar zunächst regelmäßig
       zu Verhandlungen getroffen oder per Videokonferenz über eine Beilegung des
       Konflikts beraten. Das letzte Treffen der Chefunterhändler beider Länder
       fand nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen allerdings am 22. April
       statt – und ist damit einen Monat her.
       
       Russland macht die Ukraine für den Stillstand verantwortlich. „Die
       Gespräche kommen in der Tat nicht voran, und wir stellen fest, dass es den
       ukrainischen Unterhändlern völlig am Willen mangelt, diesen Prozess
       fortzusetzen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau.
       Zuvor hatte die Ukraine erklärt, die Gespräche seien wegen der Haltung
       Russlands ausgesetzt worden. Moskau mangele es am Verständnis für „das, was
       derzeit in der Welt geschieht, und für seine extrem negative Rolle“, sagte
       der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak. (afp)
       
       ## Italiens Außenminister kritisiert diplomatischen Stillstand
       
       Italien hat nach den Worten seines Außenministers einen Plan für eine
       Friedenslösung im Ukraine-Krieg entwickelt. „Es braucht jetzt eine
       diplomatische Gegenoffensive“, sagte Luigi Di Maio im Interview der Zeitung
       La Stampa. Derzeit versuchten nur einzelne Staaten zu vermitteln,
       kritisierte der 35-Jährige. Nun wolle man alle relevanten internationalen
       Organisationen dazu bringen, mitzuarbeiten. Ein erstes Ziel sei, lokale
       Kampfpausen zu erreichen, danach solle ein Waffenstillstand, die Arbeit an
       der Neutralität und am Ende ein Friedensabkommen folgen.
       
       Der Plan sei von Diplomaten und der italienischen Regierung entwickelt und
       den Unterhändlern der sieben wichtigsten Industrienationen (G7) vorgelegt
       worden, sagte Di Maio. Er habe außerdem mit UN-Generalsekretär António
       Guterres gesprochen. Die UN, EU und OSZE sollten als Hauptarbeitsgruppe
       andere Länder, wie die Türkei und Indien miteinbeziehen.
       
       Di Maio äußerte sich aber etwas pessimistisch zur aktuellen
       Verhandlungslage mit Russland: „Ich will nicht wie ein Schwarzmaler wirken,
       aber ich sehe keine Verhandlung an keinem Tisch“, sagte er. „Einzelne
       Aktionen werden Wladimir Putin nicht dazu überreden, zu verhandeln.“
       
       Ein weiteres Problem sah der Politiker der populistischen
       Fünf-Sterne-Bewegung beim Thema Getreidelieferungen aus der Ukraine, die
       ein wichtiges Exportland dafür ist. „Alle Studien zeigen, dass es nur einen
       einzigen Weg gibt, um den Getreide- und Weizenmangel zu überstehen: einen
       geschützten Korridor schaffen, um den Getreidetransport über das Meer von
       der ukrainischen Küste zuzulassen“, erklärte Di Maio. Über den Landweg sei
       das zu schwierig. „Russland wird, wenn es den Meereszugang weiter
       blockiert, für neue Kriege verantwortlich sein“, meinte er. (dpa)
       
       ## Das russische Militär soll Lieferung westlicher Waffen zerstört haben
       
       Russland hat nach eigenen Angaben in der Ukraine eine große Lieferung
       westlicher Waffen zerstört. Die Lieferung sei in der Region Schytomyr
       östlich von Kiew durch seegestützte „Kalibr“-Lenkwaffen zerstört worden,
       erklärte das russische Militär der Agentur Interfax zufolge. (rtr)
       
       ## Russland soll es an Aufklärungsdrohnen mangeln
       
       Russland steht nach Angaben des britischen Verteidigungsministerium ein
       Mangel an unbemannten Aufklärungsdrohnen bevor. Verstärkt werde die
       angenommene Knappheit dadurch, dass Russland wegen der Sanktionen bei der
       Herstellung neuer Drohnen eingeschränkt werde. Mit den Drohnen späht
       Russland Ziele für Luftschläge oder Artillerieangriffe aus. (rtr)
       
       ## Deutschland verstärkt Kooperation mit ukrainischem Bildungsministerium
       
       Deutschland verstärkt seine Zusammenarbeit mit dem ukrainischem
       Bildungsministerium um Kriegsflüchtlingskindern so einfach wie möglich
       einen in ihrer Heimat anerkannten Schulabschluss zu ermöglichen. „Wir
       wollen den Kindern und Jugendlichen, die zu uns kommen, nicht nur Schutz
       geben, sondern auch eine Perspektive“, sagt Bundesbildungsministerin
       Bettina Stark-Watzinger der „Augsburger Allgemeinen“ einem Vorabbericht
       zufolge. „Das ist vor allem für die Schülerinnen und Schüler wichtig, die
       kurz vor ihrem Abschluss stehen“, betont die FDP-Politikerin. „Am besten
       ist, wenn sie neben dem deutschen Schulunterricht ergänzend auch digitalen
       Unterricht aus der Ukraine haben.“ (rtr)
       
       ## Protest auf rotem Teppich in Cannes gegen Vergewaltigungen in Ukraine
       
       Auf dem roten Teppich des Filmfestivals von Cannes hat eine Frau nahezu
       nackt gegen sexuelle Gewalt an ukrainischen Opfern protestiert. Auf ihren
       Oberkörper waren die Farben der ukrainischen Flagge und der Schriftzug
       „Stop Raping Us“ („Hört auf, uns zu vergewaltigen“) gemalt, außerdem trug
       sie eine mit roter Farbe verschmierte Unterhose.
       
       Die Frau stürmte während einer Premiere bei den Filmfestspielen am
       Freitagabend zwischen die anderen Gäste und schrie mehrmals „Stop Raping
       Us“. Die ukrainische Aktivistinnen-Gruppe Femen reklamierte den Protest für
       sich, wie auf ihrer Instagram-Seite zu sehen war.
       
       Hintergrund sind Vorwürfe der Vergewaltigung von ukrainischen Zivilistinnen
       durch die russische Armee. Jüngst hatten etwa die ukrainische
       Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa sowie die
       Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) solche Vorwürfe
       erhoben. (dpa)
       
       21 May 2022
       
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