# taz.de -- Vorwürfe um Störfall bei Tesla: „Sie vertrauen Tesla blind“
       
       > Die Chemie-Havarie bei Tesla in Grünheide – nur eine kleine Panne? Der
       > kommunale Wasserverband wirft dem Landkreis Verharmlosung vor.
       
 (IMG) Bild: Ausgelaufene Chemikalien? Tesla-Halbgott Elon Musk und seine Jünger rührt sowas nicht an
       
       Berlin taz | [1][Am 11. April kam es zu einer Havarie] in der
       Tesla-Autofabrik in Grünheide: In der Lackiererei liefen Chemikalien aus.
       Das Meiste wurde offenbar in der Halle aufgefangen und anschließend
       entsorgt, ein kleiner Teil gelangte etwas später aber auch ins Freie. All
       das war bekannt – neu ist für die Öffentlichkeit, dass der Wasserverband
       Strausberg-Erkner die zuständige Behörde des Landkreises scharf kritisiert
       hat: Die überwache die Tesla-Fabrik „nicht mit dem nötigen Ernst“ und
       verharmlose den Störfall. Auch NaturschützerInnen fordern eine schärfere
       Überwachung.
       
       Die Betriebsstörung in Grünheide und die vielen Unklarheiten, die sich
       anfangs darum rankten, hatten sogar Comedian Jan Böhmermann zu einem
       [2][sarkastischen Tweet] animiert: „150.000 Liter Chemikalien aus der
       Brandenburger Tesla-Fabrik ins Wasserschutzgebiet ausgelaufen. Was hat Elon
       vor? Brandenburg ein zweites Brandenburg auf dem Mars verkaufen?“ Dies rief
       das Umweltministerium in Potsdam auf den Plan, [3][das ein paar Dinge
       gerade rückte]. Es habe sich nur um 15.000 Liter gehandelt, die zudem
       komplett aufgefangen worden seien. Im Freien ausgelaufen seien dann „2–3
       Liter“, und zwar aus den Schläuchen des Entsorgungsunternehmens – eine
       Mini-Panne also.
       
       An diesem Montag nun [4][veröffentlichte die Plattform „FragDenStaat.de“
       ebenfalls per Twitter] [5][Dokumente], die sie beim Landesumweltamt auf
       Grundlage des Umweltinformationsgesetzes angefordert hatte. Vieles davon
       ist auf Bitte von Tesla geschwärzt – damit sollen „Betriebs- und
       Geschäftsgeheimnisse“ geschützt werden.
       
       ## Augenscheinliche Widersprüche in der Darstellung des Vorfalls
       
       Nachvollziehbar wird jedoch eine Korrespondenz von Ende April bis Anfang
       Mai – zwischen dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE), der die
       Wasserversorgung in der Region sicherstellt, und der Unteren Wasserbehörde
       des Landkreises Oder-Spree in Beeskow. Diese ist unter anderem für die
       Überwachung von Störfällen zuständig, die die Trinkwasserversorgung
       gefährden.
       
       Anhand eines Fotos, das auch die Wasserbehörde verbreitet hatte und das
       eine rosafarbene Substanz neben der Tesla-Halle zeigt, [6][moniert der
       Verband „augenscheinliche Widersprüche“ zu Aussagen der Behörde]. Dass die
       Chemikalien angeblich nicht in die Schmutzwasserkanalisation gelangt seien,
       erschließe sich nicht – auf dem Foto erkenne man, dass die durch das
       Bindemittel erzeugte Färbung bis zu einem Gullydeckel reiche. Auch habe die
       Behörde zu Unrecht jede Gefährdung des Grundwassers ausgeschlossen: Das
       Foto zeige eine unversiegelte Fläche direkt neben dem großen pinken Fleck.
       
       All dies erwecke „den Anschein“, so der WSE in seinem Schreiben, „dass Sie
       nicht beabsichtigen, solche Störfälle konsequent nachzuverfolgen“. Zumal
       der Wasserverband erst mehrere Tage nach dem Vorfall und auch nur auf
       Nachfrage darüber informiert worden sei.
       
       ## „Bindemittel großzügig aufgebracht“
       
       Den weiteren Fortgang der Korrespondenz hat der Verband auf seiner Website
       publik gemacht. [7][So erwiderte die Untere Wasserbehörde], man sei sehr
       wohl vor Ort gewesen: am 13. April nämlich, also zwei Tage nach dem
       ursprünglichen Havarie und einen Tag nach der Sache mit den Schläuchen.
       
       Da seien die Spuren aber schon durch die Tesla-Werksfeuerwehr beseitigt
       worden. Die habe auch erklärt, das Bindemittel sei bis zum Gully und bis
       zum unbefestigten Erdreich „als vorsorgliche Barriere großzügig
       aufgebracht“ worden – offenbar der Grund, warum es scheint, als sei die
       Chemikalie bis dorthin vorgedrungen.
       
       Der Briefwechsel endet mit einem [8][Rückschreiben des Wasserverbands], in
       dem man trotz dieser Beteuerungen „den nötigen Ernst“ im Handeln der
       Behörde vermisst. Beigefügt ist eine Drohnenaufnahme, die noch am 15. April
       Spuren auf der unversiegelten Fläche zeigt.
       
       ## Blindes Vertrauen in die Angaben von Tesla
       
       Das wäre Anlass genug für eine Untersuchung des Erdreichs gewesen, so der
       Verband. Tatsächlich hatte die Wasserbehörde eine „organoleptische
       Beprobung“ dieses Bereichs erwähnt – auf gut Deutsch ist das aber wenig
       mehr als eine Riechprobe. Das Urteil des Verbands über die Untere
       Wasserbehörde: „Wir müssen weiter davon ausgehen, dass Sie den Angaben von
       Tesla blind vertrauen und die Verantwortung für unsere Trinkwasserzone
       gänzlich ignorieren.“
       
       Auf taz-Anfrage schließt sich Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative
       Grünheide dem an. „Wir sind uns mit dem Wasserverband einig, dass man mit
       einer solchen Sache nicht so lax umgehen kann“, so der Tesla-Kritiker, der
       in dieser Sache auch für den Brandenburger Nabu und die Grüne Liga spricht.
       
       ## Keine Kontrolle trotz Wasserschutzgebiet
       
       Da die Tesla-Autofabrik größtenteils in einem Wasserschutzgebiet liege, sei
       ein hoher Schutzaufwand nötig. „Bei einem Störfall muss am besten innerhalb
       weniger Stunden eine Kontrolle vor Ort erfolgen.“ Das sei hier nicht
       geschehen, und lange sei auch gar nicht bekannt geworden, welche Substanzen
       ausgetreten waren.
       
       „Ein Beispiel, wie man es nicht machen darf“, findet Schorcht. Die
       Bürgerinitiative werde weiter genau hinsehen und über jeden Verdachtsfall
       informieren – oder gleich Anzeige erstatten.
       
       31 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Havarie-in-Gigafactory-von-Tesla/!5846680
 (DIR) [2] https://twitter.com/janboehm/status/1517028258935717889
 (DIR) [3] https://twitter.com/MLUKBrandenburg/status/1517078912811032580
 (DIR) [4] https://twitter.com/fragdenstaat/status/1531244516698636288
 (DIR) [5] https://fragdenstaat.de/anfrage/vorfallestorungen-im-neuen-tesla-werk/#nachricht-692626
 (DIR) [6] https://fragdenstaat.de/dokumente/157349-3-2kopieeinere-maildeswseandieuwblosvom20-04-2/
 (DIR) [7] https://www.w-s-e.de/fileadmin/user_upload/03_service/05_formulare_und_downloads/04_Wissenswertes/20220427_AntwortUWB_Stoerfall_Tesla_geschwaerzt.pdf
 (DIR) [8] https://www.w-s-e.de/fileadmin/user_upload/03_service/05_formulare_und_downloads/04_Wissenswertes/20220509_Schreiben_Stoerfall_Gelaende_Tesla_geschwaerzt.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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