# taz.de -- „Mallorca-Gate“ nach Flut in NRW: Tränen im Landtag
       
       > Ursula Heinen-Esser sagt nach ihrem Rücktritt vor dem
       > Untersuchungsausschuss aus. Das belastet NRW-Ministerpräsident Wüst – und
       > die SPD.
       
 (IMG) Bild: Ex-NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser vor dem Untersuchungsausschuss am Freitag
       
       DÜSSELDORF taz | Nathanael Liminski, Chef der nordrhein-westfälischen
       Staatskanzlei und rechte Hand des mitten im Landtagswahlkampf steckenden
       CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, kämpft. Im Streit um das
       „Mallorca-Gate“, um Urlaube und Reisen bedeutender NRW-Minister:innen
       mitten in der Flutkatastrophe im Juli 2021, stellt er sich am
       Freitagnachmittag im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags
       schützend vor seinen Chef: Nur wenige Tage vor der Öffentlichkeit soll Wüst
       erfahren haben, dass nicht nur seine Ex-Landesumweltministerin Ursula
       Heinen-Esser während der Flutkatastrophe auf Mallorca war.
       
       Auch Heimatschutzministerin Ina Scharrenbach, Europaminister Stephan
       Holthoff-Pförtner und die ehemalige Integrationsstaatssekretärin Serap
       Güler (alle CDU) waren da und feierten den Geburtstag von Heinen-Essers
       Mann Heinz Christian, während Zehntausende im Schlamm mit den Folgen der
       katastrophalen Überschwemmungen kämpften.
       
       Die Flutkatastrophe hat allein in NRW 49 Todesopfer gefordert. In
       Rheinland-Pfalz starben weitere 141 Menschen, in beiden Bundesländern
       wurden Städte und Ortschaften komplett verwüstet. Tausende wurden
       obdachlos, waren ohne Strom, Wasser und Kommunikation.
       
       Die [1][Geburtstagsparty gebeichtet] habe ihm die für Hochwasserschutz
       zuständige Heinen-Esser trotzdem erst „Ende März, Anfang April“ diesen
       Jahres, erklärt Staatskanzleichef Liminski vor dem
       Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags. Und erst kurz danach will er
       Regierungschef Wüst informiert haben: „Ob das am dritten, vierten oder
       fünften April war, kann ich ihnen nicht mehr sagen.“
       
       Für Wüst könnte das wahlentscheidend sein. Gut drei Wochen vor dem
       Urnengang am 15. Mai liegt seine CDU mit 30 Prozent Kopf an Kopf mit der
       SPD seines Herausforderers Thomas Kutschaty, der eine überraschende
       Aufholjagd hingelegt hat. Berichte über einen Regierungschef, der an
       Minister:innen festhält, die mitten in der Katastrophe Party machten,
       gelten deshalb als brandgefährlich.
       
       ## Schwerer Fehler der SPD
       
       Schon am 7. April hatte [2][Heinen-Esser deshalb ihren Rücktritt] erklärt –
       aber bereits einen Tag vorher berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger erstmals
       über die Geburtstagsparty auf den Balearen. Bereits davor war klar
       geworden, dass die 56-Jährige den Landtagsuntersuchungsausschuss falsch
       informiert hatte. Zwar hatte sie ihren laufenden Mallorca-Urlaub am 15.
       Juli 2021 unterbrochen. Aber in Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt
       Düsseldorf blieb die Ex-Umweltministerin nur einen Tag: Nach einer
       Kabinettssitzung hob Heinen-Esser wieder Richtung Mallorca ab.
       
       Offizielle Begründung: Sie habe ihre heute 16-jährige Tochter und deren
       Freund:innen betreuen müssen. Am 21. Juli 2021 habe sie den Urlaub
       endgültig beendet. Doch selbst das war falsch: Heinen -Esser blieb nach
       ihrem Kurztrip nach Düsseldorf bis zum 25. Juli auf Mallorca. Auch die
       Feier zum Geburtstag ihres Mannes am 23. Juli erwähnte sie mit keinem Wort.
       
       Noch heute vor dem Untersuchungsausschuss erklärt Heinen-Esser die
       Falschinformation mit einem „Büroversehen“. Unklar bleibt, weshalb ihre
       Kabinettskolleg*innen sie nicht auf dieses Versehen hingewiesen
       haben. Immerhin waren sie auch am 23. Juli auf der Geburtstagsfeier.
       
       Ein „moralischer Fehler“ sei gewesen, ihren Urlaub nicht abzubrechen, räumt
       Heinen-Esser ein. Inhaltlich habe sie sich aber nichts vorzuwerfen: Auch
       von Mallorca aus sei sie ständig arbeitsfähig gewesen, sagt die Kölnerin –
       bei ihrer Aussage ist sie kurz zuvor in Tränen ausgebrochen.
       
       Denn ausgerechnet am Tag der Auftritte Heinen-Essers und Liminskis vor dem
       Untersuchungsausschuss hat der Kölner Stadt-Anzeiger abermals für Aufsehen
       gesorgt – diesmal mit einem Bericht über einen schweren Fehler der SPD:
       Offenbar auf der Suche nach kompromittierenden Party-Fotos hat ein
       Mitarbeiter von SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Sarah Philipp versucht, den
       Instagram-Account von Heinen-Essers minderjähriger Tochter per
       Freundschaftsanfrage zu knacken.
       
       Das sei „ein Schritt zu viel gewesen“, sagte die Ex-Ministerin mit
       tränenerstickter Stimme. Die SPD habe „eine Grenze überschritten.“
       CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen sprach von einer „erschütternden
       Verrohung der demokratischen Kultur“, Nordrhein-Westfalens
       CDU-Innenminister Herbert Reul schlicht von einer „Sauerei“.
       
       Den Genoss:innen bleibt da nur Schadensbegrenzung. „Dumm und unsensibel“
       sei die unabgesprochene Aktion eines übereifrigen studentischen
       Mitarbeiters gewesen, erklärt [3][SPD-Herausforderer Kutschaty]. Zwar hat
       Fraktionsgeschäftsführerin Philipp, die erst am Donnerstag von der
       Ausspäh-Aktion erfahren haben will, Heinen-Esser einen Entschuldigungsbrief
       geschrieben, zwar hat Kutschaty „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ für den
       Studenten angekündigt. Aber am Freitag machte die CDU dank bester
       Kommunikationskanäle den Punkt.
       
       22 Apr 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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