# taz.de -- Energiegewinnung durch Fracking: Auch in Deutschland schlummert Gas
       
       > Mit Fracking könnte ein Teil der Gasversorgung aus nationalen Quellen
       > kommen. Doch die Technologie birgt Gefahren für Mensch und Umwelt.
       
 (IMG) Bild: Stelle für eine Probebohrung im Osnabrücker Land
       
       Berlin taz | Mitunter wandern neidvolle Blicke über den Atlantik in die
       USA. Die Amerikaner haben sich aus ihrer Abhängigkeit von Öl- und
       Gaslieferungen aus dem Nahen Osten befreit. Geschafft haben sie dies mit
       Fracking, einer Technologie, mit der die Rohstoffe aus unterirdischen
       Gesteinsformationen gelöst werden können.
       
       Kein Wunder, dass es auch hierzulande Befürworter des Frackings gibt.
       Verlockend erscheint die Aussicht, sich [1][durch eine eigene Gasförderung
       vom Tropf der russischen Pipelines lösen zu können.] Bayerns
       Ministerpräsident Markus Söder forderte dies gerade erst.
       
       Tatsächlich schlummern auch in Deutschlands Untergrund große Mengen Gas in
       Schiefergesteinen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
       (BGR) hat das Potenzial in einer Studie aus dem Jahr 2016 einmal geschätzt.
       Danach könnten zwischen 380 und 2.340 Milliarden Kubikmeter Schiefergas
       gefördert werden. Als Mittelwert gibt die Anstalt 800 Milliarden Kubikmeter
       an. Würde diese Menge aus dem Boden geholt, könnte sich Deutschland etwa
       zehn Jahre lang aus eigenen Quellen versorgen. [2][Das klingt angesichts
       der aktuellen Versorgungskrise verlockend.]
       
       Doch Fracking ist im Unterschied zur konventionellen Gasförderung aufwendig
       und birgt erhebliche Gefahren. Das Gas ist in Schiefergesteinen gefangen.
       Wer es fördern will, muss zunächst tief bis in diese Gesteine bohren.
       Anschließend wird mit hohem Druck Wasser in die Tiefe gepumpt, das den
       Stein aufbricht und das Gas freisetzt. Für den Prozess werden dem Wasser
       auch Chemikalien beigemischt. Das mit dem Erdgas versetzte Wasser wird
       anschließend wieder an die Oberfläche gepumpt.
       
       ## Fracking kann für zahlreiche Umweltprobleme sorgen
       
       Der Haken an der Technologie sind die Risiken für die Umwelt. „Die
       Fracking-Technologie kann zu Verunreinigungen im Grundwasser sorgen“, warnt
       das Umweltbundesamt (UBA). Sorgen bestehen zudem durch die Verwendung von
       Chemikalien und die notwendige Entsorgung des anfallenden Abwassers. Die
       Umweltrisiken sind der wichtigste Grund für die Skepsis gegenüber dem
       Fracking. Was schon bei der konventionellen Gasförderung noch passieren
       kann, zeigt sich in den Niederlanden. In Groningen wurde 1959 ein Gasfeld
       angezapft. Spätfolgen sind Erdbeben. Alte Häuser zeigen Risse, die Schäden
       bringen die Bürger auf. In Kanada wurde bei einem durch Fracking
       ausgelösten Erdbeben die Stärke von 4,6 auf der Richterskala gemessen.
       Großbritannien hatte wegen dieser Gefahren vom Fracking wieder Abstand
       genommen; die konservative Regierung erwägt jedoch neue Probebohrungen.
       
       In Deutschland ist diese Art der Gas- oder Ölförderung in großen Tiefen
       seit 2017 weitgehend verboten. Lediglich vier wissenschaftliche
       Erprobungsmaßnahmen wurden zugelassen, aber bisher nicht umgesetzt.
       Unterschieden wird zwischen konventionellem Fracking, bei dem in großer
       Tiefe Restvorkommen aus Lagerstätten oder festen Gestein gewonnen wird, und
       unkonventionellen Fracking. Letzteres spült Gas oder Öl aus Schiefer-,
       Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein. Die Bohrungen führen nicht tief,
       sondern in die Nähe von Grundwasser. Das wurde vollständig verboten.
       
       Seit der Einschränkung per Gesetz spielt Fracking in Deutschland keine
       Rolle mehr. Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) bedauert
       dies. „Fracking bietet die Chance, die Erdgasversorgung in Deutschland für
       lange Zeit in der Zukunft zu sichern“, versichert der Verband. Doch derzeit
       lassen die potenziellen Investoren nicht nur aufgrund der Rechtslage die
       Finger davon. Der Technologie fehlt es auch an gesellschaftlicher
       Akzeptanz.
       
       Das zeigte sich auch schnell nach dem Vorstoß Söders.
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lehnte die Forderung des Bayern
       rundweg ab. „Ich glaube, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen sollten
       und der uns weiterhilft“, stellte der Minister klar. Angesichts langer
       Genehmigungszeiten und dem [3][ohnehin vorgesehenen Ausstieg aus fossilen
       Energien] kann sich der Grüne keinen Einstieg ins Fracking vorstellen. Auch
       Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD lehnt es ab. In
       seinem Bundesland liegen die größten Gasreserven, die mittels Fracking
       gehoben werden könnten. Die Gaswirtschaft habe erkannt, dass die Akzeptanz
       für diese Art der Förderung fehle, sagt Weil. Unterstützung erhielt Söder
       nur vom Chef der IG Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis, [4][der
       sich für das Fracking in Norddeutschland aussprach].
       
       16 Apr 2022
       
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