# taz.de -- Folgen des Klimawandels: „Nothilfe reicht nicht“
       
       > Wenn sich Krise an Krise reiht: Dem Klimawandel begegnet Thandie Mwape
       > vom Roten Kreuz Afrika in ihrer Arbeit immer häufiger.
       
 (IMG) Bild: Das Welternährungsprogramm der UN verteilt Weizen in Äthiopien im Januar 2022
       
       taz: Frau Mwape, wenn es eine humanitäre Katastrophe in Afrika gibt,
       springt Ihre Organisation ein. Wie oft haben Sie mit dem Klimawandel zu
       tun? 
       
       Thandie Mwape: Wir erleben zum Beispiel in manchen Regionen intensive
       Dürren, dann wieder regelmäßig Überschwemmungen. Daran schließen sich
       Probleme an, Hunger, Krankheit, Pandemie, Mangelernährung, vor allem bei
       Kindern und Frauen. Der Klimawandel ist ein starker Treiber für humanitäre
       Probleme in Afrika. Soll ich Beispiele nennen?
       
       Ja, bitte. 
       
       Jetzt gerade gibt es in Kenia, Somalia und Äthiopien zum Beispiel 20
       Millionen Menschen, die dieses Jahr wohl die humanitäre Hilfe in einer
       Hungerkrise brauchen. Das ist ein Resultat wiederholter Dürreperioden. Die
       Leute haben nach einer Dürre nicht die Zeit, sich zu erholen, bevor die
       nächste Dürre beginnt. Kenia hat schon im vergangenen Jahr einen
       Hunger-Notstand ausgerufen. Madagaskar wurde eine Zeit lang sogar als das
       erste Land bezeichnet, das eine richtige Klima-Hungersnot erleidet, …
       
       … bis eine Studie ergab, dass ausgerechnet in diesem Fall [1][nicht der
       Klimawandel an der Trockenheit Schuld war]. 
       
       Aber die Krisen überschlagen sich. Anfang dieses Jahres wurde Madagaskar
       innerhalb von drei Wochen von drei tropischen Stürmen getroffen. Dem
       mussten sich dieselben Menschen stellen, die immer noch mit dem Hunger
       wegen der Dürre kämpfen. Und natürlich auch mit der Coronapandemie. In
       Westafrika hingegen ist Bodendegredation ein großes Problem. Oder ein
       anderes Beispiel: Im Jahr 2020 mussten wir beim IFRC elf afrikanische
       Länder gleichzeitig unterstützen, die gerade mit Überschwemmungen zu
       kämpfen hatten.
       
       Diese Komplexität und Vielfalt der Krisen spielt auch im [2][neuen Bericht
       des Weltklimarats eine Rolle]. Wer ohnehin schon viele Baustellen hat, zum
       Beispiel auch Armut, kann die negativen Folgen des Klimawandels schlechter
       abfedern und hat ein höheres Risiko, warnen die Wissenschaftler:innen. 
       
       Ja, den Klimawandel kann man nicht mit Tunnelblick betrachten. Er
       verschärft Verwundbarkeit, sowohl auf dem sozialen, als auch auf dem
       wirtschaftlichen Level. Klimawandelbedingte Schäden und Verluste nehmen
       definitiv zu und es sind die ärmsten Menschen, die vor allem mit diesen
       Grenzen der Anpassung zurechtkommen müssen.
       
       Um ihnen zu helfen, sind Sie davon abhängig, dass andere Menschen
       freiwillig Geld spenden. Reicht das? 
       
       Gerade bei langanhaltenden Problemen ist das schwierig, die Aufmerksamkeit
       schwindet. Da müssen wir sehr innovativ arbeiten. Natürlich sind wir da, um
       Leben zu retten, wenn Menschen akut hungern oder überflutet werden.
       Nothilfe reicht aber generell nicht aus beim Klimawandel. Wir versuchen
       deshalb auch, langfristige Projekte aufzubauen, die Menschen langfristig
       ein sicheres Leben und einen Lebensunterhalt ermöglichen.
       
       Sollten die Industrieländer dem globalen Süden Geld zahlen, nicht als
       Spende im Notfall, sondern regelmäßig als Kompensation von Schäden und
       Verlusten? 
       
       Ja, ich denke schon. Es gibt eine internationale Vereinbarung, dass der
       globale Norden aktuell jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar an den globalen
       Süden zahlt.
       
       Das Geld darf aber nur für Klimaschutz genutzt werden und für die Anpassung
       an den Klimawandel, [3][nicht für eingetretene Schäden]. 
       
       Und es ist bisher bei Weitem nicht geliefert worden. Noch fließt davon auch
       nicht genug in die Anpassung, aber das nimmt an Fahrt auf.
       Klimafinanzierung muss dem globalen Süden helfen, sich anzupassen – aber
       auch auf Katastrophen reagieren zu können.
       
       Ich will aber auch noch Aufmerksamkeit darauf lenken, dass diese Menschen
       nicht hilflos sind. Sie haben eigene Lösungen. Ich war auf der Messe Dubai
       Expo und war beeindruckt, zum Beispiel von Frauen, die in der Sahel-Zone
       Unternehmen aufbauen wollen – einer Region, die oft einfach nur als
       vulnerabel gesehen wird.
       
       1 Mar 2022
       
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