# taz.de -- Sexismus an der Universität Göttingen: Professor vor Gericht
       
       > Ein Universitätsprofessor steht wegen des Vorwurfs sexualisierter Gewalt
       > vor Gericht. Es ist einer von drei Fällen an der Universität Göttingen.
       
 (IMG) Bild: Offenbar kein sicherer Ort für Studentinnen und Mitarbeiterinnen: die Uni Göttingen
       
       Göttingen taz | Bevor die 21 Anklagepunkte verlesen werden, die die
       Staatsanwaltschaft einem Göttinger Universitätsprofessor zur Last legt,
       muss kurzfristig der Saal gewechselt werden: Zu wenig Plätze für die
       erschienenen Zuschauer:innen, unter denen sich vor allem
       Pressevertreter:innen, Studierende und Beschäftigte der Uni Göttingen
       befinden. Hastig nehmen sie ihre Taschen, strömen auf den Flur, um dann den
       größten Saal des Landgerichts zu betreten.
       
       Die Tatvorwürfe gegen den 57-Jährigen wiegen schwer: Nötigung, gefährliche
       Körperverletzung, Freiheitsberaubung, sexueller Übergriff und sexuelle
       Belästigung zulasten von Studentinnen und einer Institutsmitarbeiterin. Die
       drei Betroffenen, um die es in der Anklage geht und die im Laufe des
       Prozesses als Zeuginnen aussagen werden, haben sich entschieden, in die
       Nebenklage zu gehen. Sie selbst sind nicht erschienen, ihre
       Prozessbevollmächtigten sind jedoch prominent in der Mitte des Saals in
       zwei Reihen platziert.
       
       Eigentlich war neben der Verlesung der Anklageschrift eine Einlassung des
       Angeklagten geplant, die wegen Krankheit seiner Verteidigerin auf den
       nächsten Prozesstermin verschoben wird. Laut Anklage soll der Professor,
       der auch Institutsleiter war, Studentinnen und eine Institutsmitarbeiterin
       zwischen 2014 und 2017 wiederholt sexuell genötigt, geschlagen und
       eingesperrt haben.
       
       Der Wissenschaftler soll unter Bezugnahme auf angebliche Arbeitsfehler die
       Betroffenen zur Duldung von sexualisierter Gewalt genötigt haben. Nachdem
       andere Beschäftigte bereits im Feierabend waren, habe er etwa mehrfach eine
       der Betroffenen in sein Büro bestellt, die Tür hinter ihr abgeschlossen und
       sich den Schlüssel in die Hosentasche gesteckt.
       
       Er soll sie geschlagen, gegen ihren Willen berührt und gezwungen haben,
       Körperteile zu entblößen, so die Staatsanwaltschaft. Dabei habe er explizit
       damit gedroht, das Promotionsverhältnis zu beenden. Vor allem ihre
       finanzielle und berufliche Abhängigkeit von dem Angeklagten hätten sie nach
       eigener Angabe dazu gebracht, die Gewalt zu dulden, heißt es in der
       Anklageschrift.
       
       Eine weitere Zeugin soll der Angeklagte ebenfalls durch Berührungen
       belästigt und zudem geschlagen haben. Er soll dabei gesagt haben, die
       Schläge würden der Milchproduktion dienen. Die ungewollten Berührungen habe
       er als einen „Symmetriecheck“ zur Krebsvorsorge bezeichnet.
       
       Während der Verlesung schaut der Angeklagte, der zunächst eingesunken neben
       der Stellvertreterin seiner Anwältin sitzt, starr in Richtung der
       Richter:innen. Mit den dunklen Khakitönen und Mustern auf Anzug und
       Krawatte erscheint er aus der Zeit gefallen. Während des Vortrags des
       Staatsanwalts schüttelt er immer wieder leicht den Kopf. Beschämt wirkt er
       nicht.
       
       Bereits im September 2017 war dem Angeklagten ein Hausverbot sowie ein
       Verbot der Führung seiner Dienstgeschäfte seitens der Universität erteilt
       worden. Diese hatte zudem im Sommer 2017 eine Disziplinarklage vor dem
       Verwaltungsgericht gegen den Mann erhoben, das auf seine Entfernung aus dem
       Beamtenverhältnis abzielt. Bis zur Entscheidung des Strafgerichts ist
       dieses allerdings pausiert, da das zu fällende Strafurteil auch für das
       Verwaltungsgericht bindend ist.
       
       ## Verfahren über Verbleib im Beamtenverhältnis
       
       Als einer von drei Fällen an der [1][Universität Göttingen], in denen es um
       sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch durch Lehrende geht, hatte der
       Fall des nun angeklagten Professors zuletzt 2019 öffentliche Aufmerksamkeit
       bekommen.
       
       2019 war ein Biologe strafrechtlich wegen sexueller Nötigung verurteilt
       worden. Er hatte im Beisein einer Studentin in einem Waldstück auf eine
       Fleischprobe ejakuliert.
       
       Eine weitere am Verwaltungsgericht Göttingen anhängige Klage befasst sich
       mit dem Fall eines weiteren hochrangigen Professors, dem sexuelles
       Fehlverhalten in zahlreichen Fällen vorgeworfen wird. Nachdem Rechtsmittel
       gegen seine Suspendierung erfolglos blieben, soll noch Anfang dieses Jahres
       in einem Verwaltungsverfahren über seinen Verbleib im Beamtenverhältnis
       entschieden werden, teilte ein Gerichtssprecher der taz mit. Es werde ein
       aufwendiges Verfahren mit vielen Zeug:innen erwartet.
       
       20 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Liz Mathy
       
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