# taz.de -- Umweltrechtlerin zu kürzeren Planungen: „Nur nicht auf Kosten der Umwelt“
       
       > Die Ampelkoalition will Planungszeiten für Windräder oder Stromtrassen
       > verkürzen. Eine gute Idee, findet die Umweltrechtlerin Louisa Hantsche.
       
 (IMG) Bild: Schnellere Planung soll möglich werden: Windrad mit Schwibbogen in Sachsen
       
       taz: Frau Hantsche, die Ampel-Koalition will Planungs- und
       [1][Genehmigungsverfahren für Windräder] oder Stromtrassen beschleunigen.
       Wie finden Sie das als Umweltrechtlerin? 
       
       Louisa Hantsche: [2][Planungsbeschleunigung] ist sehr sinnvoll. Sie darf
       nur nicht auf Kosten der Umwelt und der Rechtsschutzmöglichkeiten gehen.
       
       Sind Sie deshalb so aufgeschlossen, weil heute keine Atomkraftwerke mehr
       geplant werden, sondern Bahnstrecken, Windräder und Trassen für Öko-Strom? 
       
       Nein, das ist nicht der Grund. Ich bin schon immer davon ausgegangen, dass
       es möglich ist, Planung zu beschleunigen, ohne den Rechtsschutz zu
       beschneiden.
       
       Im Koalitionsvertrag wird angestrebt, die [3][Verfahrensdauer] zu
       halbieren. Ist das ohne problematische Folgen zu realisieren? 
       
       Darüber will ich jetzt noch nicht spekulieren. Die Ankündigungen im
       Koalitionsvertrag sind teils sehr vage. Hier müssen wir auf konkrete
       Gesetzentwürfe warten.
       
       Die Koalition will mit dem Instrument der Legalplanung arbeiten, das heißt
       wichtige Bahnstrecken und Stromtrassen sollen per Gesetz genehmigt werden
       und nicht per Verwaltungsakt. Wie finden Sie das? 
       
       Bei einer Legalplanung besteht die Gefahr, dass sie den Rechtsschutz
       verkürzt. Wenn ein Vorhaben per Gesetz des Bundestags genehmigt wird, ist
       eigentlich nur noch eine Verfassungsbeschwerde möglich. Doch die Koalition
       scheint das Problem erkannt zu haben und sieht nun zumindest eine Instanz
       beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vor. Das ist erfreulich.
       Allerdings könnte die Legalplanung kontraproduktiv sein, weil die
       Planungsfachleute in den zuständigen Behörden sitzen und nicht in den
       Ministerien.
       
       Die Koalition plant eine „Mitwirkungspflicht für Umweltverbände“. Was
       halten Sie davon? 
       
       Das ist ein seltsamer und potentiell problematischer Vorschlag. Die
       Umweltverbände haben ein Mitwirkungsrecht im Verfahren, keine Pflicht.
       Möglicherweise geht es darum, dass Verbände, die im Verwaltungsverfahren
       nicht teilgenommen haben, dann auch nicht gegen die Genehmigung klagen
       können. Das würde aber gegen EU-Recht verstoßen.
       
       Die Koalition will wieder eine Form der Präklusion einführen. Das heißt,
       Kläger dürfen vor Gericht nichts vorbringen, was sie nicht bereits im
       Verwaltungsverfahren gerügt haben.... 
       
       Die Präklusion hat der Europäische Gerichtshof bereits 2015 beanstandet.
       Danach wurde sie weitgehend abgeschafft. Ich sehe nicht, wie sie jetzt
       wieder eingeführt werden könnte, ohne EU-Recht zu verletzen.
       
       Der Klimaschutz soll gegenüber dem Artenschutz gestärkt werden. Ist das
       gut? 
       
       Ich bin natürlich dagegen, Klimaschutz und Artenschutz gegeneinander
       auszuspielen. Beide Ziele sind wichtig. Grundsätzlich ist der Ansatz der
       Koalition vertretbar, künftig beim Artenschutz mehr auf den Schutz von
       Populationen zu achten. Hier kommt es jedoch auf die konkrete Ausgestaltung
       an und da ist der Koalitionsvertrag noch unklar. Vor allem ist eine gute
       Koordination zwingend erforderlich. Es wäre fatal, wenn überall einzelne
       Tiere geopfert werden und am Ende doch die Population gefährdet ist.
       
       Sehen Sie Beschleunigungsmöglichkeiten, die im Koalitionsvertrag fehlen? 
       
       Das größte Beschleunigungspotenzial sehe ich bei der Verwaltung. Die
       Behörden benötigen mehr Ressourcen und sollten selbst Fristen einhalten
       müssen, damit die Projekte zügig vorangehen. Es hat keinen Sinn, wenn nur
       für Kritiker einer Maßnahme strenge Fristen gelten.
       
       Oft fehlt den Behörden schlicht das Personal… 
       
       Das ist ein grundsätzliches Problem und wird im Koalitionsvertrag der Ampel
       auch so gesehen. Ich befürchte jedoch, dass dafür aktuell nicht ausreichend
       Fachkräfte zur Verfügung stehen, um die Beschleunigungsziele der Koalition
       zu erreichen. Schuld sind dann aber sicher nicht die Umwelt- und
       Naturschutzverbände.
       
       21 Dec 2021
       
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