# taz.de -- Neues Infektionsschutzgesetz: Entmachtete Länder
       
       > Ausgerechnet jetzt will die neue Ampel den Bundesländern
       > Lockdown-Maßnahmen verbieten. Das ist verantwortungslos.
       
 (IMG) Bild: Neue und alte Coronapolitik – Lindner und Spahn im Bundestag
       
       Es wirkt absurd: Ausgerechnet jetzt, wo die Pandemie-Zahlen in nie gekannte
       Höhen steigen, will die Bundespolitik [1][den Ländern die Instrumente
       wegnehmen], mit denen die letzte Welle der Pandemie gebrochen wurde. Das
       ist verantwortungslos. Es soll keine Shutdowns für Gastronomie, Kultur und
       Sport mehr geben, keine Schulschließungen, keine Ausgangsbeschränkungen und
       erst recht keine Ausgangssperren.
       
       [2][Zwar sind jetzt rund 70 Prozent der Bevölkerung geimpft], aber es gibt
       auch weniger Intensivbetten als voriges Jahr, weil viele Pfleger:innen
       ausgebrannt gekündigt haben. Was also ist neu? Jetzt bestimmt die FDP die
       Richtlinien der Corona-Politik, während sie vor einem Jahr noch in der
       Opposition war.
       
       Dabei versteckt sich das von der FDP getriebene Ampelbündnis bei seinem
       Gesetzentwurf hinter wenig überzeugenden juristischen Argumenten. Angeblich
       sei es mit rechtlichen Risiken behaftet, die epidemische Lage zu
       verlängern, die den Ländern Shutdowns ermöglicht.
       
       Die Verfassungsrichter:innen sind aber weder blöd noch
       verantwortungslos. Wenn jetzt schon 300 von bundesweit 1.600
       Intensivstationen ihren Betrieb einschränken müssen und die Zahlen weiter
       steigen, dann ist es natürlich nicht verfassungswidrig, wenn der Bundestag
       die [3][“epidemische Lage nationaler Tragweite“] erneut feststellt.
       
       Außerdem löst diese Feststellung keinen Automatismus aus. Es sind immer
       noch die Bundesländer, die entscheiden, welche Maßnahmen sie vor Ort für
       notwendig halten. Ob ein Lockdown unverhältnismäßig ist, bestimmt sich nach
       der konkreten Situation im jeweiligen Bundesland.
       
       ## Ideologischer Zentralismus
       
       Wenn die FDP sich partout damit brüsten will, dass sie den Status der
       „epidemischen Lage“ auf Bundesebene beseitigt hat, sollte sie es wenigstens
       den Ländern erlauben, in eigener Verantwortung eine „epidemische Lage“ in
       ihrem Bundesland festzustellen. Bisher war dies im Infektionsschutzgesetz
       vorgesehen, doch die von der FDP gesteuerte Ampel will dies in ihrem
       Gesetzentwurf abschaffen. Das ist der Gipfel des ideologischen
       Zentralismus.
       
       Immerhin ist der Ampel zuzugestehen, dass sie den Ländern die Möglichkeit
       zu radikalen 2G-Konzepten lässt. Wo es nötig ist, könnten Ungeimpfte
       flächendeckend aus Gaststätten, Kultur- und Sporteinrichtungen ausgesperrt
       werden – obwohl die FDP das eigentlich auch ablehnt.
       
       Die Länder müssen nun schnell entscheiden, ob ihnen die 2G-Möglichkeiten
       ausreichend erscheinen oder ob sie auch die Option behalten wollen, ganze
       Branchen und viele öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Hochschulen
       präventiv dicht machen zu können. Letztlich sitzen die Länder am längeren
       Hebel, denn ohne die Zustimmung des Bundesrats wird die von der Ampel
       eingebrachte Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht in Kraft treten.
       Die Länderkammer entscheidet darüber auf einer Sondersitzung – einen Tag
       nach dem Bundestag am 19. November.
       
       9 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/128873/Erste-Plaene-zum-Infektionsschutzgesetz-vorgelegt
 (DIR) [2] /Coronavirus-in-Deutschland/!5810583
 (DIR) [3] https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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