# taz.de -- Belarus und die EU-Außengrenze: Polen schließt Grenzübergang
       
       > Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze spitzt sich zu.
       > Forderungen nach verschärften Sanktionen gegen die Regierung in Minsk
       > werden laut.
       
 (IMG) Bild: Flüchtlinge beim belarussischen Grodno an der Grenze zu Polen
       
       Minsk/Warschau dpa | Nach dem jüngsten Andrang von Flüchtlingen und
       Migranten schließt Polen einen Grenzübergang zu Belarus. Für 7.00 Uhr am
       Dienstagmorgen hatte der Grenzschutz die Schließung des Grenzverkehrs für
       Waren und Personen am Übergang Kuznica per Twitter angekündigt. Reisende
       wurden gebeten, auf die Grenzübergänge in Terespol und Bobrowniki
       auszuweichen – rund 230 und 70 Kilometer von Kuznica entfernt.
       
       Am Montag hatten [1][Gruppen von hunderten Flüchtlingen] und Migranten in
       der Nähe von Kuznica vergeblich versucht, die EU-Außengrenze von
       belarussischer Seite aus zu durchbrechen. Nach Erkenntnissen der polnischen
       Behörden halten sich gegenwärtig zwischen 3.000 und 4.000 Migranten im
       belarussisch-polnischen Grenzgebiet auf – viele kommen aus Krisengebieten
       wie Afghanistan und dem Irak.
       
       Auf am Montagabend in sozialen Netzwerken veröffentlichten Videos war zu
       hören, wie polnische Beamte Menschen in einem provisorischen Zeltlager per
       Lautsprecher vor illegalen Grenzübertritten in die EU warnten.
       
       ## Berichte über angebliche Schüsse
       
       Staatsnahe belarussische Medien berichteten unter Berufung auf den
       Grenzschutz von angeblichen Schüssen auf polnischer Seite. Aus Polen gab es
       dazu zunächst keine offiziellen Angaben. Die [2][Regierung in Warschau] und
       die EU werfen dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander
       Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus verschiedenen Krisenregionen visafrei
       einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.
       
       Der immer wieder als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Lukaschenko
       hatte erklärt, Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa nicht mehr aufhalten
       zu wollen – als Reaktion auf Sanktionen gegen sein Land.
       
       ## „Zynische Instrumentalisierung von Migranten“
       
       Angesichts der Lage an der polnisch-belarussischen Grenze forderte
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusätzliche Sanktionen.
       Belarus müsse mit der „zynischen Instrumentalisierung von Migranten“
       aufhören, sagte sie am Montagabend. „Ich fordere die Mitgliedstaaten auf,
       die erweiterte Sanktionsregelung gegen die belarussischen Behörden, die für
       diesen hybriden Angriff verantwortlich sind, zu billigen.“
       
       Die EU arbeite insbesondere daran, Fluggesellschaften von Drittstaaten zu
       sanktionieren, die am Transport von Migranten nach Belarus beteiligt seien.
       EU-Kommissions-Vize Margaritis Schinas sagte, er werde in den kommenden
       Tagen in die Herkunfts- und Transitländer der Migranten reisen.
       
       Auch der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, der
       CSU-Politiker Manfred Weber, sprach sich für verschärfte Sanktionen aus.
       „Die europäische Botschaft muss sein: Es reicht!“, sagte Weber der
       Bild-Zeitung. Kritisch äußerte Weber sich mit Blick auf die Türkei – eins
       der Länder, von denen aus Migranten mit Flügen nach Belarus gelangten:
       „Wenn der türkische Präsident Erdogan nun mittels zahlreicher
       Migranten-Flüge aus der Türkei nach Belarus neue Erpressungsversuche gegen
       die EU unternimmt, braucht es eine unmissverständliche Antwort.“
       
       Weber sagte. „Damit wird er genauso scheitern wie mit seinem Versuch,
       Migranten über die griechisch-türkische Grenze zu schleusen. Die Kommission
       muss umgehend Gespräche mit der türkischen Regierung aufnehmen.“
       
       ## Polen will bisher keine Hilfe aus Brüssel
       
       Auch der geschäftsführende [3][Bundesinnenminister Horst Seehofer] forderte
       Engagement aus Brüssel: „Wir müssen der polnischen Regierung bei der
       Sicherung der Außengrenze helfen“, sagte der CSU-Politiker der Bild. Die
       EU-Kommission hat jedoch nach eigener Aussage Polen bereits mehrfach
       ermuntert, Hilfe anzunehmen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die
       Asylbehörde Easo und die Polizeibehörde Europol stünden bereit, bei der
       Registrierung von Migranten, Bearbeitung von Asylgesuchen und dem Kampf
       gegen Schmuggel zu helfen, hieß es am Montag.
       
       Die EU erkennt den 67-jährigen Lukaschenko seit der weithin als gefälscht
       geltenden Präsidentenwahl im vergangenen Jahr nicht mehr als
       Staatsoberhaupt von Belarus an und hat in diesem Zusammenhang auch
       Strafmaßnahmen verhängt. Unterstützt wird Lukaschenko unter anderem von
       Russland.
       
       Die EU-Staaten Polen und Litauen haben in den vergangenen Monaten Tausende
       Grenzübertritte gemeldet. Deutschland gilt als ein Hauptziel der
       Flüchtlinge und Migranten. Menschenrechtler fordern immer wieder Hilfe für
       die im Wald gestrandeten Menschen und warnen vor einer humanitären
       Katastrophe. In der Grenzregion sind bereits mehrere Migranten gestorben.
       
       9 Nov 2021
       
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