# taz.de -- Neue Regierung in Afghanistan: Das Horrorkabinett
       
       > Die neue Regierung in Afghanistan steht. Wo Taliban draufsteht, ist
       > Taliban drin – und zwar zu 100 Prozent. Alles andere war nur dummes
       > Geschwätz.
       
 (IMG) Bild: Taliban-Vertreter arrangieren eine Taliban-Flagge vor einer Pressekonferenz
       
       Die neue afghanische Regierung ist genau das, was man befürchten musste: Wo
       Taliban draufsteht, ist auch Taliban drin – und zwar zu 100 Prozent. Es
       gibt nicht nur überhaupt [1][keine Frauen] im Kabinett mehr, sondern das
       Frauenministerium wurde auch gleich mit abgeschafft. War das angesichts
       entsprechender Ankündigungen leider zu erwarten, so erweist sich jetzt auch
       die versprochene Inklusivität als hohles Geschwätz.
       
       Die Regierung besteht nur aus Taliban und fast nur aus Mullahs. Ob sich
       niemand fand, der ein Feigenblatt abgeben wollte, oder ob die Taliban sich
       gar nicht darum bemüht hatten, ist offen. Fest steht, dass es bisher weder
       Vertreter anderer politischer Kräfte noch eine religiöse Vielfalt und nur
       minimale ethnische Diversität gibt. Die Bezeichnung als Übergangsregierung
       signalisiert zwar die Möglichkeit künftiger Änderungen. Aber die jetzigen
       Zeichen sind fatal.
       
       Die einzige Überraschung: Der von westlichen Medien gehypte politische Kopf
       der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, ist wider Erwarten nicht
       Regierungschef geworden. Er wird nur einer von zwei Stellvertretern des
       künftigen Premiers Mullah Muhammad Hassan Rahmadi.
       
       Über die Gründe kann nur spekuliert werden: Hassan könnte als bisheriger
       Chef des Taliban-Führungsrates die größere Hausmacht haben. Oder er steht
       dem religiösen Führer Mullah Hebatullah Achundsada näher, vielleicht auch,
       weil dieser ihn weniger als potenziellen Rivalen wahrnimmt. Schließlich war
       es dem geschickten Baradar gelungen, T[2][rumps Verhandlungsteam über den
       Tisch zu ziehen].
       
       ## Minister als Terroristen geführt
       
       Eine dritte Erklärung könnte der Einfluss Pakistans sein. Dessen
       Militärgeheimdienst hatte Baradar ins Gefängnis geworfen, als der an
       Islamabad vorbei mit der damaligen Karsai-Regierung verhandeln wollte.
       Seitdem dürfte das Verhältnis zwischen Baradar und Islamabad zerrüttet sein
       und Pakistan sich deshalb jetzt für Hassan eingesetzt haben.
       
       Das Kabinett umfasst etliche Minister, die von der UNO und westlichen
       Regierungen als Terroristen geführt werden, auf die Kopfgelder ausgesetzt
       sind. Die größte Ironie ist, dass ausgerechnet Seradschuddin Hakkani
       (US-Kopfgeld 10 Millionen Dollar), dessen Hakkani-Netzwerk für viele
       Selbstmordanschläge und Entführungen verantwortlich ist, Innenminister
       wird.
       
       Dies zeugt wahlweise vom Selbstbewusstsein der Taliban oder von der Macht
       der Hakkanis. Künftig gehört es zu seinen Aufgaben, Selbstmordanschläge des
       die Taliban bekämpfenden lokalen Ablegers der Terrormiliz [3][„Islamischer
       Staat“ (IS-PK)] zu verhindern. Man darf gespannt sein, mit welchen Worten
       Hakkani seine eigene bisherige Strategie verurteilt.
       
       Diese Regierung stellt keine moderaten Kräfte, sondern ist ein
       Horrorkabinett.
       
       8 Sep 2021
       
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 (DIR) Sven Hansen
       
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