# taz.de -- Wirtschaftsinteressen und Politik: Deutsche befürchten Lobby-Einfluss
       
       > Fast zwei Drittel der Bürger:innen glauben, dass Wirtschaftsverbände
       > politische Entscheidungen steuern. Dennoch vertrauen fast 80 Prozent der
       > Bundesregierung.
       
 (IMG) Bild: Wieviel Einfluss haben Wirtschaftsverbände auf die deutsche Politik?
       
       Berlin epd | In Deutschland glauben einer Umfrage zufolge fast zwei Drittel
       der Menschen (61,6 Prozent), dass die Bundesregierung weitgehend durch
       einige große Interessengruppen gesteuert wird. Mehr als jeder dritte
       Befragte (38,5 Prozent) findet zudem, dass die Bundesregierung
       [1][Korruption] schlecht oder sehr schlecht bekämpft. Das sind Ergebnisse
       des am Dienstag in Berlin veröffentlichten „Global Corruption Barometer“
       der Antikorruptionsorganisation Transparency International.
       
       Für die repräsentative Umfrage wurden von Oktober bis Dezember 2020 in den
       27 EU-Mitgliedstaaten 40.600 Bürger befragt, davon 4.801 Personen in
       Deutschland. Die telefonische Umfrage im Auftrag von Transparency führte
       das Marktforschungsunternehmen Kantar durch.
       
       Demnach haben zwar knapp vier von fünf Bürger:innen (79,1 Prozent)
       grundsätzlich Vertrauen in die Bundesregierung. Gleichzeitig halten aber
       ein Drittel (34,3 Prozent) „Korruption innerhalb der Bundesregierung für
       ein Problem“.
       
       Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland, sagte in einer
       Online-Pressekonferenz, die Zahlen verdeutlichten einmal mehr, dass „nach
       diversen Lobbyskandalen wie Cum-Ex oder auch Wirecard“ das Vertrauen vieler
       Menschen in die Unabhängigkeit der Bundesregierung erschüttert sei. Nötig
       seien mehr Transparenz und Kontrollmöglichkeiten. Dabei verwies er darauf,
       dass die Umfrage vor Bekanntwerden der [2][Affären im Zusammenhang mit der
       Beschaffung von Atemschutzmasken] und der möglichen Vorteilsnahme durch
       einzelne Abgeordnete erfolgte.
       
       ## Europaweit wächst das Misstrauen gegen Politik:innen
       
       So müsse das erst im März vom Bundestag verabschiedete Lobbyregister
       nachgebessert werden, sagte Bäumer: „Wir brauchen den legislativen und
       exekutiven Fußabdruck, damit jeder nachvollziehen kann, wer wann wie genau
       an der Entstehung von Gesetzen beteiligt ist.“ Außerdem sollte der nächste
       Bundestag das Amt eines unabhängigen Lobbybeauftragten zur Überprüfung der
       Nebentätigkeiten von Abgeordneten schaffen. Weiter sprach er sich für ein
       Unternehmensstrafrecht, einen besseren Hinweisgeberschutz und eine Reform
       des Informationsfreiheitsgesetzes aus.
       
       Laut Barometer glauben in Deutschland ein Viertel (26,4 Prozent) der
       Bürger:innen, dass die Korruption im Land im vergangenen Jahr zugenommen
       hat. 3,2 Prozent gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten für eine
       öffentliche Dienstleistung Bestechungsgeld gezahlt zu haben. 21,1 Prozent
       haben nach eigenen Angaben für den Erhalt einer öffentlichen Dienstleistung
       persönliche Beziehungen eingesetzt.
       
       Mit Blick auf Europa sagte Bäumer, rund ein Drittel der EU-Bürger:innen
       gehe davon aus, dass Korruption in ihrem Land zunimmt. Im europäischen
       Durchschnitt glaubten erschreckende 62 Prozent der Befragten, dass
       Korruption in ihrer Regierung ein großes Problem darstelle. Am niedrigsten
       liegen die Zahlen in Dänemark (12 Prozent) und Finnland (16 Prozent), am
       höchsten in Bulgarien (90 Prozent) und Kroatien (92 Prozent).
       
       Fast die Hälfte der Befragten gab an, ihre Regierung gehe nicht ausreichend
       gegen Korruption vor. Sieben Prozent erklärten, in den vergangenen zwölf
       Monaten Bestechungsgelder gezahlt zu haben, um Zugang zu öffentlichen
       Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung oder Bildung zu erhalten.
       
       15 Jun 2021
       
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