# taz.de -- Belarus nach der Flugzeugentführung: Lukaschenko im Würgegriff
       
       > Am Freitag trifft der belarussische Präsident erneut seinen Amtskollegen
       > Wladimir Putin. Der will die „Integration“ weiter vorantreiben.
       
 (IMG) Bild: Männerfreundschaft? Alexander Lukaschenko bei einem Treffen mit Wladimir Putin 2017
       
       Kiew taz | Auch wenn die näheren Umstände der Kaperung des Ryanair-Flugzeug
       am Sonntag über Belarus weiter unklar sind, halten [1][die offiziellen
       Erklärungen der Minsker Machthaber] immer weniger Plausibilitätskontrollen
       stand.
       
       Unter Berufung auf staatliche Quellen berichtet die griechische Zeitung
       Proto Thema, Informationen, Griechenland sei von der vermeintlichen
       Bombendrohung informiert worden, seien unwahr. Auch Kiew dementiert die
       Behauptung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko,
       ukrainische Flughäfen seien gebeten worden, den Flieger notlanden zu
       lassen. Ein ähnliches Dementi gab die Pressestelle des Warschauer
       Flughafens heraus.
       
       Die staatlich angeordnete Flugzeugentführung beschleunigt die Hinwendung
       Belarus’ nach Russland und vertieft die Kluft zwischen dem Westen und dem
       „Vorposten des Neuen Eurasiens“, wie Lukaschenko sein Land nennt, weiter.
       So traf Russlands Premier Michail Mischustin am 27. Mai zu einem
       zweitägigen Besuch in Minsk ein.
       
       Lukaschenko wird am Freitag Russlands Präsidenten Putin in Sotschi treffen.
       Bei beiden Treffen scheint eine weitere Annäherung der beiden Staaten hin
       zu einer „Integration“ auf der Tagesordnung zu stehen. Nach Auffassung des
       belarussischen Botschafters in Moskau, Wladimir Semaschko, könnte noch in
       diesem Monat eine Einigung zu entscheidenden Roadmaps zur Integration der
       beiden Länder getroffen werden, berichtet die russische Nachrichtenagentur
       TASS.
       
       ## Verschäfter Ton
       
       Gleichzeitig verschärft sich der Ton gegenüber dem Westen. Nun sei man
       gezwungen, auf unfreundliche Schritte hart zu reagieren, zitiert die
       belarussische Nachrichtenagentur BelaPAN Außenminister Uladsimir Makei.
       Daher denke man über eine Beendigung der Zusammenarbeit mit der EU in
       Fragen des Kampfes gegen illegale Migration, der organisierten Kriminalität
       und der nuklearen Sicherheit nach. Auch eine Kooperation im Rahmen der
       Östlichen Partnerschaft habe keinen Sinn mehr.
       
       Doch in Russland gibt es auch Vorbehalte gegenüber Lukaschenko. Sogar
       putintreue Medien kritisieren den Diktator des Nachbarlandes. So erklärte
       Margarita Simonjan, Chefredakteurin des Russian Television, die
       Bekennervideos von Roman Protassewitsch und seiner Freundin Sofia Sapega
       würden „niemandem zur Ehre gereichen“.
       
       Und der Politologe Alexej Tschesnakow, ein gern gesehener Gast in den
       Talkshows des russischen Staatsfernsehens, schlussfolgert messerscharf,
       dass sich Lukaschenkos Probleme wegen der Ryanair-Maschine auch auf
       Russland auswirken könnten.
       
       Unterdessen hat der rechtsradikale Gründer des Freiwilligenbataillons
       „Asow“, Andrei Biletzki, zu Berichten Stellung genommen, denen zufolge
       [2][Roman Protassewitsch] im Donbass gekämpft haben soll.
       
       ## Worte statt Waffen
       
       „Roman hat tatsächlich mit ‚Asow‘ und anderen militärischen Verbünden gegen
       die Okkupation der Ukraine gekämpft. Er war mit uns in der Nähe von
       Shirokin, wo er verwundet wurde. Aber seine Waffe als Journalist war nicht
       das Maschinengewehr, sondern das Wort.“ so Bileztki auf seinem Blog, den er
       auf dem Newsportal der Ukrajinska Prawda führt. Der Vater von
       Protassewitsch wird vom belarussischen Portal euroradio.fm mit den Worten
       zitiert, Protassewitsch sei als Journalist im Donbass gewesen.
       
       Am Mittwoch berichteten belarussische Medien vom Selbstmord des 18-jährigen
       Dmitri Stachowski. Gegen Stachowski, der 2020 gegen die Wahlfälschungen
       demonstriert hatte, war wegen „Beteiligung an Massenunruhen“ ermittelt
       worden. In einem Abschiedsbrief hatte Stachowski seine Entscheidung mit
       diesen Ermittlungen begründet.
       
       Ein Schwerpunkt der Repressionen war am Donnerstag die belarussische
       Kleinstadt Schabinka. Dort fanden zahlreiche Hausdurchsuchungen bei
       vermeintlichen Regimegegnern statt, berichteten Menschenrechtler. Fünf
       Personen wurden festgenommen.
       
       27 May 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Bernhard Clasen
       
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