# taz.de -- Politische Interventionen bei der EM: Zeichen der Macht
       
       > EM-Gastgeber Russland und Aserbaidschan versuchen, unliebsame
       > Journalisten und Politiker von den Stadien fernzuhalten. Die Uefa spielt
       > mit.
       
 (IMG) Bild: Uefa-Sicherheitscheck für Journalisten in München
       
       Die Fußball-EM hat harte Türsteher. Mal ist es die Europäische Fußballunion
       Uefa, die im Auftrag von Gastgeberländern Journalisten die Tür weist. Mal
       sind es die Sicherheitsbehörden vor Ort, die Menschen den Zugang zu Stadien
       verwehren. Der Umgang mit Zugangsberechtigungen zu den großen Sportevents
       ist zu einem Instrument politischer Herrschaft geworden.
       
       Dabei geht es den handelnden Akteuren in den betreffenden Staaten nicht
       allein um die Verhinderung kritischer Berichterstattung, es geht auch
       darum, Zeichen der Macht auszusenden. Die Uefa lässt sich dabei
       instrumentalisieren. Das hat sich bei der Verweigerung der Akkreditierung
       für einen deutschen Journalisten ebenso gezeigt wie beim Bann über einen
       russischen TV-Reporter. Nun steht der Verdacht im Raum, dass auch Fans aus
       politischen Gründen der Zugang zum Stadion verwehrt worden ist.
       
       Robert Kempe hat inzwischen eine Akkreditierung und darf auch am russischen
       EM-Standort Sankt Petersburg seiner Arbeit nachgehen. Der ARD-Journalist
       hatte im üblichen Verfahren eine Akkreditierung für die EM bei der Uefa
       beantragt. Die ist ihm auch gewährt worden. Auf Intervention der russischen
       Behörden wurde Kempe die Arbeitsberechtigung für das Turnier dann wieder
       entzogen. Nach Protesten seines Senders WDR und großem öffentlichem Druck
       wurde der Russlandbann für Kempe wieder aufgehoben. Kempes
       Berichterstattung in der Vergangenheit widmete sich unter anderem auch der
       Macht des staatlichen Energiekonzerns Gazprom im europäischen Fußball. Der
       EM-Ort Sankt Petersburg ist die Heimat des Konzerns, der einer der
       wichtigsten Sponsoren der Uefa ist.
       
       Dass russische Behörden überhaupt die Akkreditierungsanfragen von
       Journalisten überprüfen dürfen, ist im Verfahren für die Anmeldung zum
       Großturnier so festgelegt. Mit dem Antrag auf Zulassung zur
       Berichterstattung stimmen die Journalisten zu, dass ihre Daten einer
       polizeilichen oder geheimdienstlichen Tiefenüberprüfung unterzogen werden.
       Bei einer solchen Überprüfung durch die Behörden des EM-Gastgeberlandes
       Aserbaidschan ist ein russischer TV-Reporter des Senders Match TV auffällig
       geworden. Dem äußerst populären Nobel Arustamjan, [1][dessen
       Instagram-Account] mehr als 100.000 Menschen folgen, wurde die
       Akkreditierung verweigert.
       
       ## Akkreditierung wird zum Politikum
       
       Im Fall des armenischstämmigen Reporters waren es die Behörden
       Aserbaidschans, die für die Verweigerung der Akkreditierung verantwortlich
       sind. Arustamjan soll sich der illegalen Einreise in die zwischen Armenien
       und Aserbaidschan umkämpfte Region Bergkarabach schuldig gemacht haben.
       Dort wohnen mehrheitlich Armenier, die das Gebiet, das völkerrechtlich zu
       Aserbaidschan gehört, mithilfe Armeniens autonom zu beherrschen versuchen.
       Ein Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um Teile dieses Gebiets hat
       zu Jahresbeginn 6.000 Menschen das Leben gekostet. Dieser Krieg hat nun die
       EM erreicht. Während Russland Kempe seine Akkreditierung stillschweigend
       zugestanden hat, wurde der Fall Arustamjan zum Politikum gemacht.
       
       Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, die sich
       schon in der Auseinandersetzung um das ukrainische Nationaltrikot lautstark
       geäußert hatte, machte öffentlich auf den Fall aufmerksam. Der Druck, den
       sie aufgebaut hat, führte letztlich dazu, dass Arustamjan nun eine
       Akkreditierung hat und aus dem Stadion von Sankt Petersburg berichten kann.
       In den EM-Ort Baku habe er sowieso nicht reisen wollen, tat er auf
       Instagram kund. „Ich bin dort nicht willkommen, so wie alle Armenier dort
       schon lange nicht mehr willkommen sind. Ich komme aus Baku, meine Eltern
       sind dort geboren, mein Großvater ist dort begraben, meine ganze Familie
       stammt von dort. Ende der 80er Jahre mussten wir alle gehen“, heißt es da.
       
       Während sich der russische Staat für die Zulassung des Reporters öffentlich
       stark gemacht hat, warten russische Medien bislang vergeblich auf eine
       Stellungnahme der Behörden zum Fall des Moskauer Lokalpolitikers Maxim
       Gongalski von der Oppositionspartei Jabloko. Der hatte sich eine Karte für
       das Spiel der Russen gegen Belgien in Sankt Petersburg besorgt und sich mit
       einer Fan-ID auf den Weg ins Stadion gemacht. Doch der Sicherheitsdienst
       habe ihn nicht ins Stadion gelassen. [2][Via Twitter] berichtet er darüber
       und vermutet, dass die Ablehnung etwas mit seiner Teilnahme an Aktionen zur
       Unterstützung des Oppositionellen Alexei Nawalny zu tun hat. Seine
       Schlussfolgerung: „Wenn du nicht für Putin bist, darfst du auch die
       Nationalelf nicht anfeuern.“
       
       16 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/nobel_arustamyan/?hl=de
 (DIR) [2] https://twitter.com/MaximGongalsky/status/1403819404606033922
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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