# taz.de -- Nachruf auf Housepionier Rodney Bakerr: Soul in der Maschine
       
       > Der Chicago-House-Pionier Rodney Bakerr ist gestorben. Er gründete mit
       > „Rockin' House“ eines der ersten Labels und förderte junge Talente.
       
 (IMG) Bild: Fast wie einst im Warehouse: Elektronikpionier Rodney Bakerr
       
       Rodney Bakerr war eine Legende. Das klingt etwas arbiträr. Aber es stimmt,
       deswegen kommt der Satz noch mal mit Nachdruck: Rodney Bakerr war eine
       Legende! Er lebte in Chicago, wo er bis zuletzt als Berufsschullehrer
       arbeitete und Platten von jungen Leuten veröffentlichte. Anders als die
       schäbigen Figuren, die damit in der Stadt reich wurden, hat Bakerr immer
       Tantiemen gezahlt und ordentlich abgerechnet. Auf seiner Facebook-Seite
       haben Bakerrs Schüler:Innen wie Tyree Cooper, die selbst berühmter
       wurden als Bakerr, berührende Erinnerungen an ihren Lehrer hinterlassen.
       
       1986 startete Bakerr das kleine Label Rockin’ House. So benannt nach dem
       Club an der Chicagoer Michigan Avenue, in dem [1][House- Musik] zum ersten
       Mal von DJs aufgelegt wurde: [2][Warehouse]. Dortin kamen Tapes und erste
       Maxisingles der futuristischen elektronischen Tanzmusik, die aus der
       afroamerikanisch geprägten Southside der Stadt an die Oberfläche
       schwappten.
       
       Nur mit Sequenzern und Drumcomputern der japanischen Firma Roland entstand
       ein minimalistischer, roher, aber unglaublich funkiger Tanzsound. Und
       Bakerr, der bereits in den 1970ern eine Weile als Handelsvertreter für
       Roland fungierte und später auch Beats für Roland programmierte, war ein
       Tüftler vor dem Herrn. Er benutzte die Geräte auch gegen ihre
       Bedienungsanleitung, machte aus Basssequenzen blechern zirpende Melodien
       und schuf geröllartige Beatkaskaden, die jenseits von allem klangen.
       
       ## Jamsession in Westberlin
       
       „Ich musste mich mit den Dingern intensiv auseinandersetzen, um zu
       verstehen, wie Soul in die Maschinen gelangt.“ Der Berliner
       Avantgarde-Musiker [3][Frieder Butzmann] erwähnt eine Jamsession mit Bakerr
       in seinem Lexikon „Musik im Großen und Ganzen“. Dieser war 1979 für einen
       Workshop mit der Computergitarre „The Chapman Stick“ nach Westberlin
       gereist und traf Butzmann auf Vermittlung des Berliner Plattenhändlers
       Burkhard Seiler. Nächtelang hätten sie zusammen „den Groove gesucht“.
       
       Als Hohepriester des Groove und noblen Künstler beschreibt Butzmann denn
       auch Rodney Bakerr. Wer sich dessen [4][House-Tracks] wie „Pump the Bass“,
       „Flashback“ und „Space Invaders“ anhört, kapiert sofort, dass Bakerr der
       Maxime „House is a Feeling“ zu einem frühen Zeitpunkt entsprochen hat.
       
       Seine Musik bringt Wände zum Sprechen und Betonklötze zum Weinen. „Bakerr
       war mit der Geduld eines Lehrers gesegnet, mit der Weisheit eines
       Ethnographen und der Experimentierfreude eines Wissenschaftlers“,
       formuliert sein Biograf Terry Matthew. Sein Schüler Tyree Cooper sagt: „Er
       wusste, dass junge schwarze Männer zu mehr imstande sind als dem, wie sie
       in den Medien stereotyp dargestellt werden.“
       
       6 Jun 2021
       
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