# taz.de -- Schauspieler Elyas M’Barek: Fack ju Antisemitismus
       
       > Schauspieler Elyas M’Barek wird angefeindet, weil er sich im Netz gegen
       > Judenhass ausspricht. Was den Fall so alarmierend macht.
       
 (IMG) Bild: Hat wegen einer Selbstverständlichkeit Hass auf sich gezogen: Schauspieler Elyas M'Barek
       
       Solidarität ist mittlerweile ein so aufgeblasenes Wort geworden, dass es
       seine eigentliche Bedeutung schon lange verloren hat. Solidarität ist
       bequem geworden: Sie wird von vielen leichtfertig bekundet, ehrliche
       Anteilnahme und Unterstützung verbirgt sich dahinter selten.
       
       Für Jüdinnen und Juden in Deutschland fehlt es oft an Solidarität. Wohl
       weniger deshalb, weil das Kontingent an Solidarität bereits aufgebraucht
       ist, sondern, weil viele Teile der Gesellschaft mit jüdischen Menschen,
       wenn sie mal ganz tief in sich hineinhorchen, nicht solidarisch sein
       wollen. Oder, noch ekelhafter, nur deshalb solidarisch sind, um Rassismus
       zu befeuern. Raum für ehrliche Solidarität bleibt da kaum.
       
       Ganz aktuell zeigt sich das [1][an dem antisemitischen Klima], das seit der
       Eskalation im Nahen Osten in ganz Deutschland herrscht.
       
       Anfang der Woche schrieb der Schauspieler Elyas M’Barek („Fack ju Göthe“)
       zwei Worte auf Twitter, Facebook und Instagram, die in diesem Land
       eigentlich selbstverständlich sein sollten: [2][„Stoppt Antisemitismus!“].
       M’Bareks Post entstand nach einem Wochenende, an dem zahlreiche
       propalästinensische und antisemitische Demonstrationen in Deutschland
       stattgefunden hatten.
       
       Er veröffentlichte seinen Aufruf in einer Zeit, die der
       Antisemitismusbeauftragte der Stadt Berlin, Samuel Salzborn, [3][in den
       „Tagesthemen“] als ein „ganz aggressives antisemitisches Klima in der
       Bundesrepublik“ beschrieb. Und nach einer Woche, in der die Zahl
       antisemitischer Beschimpfungen, Attacken und Übergriffe auf Jüdinnen und
       Juden, auf der Straße wie online, vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts
       rasant zugenommen hatten.
       
       ## Verrat an den „Geschwistern“
       
       M’Bareks selbstverständliche Worte waren, wenn man es etwas pathetisch
       sagen will, ein Akt der Solidarität mit Jüdinnen und Juden. In seinem Fall
       war diese Bekundung nicht bequem. Denn seit Tagen wird er nun dafür [4][mit
       Hassnachrichten überschüttet]. Knapp 18.000 Menschen haben allein auf
       Instagram kommentiert, der Großteil davon hasserfüllt und aggressiv.
       
       Es sind vor allem muslimische Follower, die M’Barek Verrat an der eigenen
       Community vorwerfen, an den eigenen „Geschwistern“. M’Bareks Vater ist
       Tunesier. „Einfach nur enttäuschend, hätte von einem mit deinem Backround
       etwas mehr Unterstützung erwartet“, heißt es beispielsweise. Zahlreiche
       Follower kündigen an, M’Barek in den sozialen Medien zu entfolgen.
       
       Auch bekannte Persönlichkeiten kritisierten den Schauspieler. Rapper und
       Schauspieler Massiv, bekannt durch die Serie „4Blocks“, schrieb: „Du warst
       dir zu schade, was Schönes für deine Geschwister zu schreiben? Damit kannst
       du nicht punkten bei deiner scheinheiligen ‚bayrische Filmpreis‘-Welt? Es
       macht mich traurig, dass du genau jetzt dich dafür entscheidest, lieber
       diese Karte zu spielen, anstatt an unserer Seite auf die unterdrückten
       Menschen hinzuweisen? Du hast recht, stoppt den Antisemitismus, aber ich
       betone: Stoppt auch die minimale Wasserzufuhr in den Gaza zu versalzen.
       Stoppt die gezielte Täuschung, uns alle als radikal darzustellen, stoppt
       das Töten unserer Kinder“.
       
       Auffallend ist, dass M’Barek in vielen Kommentaren als Zionist beleidigt
       wird („Du bist Zionist, sehr gut integriert“, „Stoppt Zionismus“), außerdem
       wird ihm vorgeworfen sich instrumentalisieren zu lassen, er sei nur eine
       „Marionette“. In anderen Kommentaren wird Israel dämonisiert und als
       Unrechtsstaat dargestellt und die Befreiung der Palästinenser gefordert.
       
       ## Gewertet als Provokation
       
       Es ist schon bezeichnend: An keiner Stelle hat M’Barek mit seiner
       Aufforderung, Antisemitismus zu stoppen, eine Verbindung zum Nahostkonflikt
       hergestellt oder sich gar mit Israel solidarisiert. Und dennoch fühlen sich
       Tausende Menschen dadurch provoziert und aufgefordert, [5][ihren eigenen
       Israelhass] und Antisemitismus kundzutun. In den Augen dieser
       Kommentator:innen kann M’Barek deshalb auch nur ein Verräter, ein
       Deutscher, ja, ein Assimilierter sein. Für diese Antisemiten ist ihr
       Judenhass so sehr Teil ihrer Identität, dass derjenige, der sich gegen
       Antisemitismus positioniert, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird.
       
       M’Barek stellte selbst noch mal klar: „In keinem Moment habe ich mit meinem
       letzten Post auf den Konflikt im Nahen Osten angespielt. Es ging mir
       ausschließlich um die Situation in Deutschland. Wo ich in den letzten Tagen
       offenen Antisemitismus gesehen habe.“ Ganz alleine steht M’Barek zum Glück
       nicht da. Rapper Moses Pelham und andere Prominente zeigten sich
       unterstützend. Doch sie bleiben die Minderheit.
       
       Antisemitismus, in welcher Form er auch auftritt und von wem er auch
       ausgeht, ist immer ein Gewaltakt, ist Terror. Wer sich dagegen stellt, dass
       Jüdinnen und Juden bedroht und attackiert werden, dass sie wie derzeit mal
       wieder für Handlungen im Nahen Osten zur Verantwortung gezogen werden und
       unter dem Deckmantel der Israelkritik Antisemitismus erfahren müssen,
       sollte das tun können, ohne selbst zur Zielschiebe von Hass zu werden.
       
       ## Ohne Kraftaufwand
       
       Gegen Antisemitismus zu sein sollte in diesem Land keine Überwindung kosten
       müssen. Es sollte keine Kraft kosten, Selbstverständlichkeiten
       auszusprechen.
       
       Leider tut es das. Und das ist alarmierend. Das dramatische an M’Bareks
       Fall ist auch: Wer sich als Nächstes öffentlich gegen Judenhass stellen
       will, wird es sich vielleicht nochmal anders überlegen. Aus Angst.
       
       19 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Pro-Palaestina-Demos-weltweit/!5772473
 (DIR) [2] https://twitter.com/Elyas_MBarek/status/1394391231053058050?s=20
 (DIR) [3] https://twitter.com/tagesthemen/status/1394388164819759109?s=20
 (DIR) [4] https://twitter.com/ahmad_omeirate/status/1394413769506369536?s=20
 (DIR) [5] /Antisemitische-Proteste-in-Deutschland/!5767861
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erica Zingher
       
       ## TAGS
       
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