# taz.de -- Angriff auf Ex-Muslim Amed Sherwan: Antisemitische Attacke auf Demo
       
       > In Flensburg wurde der säkulare Aktivist, Autor und Ex-Muslim Amed
       > Sherwan auf einer Demonstration des Palästinensischen Vereins
       > angegriffen.
       
 (IMG) Bild: War mal Muslim und ist heute Atheist: Amed Sherwan
       
       Hamburg taz | Der Blogger, Autor und säkulare Aktivist [1][Amed Sherwan]
       ist in Flensburg bei palästinensischen Protesten gegen die Gewalteskalation
       im Nahen Osten angegriffen und beleidigt worden. Zuvor hatte der 22-Jährige
       bei einer von ihm selbst angemeldeten Gegendemonstration seine Solidarität
       mit Israel kundgetan und die antisemitischen Angriffe auf Synagogen in
       Deutschland verurteilt.
       
       Der Palästinensische Verein Flensburg (PVFL) hatte am Samstag zu einer
       Demonstration gegen die israelischen Angriffe auf den Gaza-Streifen und für
       einen palästinensischen Staat aufgerufen, zu der laut Polizeiangaben etwa
       100 Personen auf den Willy-Brandt-Platz in der Flensburger Innenstadt
       kamen.
       
       Auf der Kundgebung [2][rief ein Redner] zunächst zu besonnenem Protest auf
       und dazu, antisemitische Parolen zu meiden. Als der Angreifer Sherwan, der
       eine Israelflagge trug, von hinten zu Boden riss und ihn einen „scheiß
       Juden“ schimpfte, fixierte die Polizei zunächst beide Männer. Wenige
       Sekunden später wurde den Polizisten klar, dass von Sherwan keine Gewalt
       ausging, und sie ließen ihn gehen. Der Angreifer wurde abgeführt. Gegen ihn
       ermittelt nun die Polizei.
       
       Sherwan, der zuvor auf der Gegendemonstration mit etwa 20 Menschen über
       seine Erfahrungen mit dem PVFL gesprochen hatte, berichtet auch von anderen
       Begegnungen mit dem Verein: Mitglieder des PVFL hätten ihn bereits 2019 auf
       einer Demonstration bedrängt und angegriffen, sagt er.
       
       [3][In einem Video] sieht man Sherwan am Palästinensischen Tag des Bodens
       ein Schild tragen, auf dem sich zwei Männer küssen. Darunter steht die
       Aufschrift „Make Love not War“. Die Demonstranten halten Sherwan fest,
       reißen an seinen Kleidern und reden auf ihn ein. Der sichtlich überforderte
       Sherwan versucht sich aus dieser Lage zu befreien. Die Polizei greift ein
       und löst die Situation auf.
       
       „Ich kenne den islamistischen Antisemitismus sehr gut“, sagt Sherwan. Er
       habe als gläubiger Muslim selbst mit antisemitischen Ressentiments zu tun
       gehabt und sie auch geglaubt. Doch seit seiner Ankunft in Deutschland, dem
       Austausch mit jüdischen Mitmenschen und Gemeinden und der
       Auseinandersetzung mit dem Holocaust habe er seinen Blick auf
       Antisemitismus schärfen können, sagt er. „Die Feindbilder, mit denen ich
       aufgewachsen bin, werden ganz bewusst von Muslimbrüdern auf der Welt
       verbreitet“, kritisiert er. Die Hamas sei keine Widerstandsbewegung,
       sondern eine Terrororganisation.
       
       Amed Sherwan kam [4][2014 als geflüchteter Atheist aus Erbil nach
       Flensburg]. Mit 15 Jahren wurde der Kurde von seinem Vater wegen seines
       Unglaubens bei der Polizei angezeigt, woraufhin er zwei Wochen im
       Foltergefängnis in Erbil verbrachte. Im selben Alter hatte Sherwan mit
       einem Experiment herausgefunden, dass Allah – anders als gepredigt –
       niemanden bestraft, der den Koran anzündet und er fiel vom Glauben ab. Seit
       seiner Ankunft in Deutschland engagiert sich Sherwan bei der säkularen
       Flüchtlingshilfe. Vergangenen November erschien sein Buch „Allah sei Dank
       bin ich Atheist“ im Nautilus-Verlag.
       
       Heute, sagt Sherwan, mache ihm der Palästinensische Verein in Flensburg das
       Leben zur Hölle. Er traue sich seit dem jüngsten Angriff kaum noch aus dem
       Haus, aus Angst davor, dass er erkannt werde, sagt er.
       
       Der PVFL findet zwar deutliche Worte: „Der Palästinensische Verein
       Flensburg e. V. (PVFL) verurteilt antisemitisches Verhalten und Parolen in
       allen möglichen Formaten“, sagt der Vereinssprecher Abed al Rahma Ghazal.
       Die Person, die Sherwan angriff, sei dem Verein aber nicht bekannt.
       
       ## Was sagt die Oberbürgermeisterin?
       
       Ghazal verweist darauf, dass es sich um eine öffentliche Demonstration
       gehandelt habe, zu der jede*r kommen durfte. In der Stellungnahme
       bezeichnet Ghazal, der 2019 nach Deutschland gekommen ist, Sherwan dennoch
       als einen „Provokateur“. Fragen der taz, etwa wie der Verein gegen
       Antisemitismus in den eigenen Reihen vorgeht, lässt der PVFL unbeantwortet.
       
       In seinem Video zu dem Zwischenfall am vergangenen Samstag macht Amed
       Sherwan auch der Stadt Flensburg den Vorwurf, dass sich Oberbürgermeisterin
       Simone Lange (SPD) bisher noch nicht zu dem Vorfall positioniert habe.
       
       Der taz teilt Lange auf Anfrage mit: „Antisemitismus hat in Flensburg
       keinen Platz und ich lehne ihn entschieden ab.“ Sie stehe sowohl mit den
       jüdischen als auch mit muslimischen Gemeinden in engem und vertrauensvollem
       Kontakt. „In unserer Stadt leben die Menschen der verschiedenen Religionen
       tolerant und rücksichtsvoll zusammen“, behauptet Lange.
       
       21 May 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Yasemin Fusco
       
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       Selbstkritik.